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Die Letzte Generation und Volker WissingEin klebriger Diskurs

Die Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen und der Verkehrsminister haben für diesen Dienstag ein Treffen geplant. Versöhnlich geben sich beide vorab nicht.

Verfahren: Volker Wissing und die Letzte Generation Foto: Paul Zinken/dpa

Berlin epd/afp | Vor dem geplanten Treffen mit der Letzten Generation um 14 Uhr hat Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) deren Forderungen als nicht zielführend kritisiert. Kurze Zeit später klebten sich erneut Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen in Berlin an Straßen und Kreuzungen fest und blockierten diese so.

Eine Polizeisprecherin sprach von rund 20 Stellen, an denen der Verkehr zum Erliegen gekommen sei. Überall seien Einsatzkräfte vor Ort und es liefen „Maßnahmen“. Auf der Sonnenallee in Berlin-Neukölln habe eine Person aus dem Asphalt herausgeflext werden müssen, teilte die Polizei auf Twitter mit. Das Tiefbauamt sei angefordert worden, um die Fahrbahn zu reparieren. An fünf Stellen rollte der Verkehr am späten Vormittag wieder, nachdem die Polizei die Klimaaktivisten von der Fahrbahn gelöst hatte.

Die Letzte Generation erklärte auf Twitter, „wir sind hier, um die Gleichgültigkeit aufzubrechen angesichts der Zerstörung unserer aller Leben“. Menschen aller Altersgruppen protestierten an vielen Orten in Berlin.

„Mich überzeugen die Argumente der Letzten Generation nicht“, hatte Bundesverkehrsminister Wissing zuvor im Deutschlandfunk gesagt. Es wundere ihn, dass die Gruppe „so wenig sinnvolle Vorschläge macht für Klimaschutz und gleichzeitig so radikal vorgeht und mit Straftaten die Gesellschaft blockiert“.

Gespräch im Bundesverkehrsministerium

Das Treffen im Bundesverkehrsministerium am Nachmittag ist auf eine Stunde angesetzt. An dem nicht öffentlichen Gespräch auf Einladung von Wissing nehmen drei Mitglieder der Letzten Generation teil. Die Ak­ti­vis­t*in­nen fordern ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr sowie ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde auf deutschen Autobahnen.

So wie heute kleben sich die Ak­ti­vis­t*in­nen der Letzten Generation regelmäßig auf Straßen fest und blockieren den Verkehr. Oder sie protestieren an Kunstwerken, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen. Die Gruppe sieht sich als letzte Generation vor den Kipppunkten – also den Punkten, an denen eine kaskadenartige Verschlimmerung der Klimakrise in Gang gerät.

Es ergebe „keinen Sinn“, den Nahverkehr dauerhaft für 9 Euro anzubieten, denn es seien auch Haushaltsmittel nötig, um „die Sanierung der Bahn und den Ausbau des ÖPNV“ voranzutreiben, sagte Wissing. Zum Tempolimit sagte er, das sei eine „Maßnahme, die wenig Klimaschutz bringt“ und für die es außerdem keine parlamentarische Mehrheit gebe. Damit müsse die Letzte Generation leben.

Die Regierung habe stattdessen Maßnahmen ergriffen, „die weit über das hinausgehen, die aber auch eine parlamentarische Mehrheit haben und die die Gesellschaft mitnehmen“, sagte Wissing im Deutschlandfunk und nannte vor allem das 49-Euro-Ticket. Es sei „aberwitzig“, gegen ihn zu protestieren, denn er habe nicht nur das 9-Euro-Ticket vorgeschlagen, sondern auch das Deutschlandticket vorangetrieben.

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10 Kommentare

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  • Bilanz Hr Wissing (bisher):

    - Tankrabatt als Subvention der Autofahrenden



    - keine Abschaffung des Dienstwagenprivilegs



    - kein Sofortprogramm im Sinne des Klimaschutzgestzes



    - für sinnlose E.Fuel Politik das EU Verfahren zeitweise blockiert



    - Fortsetzung des 9,-€ Tickets nur aufgrund von sehr viel Druck seitens der Länder



    - etc..

