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Die Linke und ihre WählerschaftFrüher East Side, jetzt West Side Story

Seit der „Flüchtlingskrise“ ist die Linke im Osten keine Volkspartei mehr, zwei Drittel der Bundestagsfraktion kommt aus dem Westen.

Michel Brandt, seit 2017 im Bundestag, hat keinen Führerschein, ging gegen Castortransporte auf die Straße. Sein Wahlkreis ist Karlsruhe Foto: Miriam Stanke

Karlsruhe/Pirna/Dippoldiswalde taz | Nimmt ein älterer Herr in der Sprechstunde des Bundestagsabgeordneten André Hahn von der Linkspartei im Wahlkreisbüro in Pirna Platz, einen akkurat gefalteten Zeitungsartikel mit beiden Händen umklammernd, und legt in reinstem Sächsisch los. Ihn täte da mal interessieren, was die Linke zur Flüchtlingspolitik sagt.

Genauso stellt man sich das vor in Sachsen, wo die AfD bei der Bundestagswahl stärkste Partei wurde und die Linke einbrach.

„Wenn jemand bei uns an der Haustür klingelt und um Hilfe bittet“, sagt der Mann, „aber ich merke, dass der lügt, dann sag ich: Nee. Geht nicht.“ Und: „Die Linke stellt sich nu aber vor solche Leute und sagt: Zwangsabschiebungen machen wir nicht.“

Er schaut Hahn fragend an. Hahn kaut an einem Hackepeterbrötchen.

Die neuen Bundesländer, sie waren immer eine Hochburg der Linkspartei, noch 2009 stimmten dort knapp 30 Prozent der WählerInnen für sie. Mittlerweile hat sich der Anteil der LinkenwählerInnen fast halbiert.

Den PDS-Nachfolgern, einst unangefochten zweitstärkste Kraft hinter der CDU, droht im Osten das Schicksal der SPD – eine Existenz als Zehnprozentpartei. Nur ohne Regierungsoption.

Die Genossen wissen, dass die Verluste der Linken im Osten mit der liberalen Haltung der Partei zu Flüchtlingen zusammenhängen. „Zwar gestanden viele Personen ein, die Linke gut zu finden, aber auf Grund der ‚Flüchtlingspolitik‘ ihr Kreuz bei der AfD zu machen“, heißt es in einer parteiinternen Wahlauswertung. Bundesweit wechselten 420.000 WählerInnen von der Linken zur AfD. Zu keiner anderen Partei wanderten so viele LinkenwählerInnen ab. Im Wahlkampf, berichtet ein Genosse aus Sachsen, musste er sich anhören, die Linke mache ja nur noch Politik für Schwule und Ausländer.

Bundesweit kam die Linkspartei trotzdem auf 9,2 Prozent. Zugewinne im Westen kompensierten die Verluste im Osten. Von der SPD kamen 700.000 WählerInnen, 330.000 von den Grünen, 590.000 waren ehemalige NichtwählerInnen. Die Wählerschaft der Linken hat sich verändert. Sie ist jünger, gebildeter und westlicher als früher. Bestand die Bundestagsfraktion bisher zur Hälfte aus Abgeordneten aus dem Osten und dem Westen, kommen nun zwei Drittel aus den alten Bundesländern. Die Ostländer planen, sich zur Landesgruppe Ost zusammenzuschließen, um ihre Interessen besser koordinieren zu können.

Eine Runde Wodka

Die einstige ostdeutsche Regionalpartei verändert sich im elften Jahr ihrer Gründung gerade gewaltig. In welche Richtung, ist noch nicht ausgemacht. Ähnlich einer Halbwüchsigen, die halb frohlockend, halb unbehaglich in die Pubertät eintritt.

Ich habe selbst Abschiebungen blockiert. Die Leute wissen, wofür ich stehe

Michel Brandt, West-Linker

Das neue Gesicht der Linken ist jung. Und unprätentiös. Einen Führerschein besitzt Michel Brandt nicht. Er trägt am liebsten Kapuzenpulli und Turnschuhe. Brandt, Platz 6 der baden-württembergischen Landesliste, hat vor zehn Jahren das Abitur abgebrochen, um über eine Begabtenprüfung seinen Traumberuf zu studieren: Schauspieler. Gerade noch hat er am Badischen Staatstheater den Werther gegeben, jetzt lässt er den Beruf ruhen.

Den Wahlabend verbrachte Brandt mit 170 Linken-Anhängern in einer alternativen Bar in Karlsruhe, wo er gebannt die Hochrechnungen verfolgte. Erst um fünf Uhr morgens war klar: Die Linke in Baden-Württemberg entsendet sechs Abgeordnete in den Bundestag. Brandt war drin. Er bestellte eine Runde Wodka. Dann legte er sich eine Stunde hin, packte seine Sachen und nahm den Zug nach Berlin. Zu seiner ersten Fraktionssitzung.

In seinem Wahlkreisbüro in Karlsruhe lächelt Brandt immer noch, wenn er daran denkt, was sie da gewuppt haben: Die absolute Zahl der Zweitstimmen hat sich gegenüber der letzten Bundestagswahl fast verdoppelt. Wie das ging? Mit einem Verband, der sich im Wahlkampf anschickte, die Linke in Karlsruhe omnipräsent zu machen: Sie standen vormittags vor dem Arbeitsamt, nach Feierabend vor Netto und Alnatura, und gingen nachts zu den Menschen in die Kneipen. Und präsentieren eine klare Haltung in der Flüchtlingspolitik: „Ich habe selbst unterm Bus gelegen und Abschiebungen blockiert. Die Leute wissen, wofür ich stehe“, sagt Brandt.

