Debatte über Übergewinnsteuer: Nicht sofort beiseitelegen
Eine Übergewinnsteuer einzuführen ist in Deutschland rechtlich kompliziert. Aber es kann nicht sein, die Idee sofort zu verwerfen.
D ie Demokratie ist wunderbar, aber immer gefährdet, denn sie leidet an einem strukturellen Widerspruch. Demokratien gehen davon aus, dass alle Menschen gleich sind – weswegen jeder Erwachsene genau eine Stimme hat. Doch diese politische Gleichheit spiegelt sich nicht in der Wirtschaft wider. Das Volksvermögen ballt sich in den Händen weniger Familien und Konzerne.
Diese Spannung ist schon im Normalbetrieb schwer auszuhalten, doch in einer Krise wird es politisch gefährlich. Der Ukrainekrieg hat den perversen Effekt, dass die Energiekonzerne zusätzliche Milliarden scheffeln, während ärmere Familien an ihren Heizkosten verzweifeln.
Der Staat muss diese Ungerechtigkeiten minimieren. Sonst ist abzusehen, dass die Rechtsradikalen an Zulauf gewinnen, indem sie sich als Vertreter der „kleinen Leute“ inszenieren. Der damalige italienische Ministerpräsident Mario Draghi hatte diese Gefahr schon im März erkannt – und eine Übergewinnsteuer eingeführt, die Teile der Extraprofite wieder abschöpft.
Allerdings ist die Rechtslage in Deutschland anders. Das Grundgesetz verbietet es, Gleiches ungleich zu behandeln. Konkret: Nicht nur Energiekonzerne machen Übergewinne. Auch die Hersteller von Wärmepumpen oder Photovoltaikanlagen profitieren im Übermaß. Die Autokonzerne wiederum machen Extragewinne, weil sie durch die Corona-Lieferkettenprobleme höhere Preise durchsetzen konnten.
Gebrochenes Gleichheitsversprechen
Das Grundgesetz würde nun verlangen, dass alle Übergewinne gleich behandelt werden. Diese Berechnungen dürften kompliziert sein. Ebenfalls ungeklärt ist, was eigentlich passiert, wenn die Firmen irgendwann ein Minus machen sollten. Bekommen sie dann Geld zurück vom Staat, weil sie „Überverluste“ verbuchen?
Diese Fragen sind nicht trivial. Aber die Antwort kann nicht sein, eine Übergewinnsteuer von vornherein zu verwerfen. Denn für die Demokratie wird es gefährlich, wenn die BürgerInnen das Gefühl haben, dass das Gleichheitsversprechen gebrochen wird – und Wenige hemmungslos profitieren dürfen.
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