Debatte um Antifa-Sticker im Bundestag: Kubicki beharrt auf seiner Ordnung

Martina Renner trug einen Antifa-Sticker – und wurde deshalb vom Bundestagsvizepräsidenten gerügt. Die angedrohte Geldstrafe bleibt ihr erspart.

Die Linken-Politikerin Martina Renner in Nahaufnahme. Auf ihrem Blazer: ein Button mit dem Logo der Antifa

Stein des Anstoßes: Martina Renner (Die Linke) mit dem umstrittenen Antifa-Button Foto: dpa

BERLIN taz | Am 26. September herrschte im Bundestag Tumult. Als die Linkspolitikerin Martina Renner „die Gleichsetzung von Faschismus und Antifaschismus verheerend und falsch“ nannte, brüllt AfD-Fraktionschefin Alice Weidel dazwischen: „Sie haben etwas von Antifa! Der Anstecker! Das ist verboten!“ Und: „Das ist Linksterrorismus.“ Renner trug einen recht kleinen Antifa-Sticker an ihrem Jackettrevers. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) erteilte ihr einen Ordnungsruf und drohte eine Geldstrafe an. Das Antifa-Logo störe die Würde des Hauses. Denn die Antifa greife Polizisten an, und „nicht jeder Antifaschist“ sei Demokrat, so Kubicki.

Sticker von Parlamentariern im Parlament sind ein Graubereich. Im Kommentar zur Geschäftsordnung des Bundestages heißt es wolkig, dass das „Tragen von Ansteckplaketten je nach Gegebenheiten und Inhalten eine Verletzung der Würde des Bundestages darstellen könne“. Will sagen: Es ist Geschmackssache, der Bundestagspräsident hat viel Spielraum. Sigmar Gabriel trug 2015 ohne Beanstandung einen „Wir helfen“-Button der Bild-Zeitung – ein in Sachen Würde ja auch problematischer Fall.

SPD-Mann Uli Grötsch redete am 26. September im Bundestag direkt vor Martina Renner – und trug ohne Beanstandung einen Sticker der Eisernen Front. Die war vor 1933 eine Art SPD-Pendant zur KPD-nahen Antifaschistischen Aktion. Es gibt also zwei Klassen von Stickern im Bundestag – würdekompatible und würdegefährende.

Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, will die Angelegenheit am Donnerstag im Ältestenrat des Bundestages noch mal zu Sprache bringen. In einem Brief an FDP-Mann Kubicki schreibt er: „Ein Symbol des Antifaschismus kann die Würde des Hauses nicht verletzen.“ Das Antifa-Logo, das kein Symbol einer bestimmten politischen Gruppe sei, beziehe sich positiv auf die antifaschistische Idee des Grundgesetzes. Und: „Gerade nach Halle müssen Demokraten und Demokratinnen deutlich machen, dass unsere Gesellschaft auf einem antifaschistischen Konsens beruht.“

Kubicki bleibt indes bei seiner Haltung: Renners Antifa-Sticker sei „eindeutig als Provokation gemeint“ gewesen und gefährde die Debattenkultur im Bundestag, heißt es in seiner Antwort. Kubicki warnt in verbindlichem Ton, dass dann jene, „die Provokationen als Geschäftsmodell betreiben“, ermutigt würden. Vor allem aber sei der Ordnungsruf nötig gewesen, „um die notwendige Ruhe im Haus wiederherzustellen“. Es galt, die „tumultartigen Szenen insbesondere aus den Reihen der AfD“ zu beenden. Also ein Ordnungsruf für Linke, damit die AfD Ruhe gibt? Das könnte die AfD ermuntern, künftig erst recht Rabatz zu machen.

Von weiteren Ordnungsmaßnahmen will Bundestagsvize Kubicki absehen. Die Geldstrafe von 1.000 Euro bleibt Renner erspart.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.