Bockwurst-Esser und Bionade-Trinker

In Pirna, 600 Kilometer von Karlsruhe entfernt, muss André Hahn seine Haltung in der Flüchtlingspolitik verteidigen. Hahn schluckt das Hackepeterbrötchen herunter und hebt an, sie dem Besucher mit der gefalteten Zeitung zu erläutern. Die Flüchtlinge seien ja nun mal da, und überhaupt: „Mir ist das zu einfach, zu sagen: Raus, raus, raus.“ Seit 1990 habe Sachsen 800.000 Einwohner verloren, „und da sollen wir nicht in der Lage sein, 80.000 Flüchtlinge aufzunehmen?“ Sachsen habe einen Ausländeranteil von knapp 3 Prozent. „Mir fällt es wirklich schwer, zu verstehen, woher eigentlich die Angst vor Überfremdung kommt.“

Hahn kann man sich gut in einem Klassenzimmer vorstellen. In den späten achtziger Jahren studierte er Lehramt für Deutsch und Geschichte an der Berliner Humboldt-Universität, trat damals auch in die SED ein, die später zur PDS wurde. Seit 2013 ist er Bundestagsabgeordneter, er saß im NSA-Untersuchungsausschuss.

Der Besucher antwortet: „Aber ich kann doch nicht erst Einfluss nehmen, wenn es zu spät ist.“ Er wolle nicht in einem Deutschland leben, in dem 25 Prozent eine andere Herkunft haben. Dass die AfD stärkste Partei geworden sei, gefalle ihm auch nicht. Wen er gewählt hat, verrät er nicht.

Während die Linke mit ihrer „Offene Grenzen für alle“-Haltung die einen verschreckt, zieht sie andere damit an. Kann die Linke die einen Wähler ansprechen, ohne die anderen zu verlieren? Es geht auch um auch die Frage, welche Mi­lieus die Partei bedienen will. „Wir wollen beide – die Bockwurstesser und die Bionadetrinker“, meint Parteichefin Katja Kipping. Aber geht das?

Arbeit für alle oder Recht auf Faulheit?

Wenn die Partei über ihren Kurs diskutiert, ist die Lage unübersichtlich geworden. Traditionell verliefen die Konflikte zwischen Ost und West, zwischen Reformern und Fundamentalisten. Sie kreisten um die Frage: Wollen wir mitregieren oder wollen wir strikt opponieren? Immer bereit zum Regieren waren die Genossen im Osten, wo man seit der Wende in Kreis- und Landtagen präsent war. Auf keinen Fall regieren wir, warnten die Genossen im Westen, schon gar nicht mit den Sozen. Denn dann verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit.

Es ist ein Unterschied, ob man um die 5-Prozent-Hürde kämpft oder eine 30-Prozent-Partei ist. Im Osten brauchst du im Wahlkampf so etwas wie ein Regierungsprogramm

André Hahn, Ost-Linker

Diese Debatten gibt es immer noch, doch die Argumentation verläuft inzwischen anders. Es geht nicht mehr um die Frage „Pragmatismus oder Fundamentalismus“, sondern um die offene oder die geschlossene Gesellschaft. Während Fraktionschefin Sahra Wagenknecht vom linken Flügel für den Sozialismus in nationalen Grenzen kämpft, steht Parteichefin Katja Kipping, die rechts von Wagenknecht als Reformerin verortet wird, für ein klares Bekenntnis zu grenzenloser Bewegungsfreiheit. Kipping wirbt für ein Einwanderungsgesetz, Wagenknecht ist dagegen, Kipping setzt auf mehr Europa, Wagenknecht will weniger. Die Konflikte ziehen sich quer durch die traditionellen Lager, die sich langsam neu sortieren.

Die Frage, vor der die Linkspartei in der kommenden Legislaturperiode steht, ist: Wen sprechen wir eigentlich an? Hipster oder Kleinbürger? Wie stellen wir uns die Gesellschaft von morgen vor? Fordern wir ein bedingungsloses Grundeinkommen oder die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich? Arbeit für alle oder Recht auf Faulheit? Aufbruch oder Verteidigung alter Errungenschaften?

Die Neuen halten sich raus

Wagenknecht hat sich mit ihrem Co-Fraktionschef, dem Reformer Dietmar Bartsch, verbündet, und zwischen Parteichefin Kipping und den zweiten Vorsitzenden Bernd Riexinger, einst vom linken Flügel aufgestellt, passt kein Blatt. Die Atmosphäre unter den Spitzenduos ist angespannt.

Nicht mal einen Monat nach der Bundestagswahl rumst es gewaltig.

Mitte Oktober steigt André Hahn in seinen grauen Audi und Michel Brandt in den ICE. In Potsdam treffen sich die Abgeordneten der neuen Linksfraktion. 27 von 69 sind zum ersten Mal im Bundestag. Brandt und Hahn schütteln sich kurz die Hände, reden ein paar Worte. Bis heute kann der eine über den anderen wenig berichten. Denn die Vorstellungsrunde in dem tanzsaalgroßen Sitzungsraum muss ausfallen. Stattdessen erheben sich nacheinander die beiden Fraktionschefs Bartsch und Wagenknecht und die Parteichefs Kipping und Riexinger und referieren.

Es gibt Streit, es geht um die Verteilung der Vorstandsposten, um das Rederecht im Bundestag. Es ist ein Kampf der Parteiführung gegen die Fraktionsführung. Sahra Wagenknecht droht mit ihrem Rücktritt als Fraktionsvorsitzende. Die neuen Abgeordneten halten sich raus. In der Pause bilden sich Grüppchen, sie stehen zusammen und pumpen den Filterkaffee aus den Ther­mos­kannen vor dem Saal. Die Stimmung ist gedrückt.

„Von Galionsfiguren halte ich nichts“

Wagenknecht hat am Morgen eine E-Mail an alle Fraktionsmitglieder verschickt, in der sie die beiden Parteivorsitzenden Kipping und Riexinger beschuldigt, sie „wegmobben“ zu wollen. Der Ton des Briefes ist in Teilen gehässig, ungewohnt deftig für die sonst so kontrollierte Wagenknecht. Das Führungsquartett trifft sich spätabends noch zum Mediationsgespräch. Man einigt sich auf einen Kompromiss, der die Verwerfungen schlecht kaschiert.

