Demos in Erfurt und Dresden: Tausende gegen rechts
Mehr als 18.000 Menschen demonstrieren in Erfurt gegen demokratische Zusammenarbeit mit der AfD. In Dresden stehen 3.000 Linke gegen 1.000 Nazis.
![Viele Demonstrierende vor einer Kirche, dahinter die Sonne Viele Demonstrierende vor einer Kirche, dahinter die Sonne](https://taz.de/picture/3973546/14/erfurt-demonstration-unteilbar-20200215_140620-1.jpeg)
Mehr als 18.000 Menschen haben sich hier versammelt. Unter dem Motto „#nichtmituns – Kein Pakt mit Faschist*innen: niemals und nirgendwo!“ hatte das Bündnis #unteilbar zur Großdemonstration aufgerufen. Dem Aufruf schlossen sich zahlreiche Initiativen und Organisationen an, darunter Fridays for Future und der DGB-Bundesvorstand.
#unteilbar reagiert mit der Großveranstaltung auf die Wahl des Thüringer FDP-Chefs Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten. Er kam mit Stimmen von CDU, FDP und AfD ins Amt und trat erst nach massiven Protesten aus Politik, Zivilgesellschaft und Medien zurück. „Der 5. Februar 2020 markiert einen Tabubruch“, sagt Anna Spangenberg, Sprecherin von #unteilbar. „Wir widersetzen uns der Normalisierung von nationalistischen und rassistischen Positionen und Handlungen.“
Der Demoteilnehmer Konrad Erben ist in Jena aufgewachsen. Rassismuserfahrungen gehören zu seinem Alltag. Laut einer repräsentativen Befragung der Universität Jena ist ungefähr die Hälfte der Thüringer Bevölkerung davon überzeugt, dass Deutschland in gefährlichem Maße „überfremdet“ sei. „Ich kann mich auf die Straße stellen und anfangen zu zählen – eins, zwei, eins, zwei, eins, zwei, und weiß: Alle Einsen halten mich und Menschen wie mich für eine Gefahr“, erklärt Erben, und kritisiert CDU und FDP scharf: „Diese Grundstimmung wird darüber getragen und legitimiert, dass politische Parteien diese Dinge salonfähig machen. Und hier machen zwei vermeintlich demokratische Parteien eine Partei salonfähig, die offen rassistisch, diskriminierend, homophob und ausgrenzend ist.“
Auch die „Omas gegen rechts“ sind über den Erfurter Tabubruch empört. Mit ihren Schildern und lauten Trillerpfeifen sind sie auf dem Domplatz von Weitem zu sehen und unüberhörbar. Viele von ihnen kommen aus Erfurt, andere sind aus Kiel, Frankfurt, Berlin, Göttingen, Hannover und sogar aus der Nähe von Freiburg angereist. „Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, dass mit demokratischen Mitteln antidemokratische Kräfte an die Regierung kommen“, warnt die Erfurter Oma Uta Schumann. „Wir dürfen keine Faschisten in die Regierung lassen. Das schulden wir schon unserer Verfassung.“
Kurzfristig Nazi-Demo-Route in Dresden geändert
Mehrere Tausend Demonstranten haben am Samstag in Dresden gegen einen sogenannten rechtsextremen Trauermarsch durch die sächsische Landeshauptstadt protestiert. Zu dem Aufzug zur Erinnerung an die Zerstörung der Elbestadt durch alliierte Bomber im Februar 1945 hatte unter anderen die NPD aufgerufen. An dem Marsch beteiligten sich Beobachtern zufolge mindestens 1.000 Rechtsextreme, darunter auch aus Schweden und Kroatien.
Wegen einer größeren Blockade durch die Gegendemonstranten veränderte die Polizei nach Angaben eines Sprechers kurzfristig die Demonstrationsroute der Rechtsextremen, „um die Verhältnismäßigkeit zu wahren“. Ursprünglich wollten die Neonazis durch die Dresdner Altstadt laufen.
Zu den Gegendemonstrationen hatte das Bündnis „Dresden Nazifrei“ aufgerufen. Es seien deutlich mehr Teilnehmer gekommen als erwartet, sagte eine Sprecherin des Bündnisses dem Evangelischen Pressedienst (epd). Alleine auf zwei Demonstrationszügen seien insgesamt etwa 3.000 Menschen gezählt worden. Dazu hätten einzelne Gruppen immer wieder die rechte Demonstrationsstrecke blockiert.
Die Polizei hatte zuvor angekündigt, Proteste gegen den rechten Aufmarsch in Hör- und Sichtweite zuzulassen. Der Polizeisprecher sprach am Samstagnachmittag von einem bislang ruhigen Verlauf. Eine angespannte Stimmung herrsche nicht.
Seit Jahren missbrauchen Rechtsextreme den Kriegsgedenktag und das Datum 13. Februar für ihre Zwecke. Die Bombenangriffe der Alliierten auf Dresden, bei denen zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 etwa 25.000 Menschen ums Leben kamen, jähren sich in diesem Jahr zum 75. Mal.
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