Die Deutsche Umwelthilfe und Audi: Auf ein Bier mit Semikriminellen
Während taz-Redakteur Malte Kreutzfeldt bei der DUH einen Preis überreicht bekommt, feiert 500 Kilometer weiter südlich auch die Audi-Umweltstiftung.
B ei zu viel Lob wird man als Journalist ja eigentlich skeptisch. Mittwochabend war das anders. Da wurde taz-Redakteur Malte Kreutzfeldt völlig zu Recht über den grünen Klee gepriesen. Zusammen mit Journalisten von ZDF und WDR, einer Öko-Influencerin und dem YouTuber Rezo (Sie wissen schon: „Die Zerstörung der CDU“) bekam unser Kollege den „Umweltmedienpreis“ der Deutschen Umwelthilfe DUH: weil er so schön nerven kann, wenn jemand falsche Zahlen oder Aussagen verbreitet.
Die DUH kämpft für mehr Öko in Politik und Wirtschaft und kann auch ganz schön nerven. Deswegen bekam sie zuletzt einen Shitstorm von FDP/CDU/CSU ab: „Eine militante Splittergruppe, die die Gesellschaft drangsaliert“, hieß es über sie, sie „schade dem Wirtschaftsstandort“, bewege sich „ein Stück neben der Gemeinnützigkeit“ und sei ein „grün angestrichener, semikrimineller Abmahnverein“.
Was war geschehen? Hatte die DUH schlecht gedämmte Wohnhäuser in die Luft gesprengt? Hatte sie das Öko-Kalifat ausgerufen und Dieselfahrer für vogelfrei erklärt? Nein, viel schlimmer: Die DUH klagt ganz langweilig und staatstreu auf Einhaltung der Regeln zu sauberer Luft. Und bekommt reihenweise recht.
DUH und Audi-Umweltstiftung feiern gleichzeitig
Weil ich mit diesen Semikriminellen am Mittwochabend ein alkoholfreies Bier trank, konnte ich leider nicht in Ingolstadt sein. Da feierte die Audi-Umweltstiftung ihr 10-jähriges Bestehen. Seit 2009 fördert die gemeinnützige Audi-Tochter Ökoprojekte wie Forschung an einem Eichenwald, Big Data für Bienenstöcke oder Plastiksammlung im Wasser.
Audi? Sie wissen schon: Das ist die Firma, die bis zum Schiebedach in den VW-Dieselskandal verwickelt ist, den die DUH half ans Licht zu zerren: Viele Motoren mit der Schummelsoftware stammen von Audi. Um genau zu sein: die Maschinen von 250.712 Audis, 71.577 VWs und 112.131 Porsches, zitiert die Nachrichtenagentur dpa aus der 400 Seiten dicken Anklageschrift.
Es geht um den Prozess gegen den ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler und drei andere Manager „wegen Betrug, mittelbarer Falschbeurkundung und strafbarer Werbung“. Die Ingolstädter Dieselmotoren hatten geringere Abgaswerte vorgetäuscht. Das ist verboten. Stadler verbrachte vier Monate in Untersuchungshaft. Wenn es für ihn ganz schlimm kommt, könnte er für 15 Jahre ins Gefängnis gehen.
Das alles ist in den letzten zehn Jahren passiert. In dieser Zeit hat Audi nach Steuern etwa 25 Milliarden Euro verdient. An die Tochter Umweltstiftung floss „eine einstellige Millionensumme“, sagt Audi. Kommt dieses Geld also von einer „militanten Splittergruppe, die die Gesellschaft drangsaliert“, die „dem Wirtschaftsstandort schadet“, die sich „ein Stück neben der Gemeinnützigkeit“ bewegt und ein „grün angestrichener, semikrimineller Verein“ ist? Das würde ich nie behaupten.
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