Die SPD, Gesine Schwan und Ralf Stegner: Ein selbstloser Akt
Mit Gesine Schwan und Ralf Stegner kandidieren nun zwei Außenseiter für den SPD-Vorsitz. Beide wollen die Partei tendenziell nach links führen.
E in riesiger Tanzsaal, die Kapelle spielt. Aber auf der Tanzfläche drehen sich nur drei tapfere Paare. Und Hunderte Gäste schauen ihnen dabei zu, kichern über jeden Patzer, blicken verschämt zu Boden oder schielen zur Tür, ob nicht vielleicht noch ein glamouröses Paar auftaucht.
Das etwa ist das Bild, welches die SPD derzeit bei der Suche nach ihren neuen Parteivorsitzenden abgibt. Nun reiht sich also ein weiteres Paar ins öffentliche Vortanzen ein: Gesine Schwan und Ralf Stegner. Sie, Grande Dame der SPD, ist die bisher prominenteste Bewerberin, er ist immerhin der Erste aus der derzeitigen Parteiführung, der sich traut, zu kandidieren.
Der Beifall hält sich gleichwohl in Grenzen. Beide sind AußenseiterInnen in ihrer Partei, ihre Chancen, am Ende zum Spitzenpaar gekürt zu werden, sind eher gering. Gerade Stegners Kandidatur provoziert einige zu witzig gemeinten Kommentaren.
Aber billiger Spott ist unangebracht. Ja, Ralf Stegner hat die SPD als Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein in neue Tiefen geführt, er schafft es, notorisch schlecht gelaunt zu wirken. Obwohl er eigentlich ganz umgänglich ist und klug dazu. Aber da geht es ihm ähnlich wie seiner Partei, die ebenfalls Schwierigkeiten damit hat, zu kommunizieren, was sie Gutes für die Menschen tut oder vorhat zu tun.
Die SPD neigt dazu, solche und andere Probleme als Personalprobleme zu behandeln. Es läuft nicht? Putsch. Auf diese Weise hat die Partei seit der Jahrtausendwende acht Vorsitzende verschlissen, die kommissarischen nicht eingerechnet. Die CDU kam im selben Zeitraum auf drei. Es ist erbärmlich, dass niemand von jenen, die in den Führungsetagen des Willy-Brandt-Hauses große Reden schwingen oder im Stillen zündeln, jetzt den Mumm hat, die SPD auch führen zu wollen.
Dass sich Stegner und Schwan gemeinsam zur Kandidatur entschlossen haben, kann man als Akt der Aufopferung ihrer Partei gegenüber sehen. Wenn man dem Spiegel glaubt, dann tun sie es wider besseres Wissen: Sie sind sich demnach einig, dass sie sich politisch zu sehr ähneln und nicht jugendlich genug wirken. Beide wollen sie die SPD tendenziell nach links führen und auch gern in ein Bündnis mit Grünen und Linkspartei. Beide stehen für Umverteilung und für eine Besinnung der Partei auf ihre Grundwerte.
Gesine Schwan hat der taz zu Jahresbeginn gesagt: Vielleicht werde man einmal sagen, dass die sozialdemokratische Führung nicht mutig genug gewesen sei. Eines kann man Schwan und Stegner jedenfalls nicht vorwerfen: dass sie feige sind.
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