Debatte um Holzheizungen: Klimaneutral mit Fragezeichen

Holzheizungen sind weniger öko, als viele annehmen. Die Bundesregierung hält trotzdem an der Förderung als klimaneutrale Wärmequelle fest.

Rauchende Schornsteine

Romantisch mit Holz heizen ist auch nicht der Burner fürs Klima Foto: avanti/imago

Berlin taz | Holz im Kamin zu verbrennen erzeugt eine angenehme Wärme. Zum Wohlbefinden mag auch beitragen, dass der natürliche Energielieferant als politisch gewünschtes Heizmaterial gilt. Nun jedoch ist eine Diskussion im Gange, ob Holzheizungen wirklich klimaneutral sind.

Ausgelöst hat die Debatte kürzlich eine kleine Änderung im Kohlendioxid-Rechner des Umweltbundesamtes (UBA). Mit diesem Hilfsmittel können Privathaushalte berechnen, wie viel klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) verursacht wird, wenn die Heizung im Keller Wärme produziert, der Durchlauferhitzer das Duschwasser erhitzt, Brot, Gemüse oder Fleisch auf den Tisch kommt, und man mit Auto oder Bus zur Arbeit fährt.

Neuerdings weist der Rechner auch die Klimabelastung durch Holzheizungen aus – was er früher nicht tat. So muss man sich nun damit auseinandersetzen, dass eine Tonne Buchenscheite oder Holzpellets etwa 1,7 Tonnen klimaschädliches CO2 verursacht.

Darüber können im Schwarzwald, dem Allgäu und anderen Regionen, wo die Leute schon immer Bäume absägten, um Bau- und Brennmaterial zu gewinnen, viele nur die Köpfe schütteln. Auch unter Wald­be­sit­ze­r:in­nen und ihren Verbänden regt sich Protest. Umweltschützern dürfte die Argumentation des Amtes dagegen sympathisch erscheinen.

Langsam aufnehmen, schnell abgeben

Die Aussage, dass Holz ein klimaneutraler Brennstoff sei, bezeichnen die UBA-Expert:innen mittlerweile als „zu kurz gefasst“ und „idealisiert“. Dagegen sagt Ulrich Potell, Geschäftsführer des Landeswaldverbandes Baden-Württemberg: „Die neue Ausweisung der Kohlendioxid-Emissionen von Holzheizungen im CO2-Rechner ist irreführend, weil sie den Gesamtzusammenhang des CO2-Kreislaufs von Wäldern auf den Moment der Verbrennung eines Holzscheits reduziert.“ Ähnlich sieht es das Landwirtschaftsministerium in Stuttgart: Das „fragwürdige Kalkulationsmodell“ sende „ein falsches Signal“.

Was aber passiert im Lebenszyklus des Waldes vom Wachsen bis zur Nutzung unter anderem als Brennholz? Beispielsweise eine Buche, die vielleicht 80 Jahre wächst, nimmt jedes Jahr eine gewisse Menge Kohlendioxid aus der Luft auf. Fällt und verfeuert man sie dann, wird das gespeicherte CO2 zum guten Teil wieder frei, und zwar in einem kurzen Zeitraum.

Der aktuelle Ausstoß des klimaschädlichen Gases steige damit deutlich an, argumentiert das UBA – obwohl die Wis­sen­schaft­le­r:in­nen natürlich wissen, dass die über den langen Zeitraum gebundene und schließlich wieder freigesetzte CO2-Menge mehr oder weniger identisch ist. Hinzu kommt: Ersetzt die Försterin den abgesägten Baum durch eine nachgepflanzte, kleine Buche, bindet diese zunächst nicht so viel Kohlendioxid wie die alte, große, die in der Heizung verfeuert wurde.

Verbandsgeschäftsführer Potell ist diese Betrachtung aber zu labormäßig: „Man darf für die Bewertung von CO2-Kreisläufen nicht nur den einzelnen Baum, sondern muss das offene System Wald betrachten.“ In dieser Sichtweise gehen die Wald­be­sit­ze­r:in­nen pfleglich mit ihren Flächen um: Sie roden vielleicht ein kleinen Teil, während der größte Teil des Forstes bestehen bleibt und weiter CO2 einspeichert. „Die Biomasse des Waldes in Deutschland nahm bis zur letzten Bundeswaldinventur stetig zu, nicht ab“, betont Potell.

Das Umweltbundesamt äußert sich dagegen weniger optimistisch. Die Fähigkeit des hiesigen Waldes, CO2 zu binden, reduziere sich, schreiben die Fachleute. Woran das liegt – Dürren, Borkenkäfer, verstärkte Holznutzung – wird möglicherweise die nächste Waldinventur klären, deren Zahlen in diesem Oktober kommen sollen.

Besser als Baumaterial

Dass es den CO2-Ausstoß der Holzverbrennung nun erstmals ausweist, betrachtet das UBA auch als langfristigen Hinweis: Der natürliche Rohstoff lässt sich nachhaltiger nutzen, wenn man ihn beispielsweise als Baumaterial oder zur Möbelproduktion verwendet. Dann bleibt das CO2 länger gespeichert und entweicht nicht auf einen Schlag in die Umwelt. Gegenargument des Waldverbandes: Sowieso würden Bäume heute schon nicht komplett verbrannt, weil etwa die besseren Teile in die Möbelherstellung wanderten.

„Grundsätzlich wird der Wald in Deutschland in einer Weise nachhaltig genutzt, so dass auch seine Funktion, Kohlenstoff zu binden, nicht entscheidend abnimmt“, erklärt Marc Hanewinkel, Professor für Forstwirtschaft der Universität Freiburg. „Trotzdem mag es sein, dass das Verbrennen von Holz für die Wärmeerzeugung eine Übergangstechnologie darstellt, die später im Wesentlichen durch Alternativen ohne Kohlendioxid-Ausstoß ersetzt wird.“

Doch schon jetzt steht die fachliche Einschätzung des UBA, die in der Änderung des CO2-Rechners zum Ausdruck kommt, in einem gewissen Widerspruch zur Politik. Denn während ihres Konflikts über das Heizungsgesetz haben SPD, Grüne und FDP 2023 vereinbart, Holzheizungen als klimafreundliche Alternative zu fördern.

Wenn deshalb Hausbesitzende heute eine solche Anlage installieren und damit eine Öl- oder Gasheizung ersetzen, erhalten sie hohe Zuschüsse des Staates. So zahlt die öffentliche KfW-Bank in jedem Fall eine Grundförderung von 30 Prozent der Kosten. Hinzu kommen weitere 30 Prozent, wenn das zu versteuernde Jahreseinkommen des Haushaltes maximal 40.000 Euro beträgt. Zusätzlich können weitere zehn Prozent fließen, falls zusätzlich zur Holzheizung etwa eine Solaranlage eingebaut wird.

Bei dieser politisch gewollten Förderung einer Heiztechnik, die das Umweltbundesamt für potenziell klimaschädlich hält, soll es auch bleiben, hat das Bundeswirtschafts- und Klimaministerium des Grünen Robert Habeck erklärt: „Eine CO2-Abgabe auf Holz wird es nicht geben.“

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