In seinem Pirnaer Bürgerbüro sagt Hahn, der sich äußerst ungern zu fraktionsinternen Angelegenheiten äußert, unfruchtbare Personaldebatten gebe es ja leider immer wieder in seiner Partei. „Aber daran will ich mich nicht gewöhnen.“ An der Basis habe blankes Unverständnis geherrscht. „Und ich habe mich die ganze Zeit gefragt: Was denken jetzt wohl die neuen Abgeordneten?“

Michel Brandt ärgert sich über den Stil der Auseinandersetzung. „Ich lasse mich nicht erpressen, das habe ich auch am Theater nicht getan“, sagt er über die Rücktrittsdrohungen Wagenknechts. „Von Galionsfiguren halte ich nichts.“ Auf der anderen Seite sehe er sehr viel Positives in der Fraktion. „Es gibt viele neue Leute, die frischen Wind reinbringen.“

Zu stark aufs Regieren fixiert

Die neuen Linksparteiabgeordneten halten wenig von straffen Führungsstrukturen. Aus Strömungskämpfen halten sie sich raus. Mit ihnen wächst auch die Gruppe derer in der Partei, die keine Lust aufs Regieren haben.

Lange bevor er Parteimitglied wurde, ging Michel Brandt gegen Castortransporte und Stuttgart 21 auf die Straße, er ließ im Sitzungssaal des Rathauses Luftballons steigen gegen Kürzungen im Kultur- und Sozialhaushalt. Gesellschaftliche Verhältnisse verändert man von unten her, ist seine Überzeugung. Im Osten nimmt er die Partei dagegen als zu stark aufs Regieren fixiert wahr.

„Es ist ein Unterschied, ob man um die 5-Prozent-Hürde kämpft oder eine 30-Prozent-Partei ist“, sagt André Hahn, der seit 24 Jahren Mitglied des Kreistages Sächsische Schweiz ist und fast zwanzig Jahre im sächsischen Landtag saß. „Wir mussten immer eine größere Klientel ansprechen. Im Osten brauchst du im Wahlkampf so etwas wie ein Regierungsprogramm.“

Beide Positionen schließen sich nicht aus, können aber für harte Auseinandersetzungen sorgen, wenn es etwa darum geht, wie weit man in einer Regierung vom Grundsatzprogramm abrückt. Es ist ein Glück für die Linke, dass es derzeit im Bundestag keine Mehrheit mit SPD und Grünen gibt.

In André Hahns Büro klingelt das Telefon. Die SPD ist dran. Für den Abend ist eine Sitzung des Kreistags auf dem Pirnaer Schlossberg angekündigt. Zusammen mit SPD und Grünen hat man einen Antrag aufgesetzt, um Kürzungen im Jugendhilfebereich abzuschmettern. Doch am Telefon erfährt Hahn, dass sich die SPD zurückzieht. Sie schließt sich stattdessen einem Kompromissvorschlag der Landkreisverwaltung an. Hahn legt auf und reagiert sauer: „Da brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn immer weniger Menschen sie wählen.“

„Weg von der Stammtischmentalität“

Grundsätzlich stehe er mit vielen SPD-Kollegen in engem Austausch, sagt Hahn. Mit dem sächsischen SPD-Vorsitzenden ist er befreundet. „Wenn wir gemeinsam mit SPD und Grünen etwas verändern wollen, muss sich jeder ein Stückchen auf den anderen zubewegen“, sagt Hahn.

Mit der SPD verbinde ihn derzeit gar nichts, meint dagegen Brandt, und die baden-württembergischen Grünen würde er am liebsten gründlich durchschütteln. Zu einem Treffen mit Abgeordneten von SPD und Grünen, wie sie in der vergangenen Legislaturperiode im Bundestag stattfanden, würde er nicht gehen. „Da treffe ich mich lieber mit Sea-Watch.“

Die Basis scheint ihm recht zu geben. Aktuell ist Karlsruhe der am schnellsten wachsende Kreisverband der Partei in Baden-Württemberg – 80 Mitglieder kamen allein im vergangenen Jahr dazu. Als Michel Brandt 2013 die Geschäftsstelle betrat, war alles noch ein wenig verschlafen. Alle zwei Monate traf man sich in einer Kneipe, erzählt er. Oder es waren offizielle Treffen, Kreisparteitage etwa. „Wir haben dann angefangen, Filmabende zu machen, politische Stadtrundgänge und Fahrradtouren. Wir wollten weg von dieser Stammtischmentalität und versuchen, das breiter aufzustellen.“ Man sei jetzt so eine Mitgliedermitmachpartei, sagt der Schatzmeister, der schon PDS-Mitglied war. „Die Jungen, die können sich ja nicht oft genug treffen.“ Er lacht. „Sollen sie machen, ich zieh mich da ein bisschen zurück.“ 64 Jahre ist er alt.

Es ist ein Glück für die Linke, dass es derzeit im Bundestag keine Mehrheit mit SPD und Grünen gibt

Die Linke im Westen erlebt gerade einen Generationenwechsel. Die gewerkschaftsnahen WASGler, die K-Gruppen-Veteranen und Ex-DKPler, die im Westen lange die Basis bildeten, treten in den Hintergrund, die Neuen bringen andere Biografien und Themen mit. Die Linke ist offener geworden. Sie rückt näher an soziale Bewegungen.