    Aber Hr Wissing findet:

    Es sei „aberwitzig“, gegen ihn zu protestieren, denn er habe nicht nur das 9-Euro-Ticket vorgeschlagen, sondern auch das Deutschlandticket vorangetrieben.

    Aber ja doch.!

    -- Euer Merkwürden --

  • Es ist wirklich seltsam.

    Die meisten Bundesländer und deren ÖPNV-Unternehmen haben sich massiv gegen die 9-Euro-Ticket-Aktion gesperrt und wollten auch das 49-Euro-Ticket nicht.

    In Berlin-Brandenburg ist wegen einem 29-Euro-Ticket fast der Verkehrsverbund geplatzt.

    Stattdessen demonstriert LG gegen Wissing, von dem überhaupt der Vorschlag 9-Euro-Ticket kam.

    Wo sieht die Person, die die Überschrift ausgewählt hat, eine fehlende Versöhnlichkeit bei Wissing?

  • Beide Seiten veranstalten das Ganze ausschließlich die mediale Präsentation. Es wird nichts sinnvolles dabei heraus kommen. Deeskalierende Massnahme der Presse wäre eine Verweigerung der Berichterstattung.

  • 6G
    659554 (Profil gelöscht)

    Ich habe das Interview mit V. Wissing heute morgen im DLF gehört. Der Kerl trieft ja vor einer Arroganz wie ich sie sonst nur von Präsident Macron kenne. Ob das daran liegt, dass beide Neloiberale sind? Denn an erfolgreicher Politik kann es ja nicht liegen.

  • Das beste Zitat (gelesen bei tagesschau.de) fehlt:

    "Die jungen Leute sind auf dem Holzweg, wenn sie sich selbst einreden, dass ein Verkehrsminister Volker Wissing sich nicht den ganzen Tag Gedanken über die Frage macht, wie wir unsere Klimaschutzziele so schnell wie möglich erreichen können - und dabei die Gesellschaft mitnehmen." [1]

    [1] www.tagesschau.de/...n-wissing-100.html

    Also wirklich, mehr geht nun aber auch mal nicht.

    • @Pepun:

      Das dürfte leider so sein -- dass im Bundestag im Moment mehr nicht geht. Letztlich ist es tatsächlich so, dass sich sogar für dieses bisschen Klimaschutz nur sehr schwer parlamentarische Mehrheiten finden lassen. Und warum? Weil die FDP mit ihren Moves "die Gesellschaft blockiert." Deswegen ist es genau richtig, gegen einen Verkehrsminister Volker Wissing zu demonstrieren.

    • @Pepun:

      Das ist wirklich nicht nett. Hab beim Lesen des Zitats vor Lachen fast meinen Kaffee auf die Tastatur gespuckt 🤣🤣🤣

    • @Pepun:

      Stimmt, der genannte Kommentar oder Bericht oder wie man das nennen soll, ist echt schäbig. Die krassesten Äußerungen von Dobrindt, Buschmann& Co - allen Ernstes von Klima-RAF bis zu Vergleichen mit "Nazis und Kommunisten vor 100 Jahren" werden völlig unreflektiert wiedergegeben. Und am Ende das heuchlerische Zitat, man würde sich aber doch wünschen, in den Dialog zu kommen.



      Chapeau, das ist Propaganda auf BILD-Niveau.

      • @Soda:

        Die Klima RAF hat Tadzio Müller ins Spiel gebracht und nicht die CSU oder FDP. Ich stimme mit dem Rest zwar zu, aber das Thema Klima RAF sind die Aktivisten (vor allem Tadzio Müller) selber Schuld.

      • @Soda:

        Ach- grosse Namen raushaun ist halt die Reaktion der Unfähigen. Die was tun, und den Laden grade so noch am Laufen sind die Kleinen die überhört werden. PS: Holatschek bemüht "das Völkerrecht" um gegen CANNABIS zu kämpfen. Irgendwie haben die den Schuss nicht gehört, oder sie haben einfach NULL Möglichkeiten aus Wähler zu aktivieren.