Debatte um § 219a: Spahn rüstet ab – verbal
In der Debatte um § 219a scheinen Regierungspolitiker versöhnlicher. Unionspolitiker lehnen eine Änderung aber weiter ab.
Noch ist fraglich, ob in die Debatte um den sogenannten „Werbeparagrafen“ für Abtreibungen, § 219a, neue Bewegung kommt oder ob vor allem viel heiße politische Luft produziert wird.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der jüngst noch Stimmung gegen die GegnerInnen des Paragrafen gemacht hatte, gab sich zumindest nachsichtiger: „Falls es ein berechtigtes, bisher noch nicht abgedecktes Bedürfnis nach objektiven Informationen geben sollte für Frauen, die sich in einer schwierigen persönlichen Lage befinden, werden wir gemeinsam nach Lösungen suchen“, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Nun soll Bundesjustizministerin Katarina Barley ein Gesetz erarbeiten, mit dem auch die Union leben kann.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sagte der Bild am Sonntag: „Das Recht auf Selbstbestimmung von Frauen, nicht nur bei der Heirat, sondern auch bei einer Schwangerschaft, hat für mich eine ganz hohe Priorität“. Das Recht auf Information sei „elementar“.
In Deutschland wird um das Thema Abtreibung wieder gerungen, nachdem die Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt worden war. Sie hatte auf ihrer Webseite darüber informiert, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornimmt.
Verhaltene Reaktionen von Linken und Grünen
Seitdem debattiert die Politik: Grüne und Linkspartei haben Gesetzentwürfe für eine Streichung des § 219a eingebracht, die FDP will nur noch „unlautere Werbung“ unter Strafe stellen. Aus Rücksicht auf ihren Koalitionspartner hatte die SPD, anders als ursprünglich geplant, keinen eigenen Gesetzentwurf eingebracht.
PolitikerInnen der Linken und Grünen reagierten verhalten auf die jüngsten Äußerungen aus den Reihen der Koalition. „Ankündigungen der SPD kann ich kaum noch glauben“, sagte etwa die stellvertretende Chefin der Linksfraktion, Cornelia Möhring, der taz. Da sei viel Vertrauen verspielt worden. Dennoch gebe sie die Hoffnung nicht auf und unterstütze Vorschläge, die in Richtung einer Streichung des Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch gehen würden.
Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, sagte, Spahn habe zumindest verbal abgerüstet. „Wenn man sich seine Äußerung genau anschaut, wird aber klar, dass es inhaltlich keinerlei Kompromissbereitschaft seitens der Union bezüglich 219a gibt.“ Wenn die Koalition es ernst meine, solle sie nun zügig einen Gesetzesentwurf vorlegen.
Die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, sagte der taz: „Es ist weiterhin meine Position, an dem Paragrafen 219a nichts zu verändern.“ Der Grundgedanke sei, an den Beratungsstellen alle nötigen Informationen zu bündeln. Falls es dabei Probleme gebe, müsse das verbessert werden.
Eine Liste wie in Hamburg
Auch den Kompromissvorschlag der FDP lehnt Winkelmeier-Becker ab: „Da, wo Information und Angebot zusammenkommen, ist immer auch Werbung mit verbunden. Jens Spahn twitterte unterdessen schon am Montagnachmittag, eine Änderung des 219a lehne er weiterhin ab. Zumindest aber will der Gesundheitsminister mit Ärzt*innen und Beratungsstellen sprechen, um herauszufinden, wo das Informationsdefizit besteht.
Dieses Vorgehen begrüßt auch Winkelmeier-Becker: „Die Beratung muss gestärkt werden.“ Was sie sich vorstellen könne, wäre eine Liste mit Ärzt*innen, wie das Land Hamburg sie führe, auf der Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Dann aber in Kombination mit einem einordnenden Text, der auch das „Lebensrecht des Ungeborenen berücksichtigt“, sagte die Unionspolitikerin der taz.
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