Debatte um umstrittene Chatkontrolle: Deutschland macht Gegenwind​

Die umstrittene Chatkontrolle soll nun eine wichtige Hürde im Rat der EU nehmen. Doch der Widerstand nimmt zu – auch aus der Politik.

Justizminister Buschmann mit einem Smartphone.

Erstmal ohne Kontrolle: Justizminister Buschmann liest in seinem Smartphone Foto: dts Nachrichtenagentur/imago

BERLIN taz | Die Bundesregierung will der umstrittenen Überwachung von per Messenger-Diensten wie Signal und Whatsapp gesendeten Inhalten nicht zustimmen. Das sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Mittwoch der dpa.

Die Chatkontrolle bedeute ein anlassloses und massenhaftes Scannen auch verschlüsselter privater Kommunikation. „Kein Mensch würde auf die Idee kommen, dass ich einem staatlichen Aufseher etwa mein Fotoalbum zur Vorabkontrolle vorlegen müsste, bevor ich einem Freund meine jüngsten Urlaubsfotos zeige“, sagt Buschmann.

Der Justizminister reagiert damit auf ein EU-Vorhaben, über das ursprünglich am Mittwoch, nach aktuellen Plänen nun am Donnerstag im Rat der EU, in dem die Mitgliedstaaten vertreten sind, abgestimmt werden soll. Die Chatkontrolle sieht in der aktuellen Fassung der belgischen Ratspräsidentschaft vor, dass Messenger-Dienste dazu verpflichtet werden können, von Nut­ze­r:in­nen versandte Bilder und Videos zu scannen. Nach den Plänen der EU-Kommission sollen so Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder aufgespürt werden.

Bei Ende-zu-Ende-verschlüsselter Kommunikation, wie sie bei vielen Messenger-Diensten bereits Standard ist, würde das einen Bruch der Verschlüsselung bedeuten – oder die App müsste die Inhalte schon auf den Geräten der Nutzenden scannen. Buschmann hatte sich schon in der Vergangenheit klar gegen das Vorhaben positioniert – doch das Abstimmungsverhalten der Bundesregierung auf EU-Ebene bliebt bislang offen.

Offener Brief warnt vor Chatkontrolle

Parallel dazu warnen Po­li­ti­ke­r:in­nen aus EU und Bundespolitik in einem Brief an den Rat der EU und die Regierungen der Mitgliedstaaten vor einer Zustimmung zu den Plänen. „Als Parlamentarier beobachten wir mit großer Sorge den Vorschlag des Rates der EU, der die Vertraulichkeit der privaten Kommunikation beenden würde“, heißt es in dem Schreiben, das der taz vorliegt.

Statt auf eine Massenüberwachung zu setzen, brauche es einen Ansatz, der die Prävention von sexualisierter Gewalt stärke und auf mehr Ressourcen und eine gezieltere Strafverfolgung setze. Die Zahl der Un­ter­zeich­ne­r:in­nen ist von ursprünglich 36 auf mittlerweile über 50 gewachsen. Mit dabei sind unter anderem Konstantin von Notz von den Grünen und Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP.

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