Das „Team Sahra“

Zum Vortrag über „Bedingungsloses Grundeinkommen“ kommen an diesem Mittwochabend im Spätherbst etwa 30 Menschen in die Karlsruher Linken-Zentrale. Viele sind gerade erst in die Partei eingetreten. Da ist der Schüler mit lila Iro, der die Linke mit Ihrer Haltung zum Freihandelsabkommen viel glaubwürdiger findet als die Grünen. Da ist die Lehramtsanwärterin mit sorgfältig lackierten Fingernägeln und Pelzkragenkapuze, die einfach das Gefühl hatte, „was tun zu müssen“. Da ist der türkischstämmige Zimmermann aus einer SPD-Familie, der sagt: „Hartz IV müssen wir weit hinter uns lassen.“

Die Stimmung in der Karlsruher Geschäftsstelle ist freundlich, fast brav. Diszipliniert lauschen die Genoss_innen dem eineinhalbstündigen Vortrag und stellen Fragen. Anschließend macht sich ein Grüppchen noch auf in eine Bar. Ein Parteikollege Brandts, ein Pädagoge, erzählt von seiner Arbeit mit Flüchtlingskindern.

Wie er denn die Äußerungen der Fraktionschefin Wagenknecht finde, die neulich erst in einem Interview sagte, wirtschaftlich motivierte Mi­gra­tion müsse verhindert werden?

Er winkt ab. Ach, das interessiere ihn nicht, er kümmere sich lieber um die Sachen vor Ort. Sein Nachbar mischt sich ein: Da würde ja auch viel aus dem Zusammenhang gerissen von den Medien. Michel Brandt kann nicht mehr an sich halten. Sein Kopf ruckt nach rechts, er spricht leise: „Das Team Sahra postet gezielt solche Botschaften.“ „Team Sahra“ ist der Newsletter von Sahra Wagenknecht. „Das sind immer wieder kleine Attacken auf unser Parteiprogramm.“ Schweigen macht sich breit.

Glückwunschkarten statt Blumensträuße

Die Partei hat bisher keinen Weg gefunden, wie sie mit der unberechenbaren und populären Fraktionschefin umgehen soll. Ignorieren? Kleinreden? Parteiprogramm ändern? Wir geben unsere Position zur Flüchtlingspolitik nicht auf, sagen sie im Westen.

Er sehe keine Veranlassung zu größeren Änderungen, sagt auch André Hahn in Pirna. Allerdings dürfe man auch die Schwierigkeiten nicht verschweigen, bei der Integration und bei der finanziellen Überlastung vieler Kommunen, die von Bund und Ländern unzureichend unterstützt werden. Tatsache ist: Auch Teile der Wähler und Mitglieder der Linken konnten sich nie so recht mit der per Parteiprogramm verordneten Flüchtlingspolitik identifizieren.

Von den 13.000 sächsischen Mitgliedern im Jahr 2007 sind derzeit noch knapp 8.000 am Leben. Die jungen Leute, die vor allem in den Großstädten neu zur Linken stoßen, mildern den Schwund nur ab. In mancher Kleinstadt gibt es gerade noch eine Handvoll Genossen, in manchem Dorf nur noch einen Aktiven.

Die Autorin

Anna Lehmann, 42, ist Parlaments­korrespondentin und kennt Dippoldiswalde seit frühester Kindheit.

Lutz Richter kann davon erzählen. Er ist Kreisverbandsvorsitzender der Linken Sächsische Schweiz Osterzgebirge und sagt: „Wir haben in den letzten Jahren nur noch gespart.“ Für die Mitglieder gibt es seit zwei Jahren zu runden Geburtstagen keine Blumensträuße mehr, sondern nur noch Glückwunschkarten.

Jugendliche, die sich in Dippoldiswalde, Altenburg, Pirna oder Freital bei der Linken engagieren wollen, weist die Partei auf den solid-Jugendverband hin. Als kürzlich mal wieder ein junger Mann zum Treffen des Ortsverbands Dippoldiswalde gekommen sei, hätten hinterher alle Genossen gefragt: Wieso läuft der mit lackierten Fingernägeln rum?

Immer das gleiche Schema

In Ostsachsen trifft man sich zur weihnachtlichen Brecht-Lesung im Gasthof, begrüßt russische Gäste zum Tag der Befreiung oder fährt im Januar gemeinsam zur Liebknecht-Luxemburg-Demo zum Friedhof der Sozialisten in Berlin.

Knapp 600 Kilometer liegen zwischen Karlsruhe und Ostsachsen. Kulturell scheinen bisweilen Welten dazwischen zu liegen. Die altgedienten Genossen im Osten, vor allem auf dem Land, sind kleinbürgerlich geprägt, sie denken konservativ. Sozialismus – ja, aber ohne dieses „Yeah, yeah, yeah“.

André Hahn, der viel im Westen unterwegs ist, hat es noch nie nach Karlsruhe geschafft. Er freue sich natürlich, dass es so viele Neumitglieder gebe. Aber, ja, es werde schwieriger, Ostinteressen in der Fraktion durchzusetzen. „Die Diskussion, ob man die DDR als einen Unrechtsstaat bezeichnen soll, interessiert viele Westler überhaupt nicht.“ Aber die meisten Mitglieder im Osten sähen mit einer solchen Zuschreibung ihre Biografie entwertet.

Michael Brandt war bisher einmal im Osten, in Leipzig. Mit den Ostverbänden habe er kaum zu tun, sagt er, das sei so weit weg.

In André Hahns Pirnaer Büro steht der Besucher mit der gefalteten Zeitung auf. Er sagt Hahn zum Abschied, er finde die Linke prinzipiell gut. „Dass sie die Reichen besteuern und für mehr Gerechtigkeit sorgen will – das gefällt mir ja.“ Kurze Pause. „Aber wählen würde ich sie jetzt nicht.“ Wegen der Flüchtlinge.

Hahn nickt. Er kennt solche Gespräche. Sie verlaufen immer nach dem gleichen Schema. Und das wird sich so schnell nicht ändern.

