Deutscher in Bulgarien verhaftet: Festnahme auf Geheiß der Türkei
Mehmet Y. wurde in Bulgarien in Gewahrsam genommen. Die Türkei hatte eine Fahndung über Interpol herausgegeben. Ihm droht die Auslieferung.
Der Mann arbeitete nach Recherchen beider Sender als Flüchtlingsbetreuer in einer kirchlichen Einrichtung in Bonn. Er sei in den vergangenen Jahren mehrfach innerhalb Europas gereist, aber vor seiner Festnahme laut seiner Familie noch nie in Bulgarien gewesen. Auch über das Interpol-Gesuch sei er nicht informiert gewesen.
WDR und NDR liegt das Protokoll seiner Verhaftung in Bulgarien vor. Demnach sei der Fahndungsaufruf mit einer Verurteilung in der Türkei begründet. Ein Gericht in der türkischen Stadt Adana habe ihn wegen angeblicher Tätigkeit in der PKK in Abwesenheit zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
Y. soll dem Bericht zufolge vor der Strafverfolgung nach Deutschland geflohen sein, wo er nach Angaben seiner Familie im Jahr 2001 Asyl erhalten habe. 2009 sei er in Deutschland eingebürgert worden. Die türkischen Behörden hätten ihn danach nicht aus der Staatsbürgerschaft entlassen. Er besitze deshalb sowohl einen deutschen als auch einen türkischen Pass.
Laut seinem Anwalt soll er am Mittwoch dem Haftrichter in Bulgarien vorgeführt werden. Im schlimmsten Fall drohe Y. eine Auslieferung in die Türkei. Weder das Bundeskriminalamt, noch Interpol oder das Justizministerium als beteiligte Behörden äußerten sich auf Anfragen der Sender.
Bulgarien hat in der Vergangenheit Türken, denen deren Heimatland eine PKK-Mitgliedschaft oder Nähe zur Gülen-Bewegung vorwirft, meist an das Nachbarland ausgeliefert. Die türkische Führung macht den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen für den gescheiterten Putsch von 2016 verantwortlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was