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Die WahrheitAlles über Krähenkot

Tagebuch einer Kinobesucherin: Wenn nichts mehr hilft, hilft auch ein Besuch im Lichtspielhaus nicht weiter. Besser, man sucht gute Freunde auf …

W as macht man, wenn man auf Kinotour ist, am Ende der Vorführungen Fragen beantworten soll und die Zeit, während der die eigenen Werke laufen, rumkriegen muss? Man schaut im Nebensaal parallel einen Film.

Zur Wahl stehen „Die unlangweiligste Schule der Welt“ mit dem oberdämlichsten Titel der Welt, ein dreistündiges Ridley-Scott-Opus über Napoleon und die Dokumentation „Krähen – Die Natur beobachtet uns“. Aus dem Schulalter bin ich Gott sei Dank raus, und die meisten Kinderfilme führen bei mir dazu, dass ich plötzlich – Gott bewahre! – anfange, Kinder zu hassen. Nach napoleonischem Schlachtengemetzel steht mir nicht der Sinn, bleiben die Krähen. Tiere gehen ja immer, wenigstens muss man sich keine doofen Dialoge anhören.

Es beginnt blutig. Ein trapperähnlicher Wissenschaftler in unwirtlicher Schneewildnis – ist das Kanada? – schießt ein Reh und erklärt, Krähen suchten die Nähe der Menschen, um sich über die bei unserer Nahrungsbeschaffung abfallenden Kadaver herzumachen. Unvermittelt führt das Geschehen in den verlassenen Wiener Prater zu einem Büffet aus Pommes- und Wurstresten, man sieht auch Animationen mit Vogelschwärmen und reale Ausfallstraßen-Landschaften, die unter der Rubrik „Öde Orte“ zusammengefasst werden können. Krähen hüpfen und fliegen herum, fleddern Müll und tun, begleitet von mäßig interessantem Kommentar, was Krähen so tun. Für Stadtbewohner wie mich noch keine neuen Erkenntnisse.

Kollektive Scheißanstrengung

Geduldig warte ich weiter auf die Beantwortung einer einzigen Frage, warum nämlich die Berliner Krähen sich neulich unter allen Autos, die meine Straße zu bieten hat, meines aussuchten, um es in einer kollektiven Anstrengung im Laufe einer Woche dermaßen zuzuscheißen, dass ich zum Öffnen der Tür Arbeitshandschuhe brauchte und fünf Kärcher-Gänge nötig waren, um überhaupt in die Waschstraße fahren zu können. Hatten die sich zu einem Shit-in verabredet? Mochten sie die Farbe nicht? Was ist gegen Taubenblau einzuwenden? Handelte es sich um eine territoriale Warnung an die gurrenden Konkurrenten?

Ich suchte Rat bei Freunden, aus denen es sogleich herausbrach: Wir haben eine Taubenkotskulptur im Balkonkasten! Mir wurde ein stalakmitenartiges Werk präsentiert, das entfernt an die von Kerzenwachs übertropften Chianti-Flaschen meiner Jugend erinnerte und nun, ins Stadium der Verhärtung eingetreten, als Anflugort für gesellige Taubenkaffeekränzchen diente.

Wir diskutierten, ob man mit einer hauseigenen Vogeldüngerproduktion auf lange Sicht Gewinne einfahren könne, denkbar schien auch eine Kombination aus Imkerei und Düngemittel, Stadthonig und Guano. Direkt vom Erzeuger!

Am Ende entschieden wir uns gegen den Profit und für die Skulpturzerstörung. Auf dem Heimweg legte sich eine Krähe mit einem Fuchs an, ich hoffe, der Fuchs hat gewonnen.

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Pia Frankenberg
Lebt und arbeitet als Filmregisseurin, Drehbuch- und Romanautorin in Berlin. Schreibt in ihren Kolumnen über alles, was sie anregt, aufregt oder amüsiert
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