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32 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "„Zwar gestanden viele Personen ein, die Linke gut zu finden, aber auf Grund der ‚Flüchtlingspolitik‘ ihr Kreuz bei der AfD zu machen“, heißt es in einer parteiinternen Wahlauswertung"

     

    Die Wählerwanderungen in besonderem von der Linkspartei weg zu AfD waren schon vor der Flüchtlingskriese 2015 beispielsweise bei der Wahl in Brandenbur zu beobachten.

  • „Zwar gestanden viele Personen ein, die Linke gut zu finden, aber auf Grund der ‚Flüchtlingspolitik‘ ihr Kreuz bei der AfD zu machen“

     

    Ich bin Mitglied bei den Linken und habe aus genau diesem Grund diesmal auch die AfD gewählt: Sozialstaat ODER Einwandererungsland - beides zusammen geht nicht! Das ist weder rechts noch links:

    Das nennt sich Realismus!

  • Was soll der Funktionär da auch sagen? Die Interessen sind zu unterschiedlich und die Faktenlage nicht auf Seiten des Funktionärs. Positive Beispiele für einen funktionierenden Umgang mit muslimischer Massenzuwanderung hat er nicht vorzuweisen, lediglich Konzepte, die bereits begangenen Fehler korrigieren sollen - bei laufendem Import. Wobei die Konzepte, die gleichen sind, die die Probleme mitverursacht haben. Dazu noch soll es in einem viel ärmeren Osten plötzlich gehen, wo es im Westen bereits scheiterte und weiterhin scheitert.

     

    Er muss es aber auch nicht erklären. Der Wähler wird tatsächlich ausgetauscht, durch eine neue Wählerschicht, die von der Zuwanderung konkret profitiert. Das ist dann die im unteren Mittelbau angesiedelte Akademikerschicht, die in der "ewigen" Verwaltung der Krise auf neue Arbeitsplätze spekulieren darf. Sie dürfen dann für 1,3-1,4 Netto im Monat die Integration der Zuwanderer und der einheimischen Bevölkerung simulieren.

     

    Es hat lediglich den Nachteil für die Linke, dass dieses Feld bereits von den Grünen und der SPD bedient wird. Da wird es Verdrängungskämpfe geben. Der Osten, das Kleinbürgertum und die Arbeiterschicht werden hingegen auf Dauer an die AfD gehen.

  • Die Linken scheitern im Osten nicht an "ihrer liberalen Haltung ... zu Flüchtlingen", sondern weil sie keine Antworten findet auf die Fragen, keine Lösungen für die Probleme.

     

    Der Artikel zeigt es gut. Herr Hahn ist nicht in der Lage, dem Mann seine Frage zu beantworten: „Mir ist das zu einfach, zu sagen: Raus, raus, raus.“ O.k., und was wäre dann seine Lösung? Da kommt nichts mehr.

     

    Stattdessen schwadroniert Herr Hahn allgemein von 80.000 Flüchtlingen, die Sachsen schafft, und von unbegründeten Ängsten.

     

    Dass das nicht zuviele Flüchtlinge sind, hat der Mann nicht behauptet. Er kritisierte ein aus seiner Sicht bestehendes Laissez-Faire in der Einwanderungspolitik. Es wirkt im Artikel, als hätte er dem Mann gar nicht zugehört.

    • @rero:

      Ja, wenn man sich ideologisch im Recht sieht, muss man dem Wähler nur erklären warum er unrecht hat. Das nennt sich neudeutsch „die Bürger mitnehmen“. Dass der Bürger nicht mitgenommen werden will, sondern er will, dass sein Wille von Parteikadern bitte einfach mal zur Kentnis genommen wird (auf Umsetzung hofft ja schon keiner mehr), spielt nicht nur für die Linke keine Rolle mehr, sondern für alle Parteien. Dass das Stimmvieh quer steht zu Positionen, die in allen Parteien fast gleich, sind muss niemand sorgen, denn der gute Demokrat kann sein Kreuz ja nur im System machen und damit bleibt ja alles in der Familie, egal wie hoch der Frust ist.

      Das sagt die Autorin ja auch: was im Osten verloren wird, wird im Westen gewonnen. Wenn der Wähler nicht mehr zur Partei passt wird er halt ausgetauscht, eine Erfahrung die z.B. konservative CDU Wähler schon hinter sich haben.

      Dass die Linke ihre langjährigen Stammwähler im Osten verrät spielt menschlich keine Rolle, wichtig ist nur die Machträson. Ein Wähler ist so gut wie der andere, hauptsache die Partei kann ungestört vom Wähler ihre Kader-definierte Wunschpolitik machen.

      Kein Wunder, dass so viele Menschen auf Parteien und das System im ganzen keinen Bock mehr haben - und kein Wunder, dass so natürlich erst der Raum für Ausleger wie die AfD geschaffen wird, die sich als „Outsider“ definieren können. Aber vorher friert die Hölle zu, bevor sich die „Altparteien“ (inkl. links und grün) das eingestehen, denn die Lösung ist für sie ja klar: Nichts ändern, Kaderdisziplin durchsetzen, Wähler „mitnehmen“ oder bei fortgesetzter Renitenz halt austauschen.

    • 8G
      81622 (Profil gelöscht)
      @rero:

      Die Antwort von Hern Hahn an den Fragesteller hätte sein müssen, dass er dessen paranoische Fixierung auf "Die Flüchtlinge" hinterfragt und ihm erklärt, warum es keinen Zusammenhang gibt zwischen Leistungen an die Flüchtlinge und Sozialabbau in diesem Land.

      • @81622 (Profil gelöscht):

        Das ist die mustergültige Bestätigung (sowohl in Inhalt wie Formulierung) von dem, was ich vor Ihnen als Antwort auf RERO geschrieben habe...

