Debatte um strengere EU-Abgasnormen: Und Deutschland bremst mal wieder
Weil Deutschland sich querstellt, wird es vorerst keine enger gefassten Abgasnormen in Europa geben. Greenpeace kritisiert die deutsche Blockade scharf.
LUXEMBURG rtr | Die Bundesregierung hat eine Einigung auf strengere Abgasnormen für Pkw in Europa vorerst verhindert. Die Umweltminister der 28 EU-Staaten sprachen sich am Montag in Luxemburg dafür aus, einen bereits vorhandenen Kompromiss doch zu ändern. Er wolle sich dafür einsetzen, dass innerhalb der nächsten Wochen ein Konsens erreicht werde, sagte Bundesumweltminister Peter Altmaier.
Damit dürfte das Gesetz zwischen den Ländern und dem EU-Parlament erneut ausgehandelt werden. Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche und EU-Energiekommissar Günther Oettinger stützten die Forderung der Bundesregierung nach Erleichterungen für die deutschen Oberklassewagen-Hersteller. EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard sagte indes, dass es nicht viel Raum für neue Manöver gebe.
Altmaier verteidigte die deutsche Haltung auch gegenüber Kritik von Umweltschutzverbänden. Die Bundesregierung habe in den vergangenen Jahren eine Vorreiterrolle im Umweltschutz übernommen, sagte der Minister. Der Widerstand der deutschen Seite dürfte auch von den anstehenden Koalitionsgesprächen in Berlin beeinflusst sein: Die Grünen hatten sich für strenge Abgasnormen stark gemacht und die Blockadehaltung der aktuellen Bundesregierung kritisiert. Die Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU und Grünen zur Regierungsbildung sind zwar weniger erfolgversprechend als die mit den Sozialdemokraten, doch ist noch keine Entscheidung gefallen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich im Sommer gegen einen Kompromiss gesperrt, der zwischen EU-Kommission, Europaparlament und den meisten Mitgliedstaaten ausgehandelt worden war und strengere Abgasnormen für Pkw ab 2020 vorsah.
Hilfe für Daimler, BMW und Audi
Die Bundesregierung sprach sich zuletzt dafür aus, das Limit erst über einen größeren Zeitraum einzuführen, was vor allem den Oberklasse-Herstellern Daimler, BMW und Audi zugute käme. Der EU-Kompromiss sah vor, dass ab 2020 Neuwagen im europäischen Schnitt nur noch 95 Gramm an Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen dürften. Einem Entwurf zufolge will die Bundesregierung die Hersteller erst vier Jahre später auf dieses Ziel festnageln.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte die deutsche Blockade scharf. Das EU-Parlament müsse jetzt verhindern, Premiumherstellern mehr Rechte zur Verschmutzung einzuräumen. Die schwedische Umweltministerin Lena Ek sagte, die deutsche Position sei gefährlich, weil sich damit der Gesetzgebungsprozess vor den Wahlen zum Europaparlament im Mai 2014 weiter verzögern könne. Für die europäischen Bürger müsse nicht nur aus Gründen des Umweltschutzes eine Lösung gefunden werden, sondern auch um des Wirtschaftswachstums willen.
Das Wachstum langfristig in Gefahr durch zu strengen Klimaschutz sieht dagegen EU-Kommissar Oettinger. „Wer Arbeitsplätze hier halten will und von hier exportieren will, muss immer eine Balance wahren zwischen Klimaschutz und Industriepolitik“, sagte Oettinger auf einer Veranstaltung in Stuttgart. Er sprach sich für den Vorschlag der Bundesregierung aus, emissionsfreie Elektroautos stärker anzurechnen und für Oberklassewagen das Limit erst später gelten zu lassen.
Daimler-Chef Zetsche warnte davor, den Grenzwert von 95 Gramm nach 2020 noch weiter zu senken, wie es dem Parlament vorschwebt. Grenzwerte dürften nicht länger politisch festgelegt werden ohne Rücksicht auf die technischen Möglichkeiten oder das Verhältnis von Aufwand und Nutzen. Der europäische Autoverband ACEA werde mit der Politik darüber sprechen, „wie wir in der nächsten Runde von diesem Teppichhandel wegkommen.“
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