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Deutsche Post erwägt UmstellungBald Zwei-Klassen-Zustellung?

Ein schnelles Verschicken von Briefen könnte in Zukunft teurer werden. Die Post erwägt eine Umstellung auf eine Zwei-Klassen-Briefzustellung.

As soon as possible oder eher gemütlich? Wie schnell ein Brief ankommt, könnte in Zukunft die Höhe des Portos entscheiden Foto: Sven Hoppe/dpa

Berlin afp/dpa/taz | Vorbild Deutsche Bahn? Bald könnte das Verschicken von Briefen auch in einem Zwei-Klassen-System erfolgen. Zumindest erwägt die Deutsche Post nach Aussagen des Personalvorstands, das Briefsystem auf die sogenannte Zwei-Klassen-Briefzustellung umzustellen. „Der Verbraucher kann sich entscheiden, mit welchem Tempo sein Brief transportiert wird“, sagte der Konzern-Personalvorstand Thomas Ogilvie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Im Sinne der Angebotspalette halte ich das für einen guten Schritt.“

Das Prinzip, bei dem Briefe, die früher ausgeliefert werden, für Kunden teurer werden würden, gebe es in vielen europäischen Ländern, sagte Ogilvie. Eine Reduzierung der Briefzustellung auf fünf Tage in der Woche sei dagegen kein Ziel, das derzeit verfolgt werde.

Der Post-Personalvorstand zeigte sich überzeugt davon, dass der Brief trotz zuletzt sinkender Sendungsmengen in Deutschland kein Auslaufmodell sei. „Letztlich braucht vor allem auch der Staat einen funktionierenden Briefdienst“, sagte Ogilvie den Funke-Zeitungen. Allerdings werde die Menge weiter zurückgehen.

Die Post plane daher den Rückgang mittels Verbundzustellung auszugleichen. Dabei liefern Briefträger auch kleine Pakete aus. „Auf dem Land werden Pakete und Briefe bereits von einer Person zugestellt. Das Prinzip könnten wir auch auf mehr Regionen ausweiten, um den Briefdienst erschwinglich zu halten“, sagte Ogilvie.

Urabstimmung über Streiks steht an

Bei der Deutschen Post startet an diesem Montag die Urabstimmung über mögliche flächendeckende und unbefristete Streiks aufgrund der gescheiterten Tarifverhandlungen. Bis zum 8. März können die bei der Post beschäftigten Verdi-Mitglieder dazu abstimmen. Sollten mehr als 75 Prozent der Befragten das Tarifangebot des Unternehmens ablehnen, sollen unbefristete Arbeitskampfmaßnahmen eingeleitet werden. Dann könnte es zu erheblichen Verzögerungen bei der Zustellung von Briefen und Paketen kommen.

Verdi fordert einen einjährigen Vertrag mit 15 Prozent mehr Geld. Der Konzern hält dies für wirtschaftlich nicht leistbar und bietet einen zwei Jahre laufenden Tarifvertrag mit verschiedenen Finanzkomponenten an. Außerdem soll die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie über insgesamt 3.000 Euro fließen. Aus Sicht von Verdi reicht das Angebot nicht aus. Fast 90 Prozent der Tarifbeschäftigten gehörten den Entgeltgruppen eins bis drei an und seien somit im besonderen Maße von der hohen Inflation betroffen, da sie einen großen Anteil ihres Einkommens für Nahrungsmittel und Energie aufbringen müssten.

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8 Kommentare

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  • Ich sehe dad Problem nicht. Nachrichten auf Papier zu bringen und dann transportieren zu lassen ist nicht besonders nachhaltig uns es gibt in den meisten Fällen technisch bessere Möglichkeiten. Dort wo es noch unvermeidbar ist, kommt es in den meisten Fällen auf ein paar Tage mehr oder weniger auch nicht an, im Zweifel schickt man elektronisch eine Kopie des Dokuments voraus. Wer dann dennoch unbedingt beschriebenes Papier schnell durch die Gegend transportieren will, der zahlt halt extra. Es hat wenig bis nichts mit der Umwandlung der Post in eine AG zu tun, dass bei sinkendem Briefvolumen aufgrund technischer Alternativen der gleiche Service entweder massiv teurer oder eingeschränkt wird.