  • Zum Thema Osten, AfD und Flüchtlinge finde ich den Essay von Sabine Bode in der Neuaufliage zu ihrem Buch "Kriegsspuren - Die deutsche Krankheit German Angst" sehr interessant:

     

    In diesem Essay geht sie der These nach, dass die Unterschiede zwischen Ost und West in der Flüchtlingsfrage aus einer doppelten Verunsicherung entstammen, die mit den Flüchtlingen eigentlich nichts zu tun hat: Die Verunsicherung ist der Lebenslinienbruch aus der Zeit nach der Wende, der damals auf die noch nicht im Ansatz verarbeiteten Traumata aus dem zweiten Weltkrieg traf. Die Flüchtlinge signalisieren nun schon wieder so einen Bruch mit einer Nachwende-Normalität an die man sich mühsam endlich halbwegs gewöhnt hatte. Diesmal ist es die ganze Welt die da eindringt und schreit: "Veränderung, Veränderung!" ... wo doch der eigentliche Wunsch - nach derart viel Verunsicherung über mehrere Generationen - ist, endlich mal in Ruhe gelassen zu werden.

     

    Ich fand's plausibel.

    • @Hanno Homie:

      Vielleicht ist da etwas Wahres drann, aber man darf auch nicht vergessen, dass der Krieg nun 70 Jahre her ist. Mit Verunsicherung, ausgehend vom zweiten Weltkrieg, hat das alles nicht viel zu tun ... und an bspw. Bayern bzw. sogar dem europäischen Rechtsruck sieht man auch, dass es eben kein ostdeutsches Phänomen ist.

  • „Die Frage, vor der die Linkspartei in der kommenden Legislaturperiode steht, ist: Wen sprechen wir eigentlich an? Hipster oder Kleinbürger? Wie stellen wir uns die Gesellschaft von morgen vor?“

     

    Diese so formulierte Fragestellung von Frau Lehmann, völlig absurd verkürzt, steht m.E. im Gegensatz zu dem durchaus lobenswerten Versuch, den momentanen Zustand der Linken zu beschreiben. Leider zu sehr aus der Sicht der sogen. Hipster, die sich leider kaum mit der Frage beschäftigen wollen, ob und wie eine Masseneinwanderung die Lebensbedingungen bestimmter sozialer Gruppen in Deutschland verschlechtert, insbesondere wenn diese ohnehin am Existenzminimum leben. Und zwar unter den Bedingungen eines radikalen neoliberalen Systems, das Die Linke in absehbarer Zeit nicht ändern wird, zumal mögliche Bündnispartner wie SPD und/oder Grüne Befürworter dieses Systems sind.

    Auch hätte ich erwartet, dass bei einer Bestandsaufnahme auf die Frage eingegangen wird, welche Vorstellungen denn die neuen hippen Mitglieder der Linken von einer gerechten, solidarischen Gesellschaft haben. Soll das Prekariat geopfert werden zugunsten einer wie auch immer gearteten offenen Gesellschaft?

    Kann es sein, dass Wagenknecht zu recht extrem widersprechen würde, wenn man ihr unterstellt, sie würde provinziell denken?

     

    Ich würde die Prognose wagen, dass die sogen. hippen Linken zwar in den Szenevierteln bestimmter Großstädte bei Wahlen die 5% schaffen würden, weil dort Linkssein möglicherweise nichts mehr mit einem Klassenstandpunkt zu tun hat. Und ich befürchte, dass der Klassenstandpunkt, der die Grundlage linken Denkens ist, von den sogen. hippen Linken möglicherweise bereits als kleinbürgerlich empfunden wird. Beide Standpunkte sind m.E. unvereinbar. Das ist das Problem.

    • 8G
      81622 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      Ihre Behauptung "...ob und wie eine Masseneinwanderung die Lebensbedingungen bestimmter sozialer Gruppen in Deutschland verschlechtert, insbesondere wenn diese ohnehin am Existenzminimum leben" ist falsch. Die "Lebensbedingungen bestimmter sozialer Gruppen" werden nicht durch Flüchtlinge eingeschränkt sondern durch die ungleiche Verteilung des Reichtums in der Gesellschaft. Gerade von einer linken Partei würde ich erwarten, dass sie in der Lage ist, diese Analyse den Leuten klar zu machen. Wenn nicht, vestehen sie ihre Aufgabe als linke Partei nicht.

      • @81622 (Profil gelöscht):

        Behaupten Sie bitte nichts Falsches, denn ich habe dies als Frage formuliert.

         

        Ich schrieb: "... die sich leider kaum mit der Frage beschäftigen wollen, ob und wie eine Masseneinwanderung die Lebensbedingungen bestimmter sozialer Gruppen in Deutschland verschlechtert, ...."

         

        Wenn man aus dem Zusammenhang zitiert, um den Sinn zu entstellen, ist das m.E. eine ziemlich üble Sache. Hier ist das sehr durchsichtig. Offensichtlich ist Ihnen sogar eine simple Fragestellung schon verdächtig. Sind Sie Hauswart?

  • 8G
    81622 (Profil gelöscht)

    Wähler einer linken Partei sind prinzipiell gegen Flüchtlinge. Das muss man sich mal vorstellen. Irgendetwas ist da doch mächtig schief gelaufen in der Partei "die Linke". Der Sozialneid auf die vom Staat unterstützen Flüchtlinge steht diametral dem linken Prinzip der internationalen Solidarität entgegen. Oder ist deren Solidarität etwa nur völkisch und rassistisch gemeint, also national?Ganz im Sinne des Trumpismus? Make Germany great again? Zudem fährt das "Team Sahra", nebst Ehegatten, gerade die Idee einer neuen "linken Sammelbewegung" a la Melanchon auf und übernimmt gern auch dessen antieuropäische, sprich nationalistische Töne. Etwas ist faul bei den "Linken".

    • @81622 (Profil gelöscht):

      "Oder ist deren Solidarität etwa nur völkisch und rassistisch gemeint, also national?"

       

      Völkisch, rassistisch, national - alles egal!? Haben Sie schon einmal etwas von der deutschen (national!) Rentenversicherung gehört? Stellen Sie sich einmal vor, die ist so rassistisch und völkisch, dass jeder, egal aus welchem Herkunftsland, daraus je nach Beitragsdauer eine Rente erhält, egal ob deutscher, türkischer oder tasmanischer Herkunft.

