Deutsche Energiepolitik ohne Russland: Nur, was die FDP erlaubt

Deutschland macht Tempo, um sich von russischen Ressourcen zu lösen. Beim Energiesparen jedoch sind wichtige Maßnahmen weiter tabu.

Piktogramme auf der Fahrbahn weisen Autofahrer auf Tempolimit 80 Stundenkilometer hin

Ein Tempolimit könnte bis zu vier Prozent des deutschen Kraftstoffbedarfs einsparen Foto: Christoph Hardt/imago

BERLIN taz | Mehr alternative Quellen für Öl und Gas, mehr Effizienz und mehr erneuerbare Energien – mit diesen drei großen Zielen will sich die EU unabhängig von Energieimporten aus Russland machen. Deutschland verfolgt offiziell das gleiche Ziel, setzt die Schwerpunkte dabei aber deutlich anders.

Ein besonders hohes Tempo legen Bundesregierung und Parlament derzeit beim Umstieg auf andere Lieferanten für fossile Energie vor: Ein Gesetz, das für den Bau von Flüssiggasterminals an der Nord- und Ostseeküste Ausnahmen bei Umweltverträglichkeitsprüfung und Beteiligungsrechten schafft, wird gerade innerhalb von nur zehn Tagen durch Kabinett, Bundestag und Bundesrat gebracht. Ebenfalls in Rekordzeit verabschiedet wurde ein Gesetz, das die Enteignung deutscher Töchter von ausländischen Energiekonzernen ermöglicht; dies gilt als Voraussetzung dafür, dass die mehrheitlich zum russischen Rosneft-Konzern gehörende Raffinerie im brandenburgischen Schwedt künftig nichtrussisches Öl verarbeitet.

Beim Ausbau der Wind- und Sonnenenergie macht die Bundesregierung ebenfalls Tempo: Ein umfangreiches Gesetzespaket soll die Ausbauziele deutlich erhöhen und die rechtlichen Bedingungen verbessern. Umgesetzt wird dabei aber nur das, was schon vergangenen Herbst im Koalitionsvertrag vereinbart wurde; eine weitere Beschleunigung aufgrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine ist bisher nicht vorgesehen – obwohl vor allem im Solarsektor nach Ansicht von Branchenverbänden kurzfristig noch mehr erreichbar wäre, wenn die Bedingungen verbessert würden.

Auch bei der Effizienz passiert in Deutschland weniger, als möglich wäre. Als Reaktion auf breite Kritik hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag zwar einen „Arbeitsplan Energieeffizienz“ vorgelegt. Aber auch dieser listet keine zusätzlichen Projekte auf, sondern fasst nur zusammen, was die Regierung bereits angekündigt hatte, etwa schärfere Effizienzstandards für Neubauten ab 2023 und 2025, ein weitgehendes Verbot rein fossiler Heizungen ab 2024, mehr Förderung für die Sanierung von Bestandsgebäuden, die Beteiligung der Vermieter am CO2-Preis beim Heizen und eine Ausweitung der Energieberatung.

Kein Tempolimit

Dass die Bundesregierung damit, wie Habeck erklärte, „alle Hebel in Bewegung“ setzt, um unabhängiger von russischer Energie zu werden, stimmt allerdings nicht wirklich. Denn Maßnahmen, die den Energieverbrauch deutlich und sehr kurzfristig senken würden, scheitern bisher am Widerstand der FDP. So hatte das Umweltbundesamt im April berechnet, dass ein Tempolimit von 100 auf Autobahnen und 80 auf Landstraßen knapp 4 Prozent des deutschen Kraftstoffbedarfs einsparen könnte.

Doch das wird von der FDP blockiert. Auch für autofreie Sonntage oder eine Ausweitung von Homeoffice-Arbeit, was den Spritverbrauch ebenfalls reduzieren würde, gibt es in der Regierung keine Mehrheit. Durchgesetzt haben die Liberalen dagegen, dass Benzin und Diesel ab Juni drei Monate lang durch eine Senkung der Energiesteuern deutlich verbilligt werden – was den Verbrauch steigern dürfte, statt ihn, wie politisch gewünscht, zu senken.

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