  • 6G
    659554 (Profil gelöscht)

    Und der nächste öffentliche Dienst, der kaputtprivatisiert und -gespart wurde.

    • @659554 (Profil gelöscht):

      Jupp! Und der Service wird doch bestimmt besser, oder? Was vorher Standard war darf mensch womöglich bald als "Premium"-Zustellung buchen und extra zahlen, egal. Und ja, "Wettbewerb" (bspw. mit PIN oder bei der Paketzustellung gar Posteigene DHL und andere) ist doch toll. Da kann gespart werden! Wenn auch nur bei den einfachen Angestellt*innen und weniger bei den Vorständen, aber irgendwo muss mensch ja anfangen! Kapitalismus ist einfach großartig! Sollen die Arbeitnehmer*innen einfach schneller und mehr Briefe austragen, dann noch in die richtigen Aktien investieren und *schwupps* sind sie reich. Von Briefträger*in zur Millionär*in!

  • der Zynismus der Sebstbedienungsklasse wird immer spektakulärer. Angetreten mit dem Slogan: "Die Privaten machens besser" und mit breiter Unterstützung der Politik wurde privatisiert auf Teufel komm raus.



    Die Quittung: „Letztlich braucht vor allem auch der Staat einen funktionierenden Briefdienst“, Androhung von Outsourcing in Subunternehmen bei Tarifforderungen, denn Hungerlöhne sind im "Zwei-Klassen-System" inbegriffen, gibts ja auch "in vielen europäischen Ländern" ... usw. das ganze bei exponentieller Steigerung des Reichtums der wenigen Profiteure. 15% mehr für die, die tatsächlich leisten, sind nicht leistbar? Was wir uns als Gesellschaft nicht länger leisten können, sind die, die sich ohne jede Leistung in obszöner Weise bereichern.

  • Und was bitte ist daran so neu ?

    Expresszustellung, Overnight, Telegramme ...



    Postkarte vs. Brief

    • @Bolzkopf:

      Da ham Se och wedder recht.

  • "Eine Reduzierung der Briefzustellung auf fünf Tage in der Woche sei dagegen kein Ziel, das derzeit verfolgt werde."



    Nein, das muss ja auch kein Ziel mehr sein, sondern ist schon gelebte Praxis bzw. heimliches Ziel. Ich bekomme zum Beispiel wie viele andere Menschen auch seit Jahren schon montags keine Post mehr. Die Post behauptet, dass das Sendungsaufkommen an Montagen nur 2 Prozent der Wochenmenge ausmache. Anscheinend werfen keine Menschen freitags oder samstags Post ein. Tja, aber wenn man halt an Freitagen und Samstagen wenig(er) arbeitet, dann kommt montags halt wenig bis nichts an...



    Die Post verdient hochprofitabel Milliarden mit Paketen und damit kann sie nicht das Briefgeschäft querfinanzieren? Anscheinend nicht im Turbokapitalismus...

    • @Bernd Käpplinger:

      "Die Post verdient hochprofitabel Milliarden mit Paketen und damit kann sie nicht das Briefgeschäft querfinanzieren? Anscheinend nicht im Turbokapitalismus..."

      Da Paketgeschäft ist profitabel weil dort Fremdvergabe Normalität ist. Beim Briefgeschäft sind 98 % der Prozesse Eigenbetrieb und dementsprechend deutlich kostenintensiver. Wenn dann eine 15%-Lohnerhöhungsforderung im Raum steht, darf man auf Konzernseite durchaus über das bis dato geführte Modell nachdenken.

      Wer eine ständige Quersubventionierung will sollte eher eine erneute Verstaatlichung der Post fordern.