       

      Wenn Sie "national" mit "rassistisch" und "völkisch" gleichsetzen, ist Ihnen absolut nicht mehr zu helfen!

    • @81622 (Profil gelöscht):

      Ausscheren aus der neoliberalen TINA-Front ist faul?

    • @81622 (Profil gelöscht):

      "Wähler einer linken Partei sind prinzipiell gegen Flüchtlinge. Das muss man sich mal vorstellen."

       

      Vermutlich ist das ein Teil des Prekariats, denen es in DE so dreckig geht, dass Menschen, die diese Lebensverhältnisse nicht kennen wollen, nur noch abfällig darüber reden. Und Schlagwörter wie "Sozialneid" kennen wir ja von den Marktradikalen.

      Da halte ich es erklärend mit Brecht: Erst kommt das Fressen, dann die Moral.

      • 8G
        81622 (Profil gelöscht)
        @Rolf B.:

        Genau, nach dem Credo ("Erst kommt das Fressen, dann die Moral") handelt auch Orban und die FPÖ in Österreich. Da treffen sich Teile "der Linken" und der Rechten. Herzliches Beileid.

        • @81622 (Profil gelöscht):

          Faseln Sie nicht von Orban. Nehmen Sie die Situation der Prekariats zur Kenntnis. Ich vermute, Sie interessieren sich nicht dafür. Sie wissen nichts.

          • 8G
            81622 (Profil gelöscht)
            @Rolf B.:

            AFD-Wähler sind nicht mehrheitlich "das Präkariat", sondern stammen mehrheitlich aus der Mittelschicht. Was Sie hier unterschlagen, ist die Tatsache, dass es in Deutschland, wie in anderen Ländern auch, starke rassistische und nationalistische Tendenzen gibt. Das hat aber erstmal nichts mit Ihrem "Präkariat" zu tun, sondern hat andere massenpsychologische Gründe. Wenn die "Sahra Wagenknecht/Ehemann-Fraktion" der Linken in der Diskussion um Flüchtlinge immer wieder die angebl. berechtigten Ängste der sozial Abgehängten anführt, bedient sie damit dumpfe nationalistische AFD-Positionen.

          • 8G
            81622 (Profil gelöscht)
            @Rolf B.:

            Das Präkariat hat also immer Recht? Eine linke Partei sollte die Kapazität haben, soziale und ökonomische Ursachen und Zusammenhänge zu erklären und nicht noch Vorurteile zu bedienen gegenüber den Schwächsten der Gesellschaft.

        • @81622 (Profil gelöscht):

          Ja und alle anderen Parteien auch. Jeder für seine Klientel. Die CDU und SPD arbeiten auch in die eigene Tasche. Ist es jetzt verwerflich wenn die Linke sich für ihre Klientel einsetzt anstatt sie zu verraten?

           

          Es sind nicht die Hipster aus dem Prenzelberg, die die Zeche zahlen für die Flüchtlingspolitik sondern die einfachen Leute. Und die denken an sich selbst genau wie die Leute aus den teueren Vierteln der Großstadt an sich selbst denken

          Hauptsache Grenzen auf und richtig gegendert ist keine Position die der Mehrheit der Bevölkerung hilft sondern eine Position die der Mehrheit der Bevölkerung schadet. Konkurenz um Wohnungen und Jobs wird verschärft, die ohnehin knappen Ressourcen fließen zu Flüchtlingen anstatt in den sozialen Wohnungsbau. Das begreift man entweder oder man wird abgewählt.

          Geschenke kann man erst verteilen wenn man selbst versorgt ist aber die Hipster versorgen lieber Flüchtlinge als hilfsbedürftige Deutsche, Rentner und Niedriglohnarbeiter. Man kann von dieser Schicht nicht erwarten das sie ihr eigenes Wohl dauerhaft hinter das Wohl der Flüchtlinge zurück stellt.

           

          Aber die Ost-Linke mit ihrem Regieren um jeden Preis aka Realos ist den West Linken offenbar unterlegen

          Die Menschen dort sehen die Linkspartei nicht mehr als Alternative an, eben weil diese in den letzten Jahren in Brandenburg, Berlin und Thüringen nichts gerissen hat. Verantwortlich ist der rechte FDS Flügel

          • 8G
            81622 (Profil gelöscht)
            @Oskar:

            "die ohnehin knappen Ressourcen fließen zu Flüchtlingen anstatt in den sozialen Wohnungsbau"...das ist AFD-und Angstmache-Sprech, hat aber mit der immanenten Verteilungs-Ungerechtigkeit im System (sprich CDU/CSU-Politik) nichts zu tun. Wenn das eine linke Partei nicht erklären kann, sondern diffuse Ängste bedient, hat sie politisch versagt.

            • @81622 (Profil gelöscht):

              "das ist AFD-und Angstmache-Sprech, hat aber mit der immanenten Verteilungs-Ungerechtigkeit im System (sprich CDU/CSU-Politik) nichts zu tun. "

               

              Versuchen Sie es doch einfach einmal, Argumente zu verstehen. Oder haben Sie immer Schwierigkeiten mit der Sinnentnahme von Texten?

               

              Die "Ungerechtigkeiten im System" sind nicht Ergebnis von CDU/CSU, sondern systemimmanent. Solange es eine Umverteilung von unten nach oben gibt und soziale Probleme (Wohnungsnot, Minilohn, Hartz IV, Altersarmut usw.) noch nicht einmal in Ansätzen bei den Groko-Verhandlungen angesprochen wurden, löst sich Ihre Argumentation in Luft auf. Denn die Zeche bezahlt schlimmstenfalls das Prekariat und normale Arbeitnehmer. In den Villenvierteln der Großstädte wurden z.B. keine Notunterkünfte für Immigranten aufgebaut. Aber oft in den sogen. sozialen Brennpunkten. Ich weiß, wovon ich rede. Und dort, wo die Hipster zu Hause sind, gibt es keine sozialen Brennpunkte. Aber es gibt eine beklemmende Selbstzufriedenheit. Und dort weiß man, wie man es schafft zu vermeiden, dass in den Grundschulen 80% der Kinder nicht der deutschen Sprache mächtig ist.

               

              Sie behaupten völlig realitätsfern, dass das System doch bitteschön nur etwas sozialer sein müsste und schon wäre alles in Butter. Und dann lehnen Sie sich zufrieden zurück und haben Ihr gutmenschliches Tageswerk getan.

               

              Ja, wenn das so einfach wäre, hätten Sie recht.

            • @81622 (Profil gelöscht):

              Wer das sonst noch sagt ist mir ehrlich gesagt egal. Es ist eine Tatsache. Der Versuch Leute in eine Ecke zu drängen wenn sie unangenehme Wahrheiten ansprechen hilft auch nicht weiter. Nur weil ihr sie nicht sehen wollt sind die Probleme nicht weg. Diffus ist daran gar nichts und mit so etwas irrationalem wie Angst hat es auch nichts zu tun. Irrational ist viel mehr das Gerede der neoliberalen Linken

               

              Wer bezahlt denn die Flüchtlingskrise? Die Hipster und oberen Schichten oder diejenigen deren Löhne und Mieten deswegen unter Druck geraten und an deren Leistungen gespart wird?

              Im Kapitalismus wird der Gewinn oben von privaten abgeschöpft und die Kosten von der Allgemeinheit übernommen. Aber selten in Form von Steuern sondern meist in Form von Kürzungen so das nicht Alle sondern nur die unten zahlen. Warum wird das von den heutigen Linken so geflissentlich ignoriert?

               

              Ziel der Linken dürfte eigentlich nicht sein einfach nur die Grenzen auf zu machen und sonst alles zu lassen wie es ist. Ziel müsste es eigentlich sein die Bevölkerung vor dieser Kostenverteilung zu schützen und die Gründe für Flucht (Kapitalismus, Kriege, Klimawandel) zu beseitigen.

              Statt "no capitalism" und "no war" kommt aber nur "no border". Das ist neoliberale Politik sonst nichts, da hilft es auch nichts diese Politik unter dem urlinken Begriff der Solidarität zu verstecken. Auch Flüchtlingen wäre übrigens mehr geholfen wenn man ihnen Perspektiven zuhause eröffnen würde anstatt ihnen hier in eine chancenlose Unterschicht aufzublähen

               

              Die Linke muss denjenigen zur Seite stehen denen es schlecht geht und nicht die eigenen "no border" Fantasien umsetzen um sich so richtig kosmopolitisch zu fühlen

  • „… zwei Drittel der Bundestagsfraktion kommt aus dem Westen“ und „Die Diskussion, ob man die DDR als einen Unrechtsstaat bezeichnen soll, interessiert viele Westler überhaupt nicht.“

     

    … Kein Wunder! Denn diese „zwei Drittel“ haben niemals Sozialismus / Kommunismus in der Praxis kennengelernt. Diejenigen von ihnen, die es auf sich nehmen, bei Marx / Engels / (Lenin / Stalin …) nachzulesen, nehmen oft das Gelesene für bare Münze und halten das immer noch für die Zukunft der Menschheit.

     

    Auch, weil hartgesottene DDR-Nostalgiker unermüdlich für diesen untergegangenen Staat schwärmen und ihn allen Ernsten für den „besseren deutschen Staat“ halten. Trotz allgegenwärtig gewesener Mangelwirtschaft, sowie Behinderung und Unterdrückung jeglicher Opposition. Und im Gegensatz dazu: Staatsmedien, die hauptsächlich über „großartige Erfolge“ berichteten, und Misserfolge und Proteste entweder verschwiegen oder, wenn das nicht mehr ging, dem „Westen“ (=BRD) in die Schuhe schoben!

     

    Ich selbst habe die Hälfte meines Lebens in der DDR verbracht und ich wünsche mir dieses System nicht zurück“!

    • 2G
      25726 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Da habe ich Ihnen etwas voraus. Ich verbringe schon mein ganzes Leben in der BRD und ich wünsche mir dieses System zum - zugegebnermaßen nicht existenten - Teufel.

      • @25726 (Profil gelöscht):

        Aus Venezuela wandern zurzeit viele Menschen aus, Sie können sich also ohne Probleme einen Platz in einem sozialistischen Staat sichern.

        • @Sven Günther:

          Warum wandern Sie nicht in das Zielland der venezoelanischen Oligarchie? Der amerikanische Traum zieht immer noch. Zwar neuerdings größtenteils opioidgefüttert, aber wenn man 50.000 Dollar für eine Blinddarmoperation bezahlt oder 100.000 Dollar für ein Studium, dann bekommt man auch Qualität.

      • @25726 (Profil gelöscht):

        Im Gegensatz zu Pfanni können Sie an Ihrer Situation etwas ändern. Entweder durch Auswandern oder dadurch, dass Sie versuchen im demokratischen Prozess das System zu ändern.

        Das ist der grosse Unterschied.

        • @Blacky:

          Und Teilnahme am öffentlichen Diskurs ist Teil des demolratischen Prozesses, nicht wahr?

          • @El-ahrairah:

            Klar doch, werter Kaninchenprinz! Ich glaube aber nicht, dass Zweizeiler in einem Kommentarforum der taz die Meinung eines grösseren Teils der Bevölkerung ändert. Vor allem, wenn sie eine derartige Substanzdichte aufweisen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend!

      • @25726 (Profil gelöscht):

        Ich sehe nicht, wo Sie etwas voraus haben.

        Pfanni kann zwei Systeme vergleichen. Sie nicht.