Debatte Großbritannien und die EU: Haut doch ab!

Die spinnen, die Briten: Niemand braucht ihr Essen, ihre Musik und ihr endloses Genörgel. Und das in Wembley war verdammt nochmal ein Tor.

Noch weht der Union Jack über dem schottischen Kilmarnock – aber nicht mehr lange. Ha! Bild: reuters

Es brodelt in Europa. Monatelang haben die Menschen mitgefiebert, wer das Rennen macht bei der Schlacht um ... wie hieß das noch gleich? – Na ja, bei dieser Wahl eben, und jetzt soll das alles plötzlich nichts mehr gelten?

Der Unmut bricht sich auf den Straßen des Alten Kontinents ganz ungeschönt Bahn: „Na hören Sie mal, da wird einem vorher gesagt, wir könnten abstimmen über den ... Volkskammerpräsidenten? Aufsichtsratsvorsitzenden? Geliebten Führer? Und jetzt gibt es einen klaren Wahlsieger, nämlich diesen Jean-Claude van Damme und seine Partei da – war der nicht von der CDU? – und jetzt soll da wieder irgendwas gemauschelt werden? Ein Skandal!“ Nur eine Stimme unter Millionen Europäern, die sich um die Früchte des demokratischen Prozesses betrogen fühlen. Jetzt ist sogar schon der spanische König aus Protest dagegen zurückgetreten! Und wer ist Schuld? Natürlich wie immer: die Briten!

Diesmal aber scheinen sie den Bogen überspannt zu haben. „Just do it! Dann gehen sie eben aus der EU raus“, ruft Daniel Cohn-Bendit ihnen in der taz zu. Womit sie ja praktisch schon erledigt sind.

Und tatsächlich: Wer würde das kuriose Inselvölkchen eigentlich vermissen? Und warum? Richtig mitgemacht haben die doch sowieso nie. Rechtsverkehr, Euro, Tollwut - der Brite sagt in einem fort: „No, no, no!“ Zur kulturellen Entwicklung hat er auch nichts beigetragen. Während die deutsche Küche den Kontinent mit kulinarischen Kompositionen wie dem Kleinen Beilagensalat, Currywurst und Steak au four beschenkte, beharren die Briten darauf, niedliche kleine Lämmchen mit grauenhafter Minzsoße zu besudeln und ansonsten die Kartoffeln zusammen mit dem Fisch einfach in die Fritteuse zu werfen. Widerlich.

Gequake von der Insel

Auch die Musik: Fehlanzeige! Man schaue nur auf die Ergebnisse des Eurovision Song Contest in den letzten Jahrzehnten. Niemand will das Gequake von der Insel hören! Anrührendes, engagiertes Songwritertum wie „Ein bisschen Frieden“ oder peppige, moderne Musik, zu der die jungen Leute auch mal ein bisschen tanzen können, wie etwa Lena Meyer-Landrut, kennt man dort nicht. Immerzu heißt es nur „Yesterday“, denn von gestern ist er ja wirklich, der Brite.

Britische Frauen sehen aus wie zu prall in den Kunstdarm eingepresste Leberwürste, bei denen man die Farbstoffe vergessen hat, und kaum kommt eines der Mädel doch mal ein bisschen adretter daher, fährt es direkt vor die nächste Betonwand, sobald es den Kontinent betritt, weil sie eben nicht richtig Auto fahren können (wie gesagt: Linksverkehr!).

Und dann noch die sprichwörtliche britische Humorlosigkeit! Gerne würden wir ja ein bisschen Frohsinn über den Kanal entsenden und als Entwicklungshilfe unsere Garanten der guten Laune wie Mario Barth, Fips Asmussen oder Matthias Matussek dorthin schicken, aber versteht der Brite schon generell keinen Spaß, so wird er geradezu grantig, wann immer Deutsche auf seine Insel kommen wollen, um sie mal ein bisschen auf Vordermann zu bringen. Ach ja, und Fußball spielen können sie natürlich auch nicht. Und gerieren sich dann auch noch als äußerst nachtragend und schlechte Verlierer. Und dann war da ja auch noch Wembley!

Teilen und Wiedervereinigen

Nein, es hat einfach keinen Sinn mit den Briten. Das Problem ist nur: Sie gehen ja doch nicht freiwillig. Seit Jahrzehnten schon reagieren sie stets wie ein schwer erziehbares Kleinkind in der Trotzphase und plärren lauthals „dann machen wir eben nicht mehr mit!“, wann immer die Erwachsenen (Deutschland, Frankreich) etwas Vernünftiges beschließen - und hängen doch weiter an unserem Rockzipfel. Wie werden wir die bloß endlich los?

Es wäre vielleicht an der Zeit, auf bewährte geopolitische Strategien zu setzen, mit denen die EU schon andernorts große Erfolge feiern konnten: Zunächst einmal könnten wir Schottland als souveränen Staat anerkennen. Das hat ja schon mit Slowenien und Kroatien damals sehr gut funktioniert und könnte als Modell auch für Formerly Great Britain stehen.

Anschließend dringen wir auf eine Wiedervereinigung Irlands. Gerade wir Deutschen stehen da ja gewissermaßen historisch in der Pflicht. Da die bei uns damals quasi im Alleingang von Joachim Gauck herbeigeführt wurde, könnten wir den als EU-Sondergesandten nach Belfast schicken. Bei uns ist er ohnehin gerade über, da hätten wir gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Abschließend könnten wir vielleicht noch darauf dringen, dass auch in London ein neuer, endlich mal demokratisch legitimierter Führer an die Macht muss. Gibt es nicht irgendwelche Faschisten, die wir auf den Trafalgar Square schicken könnten, damit Frank-Walter Steinmeier dann am Ende eine Vereinbarung für eine Übergangsregierung der nationalen Einheit mit ihnen schließen könnte? Das funktioniert doch eigentlich immer prima.

Am Ende könnte man dann noch Wales annektieren. Vielleicht will Putin ja tauschen. Gegen die Krim. Dann könnten wir die Ukraine endlich in voller Größe in die EU aufnehmen, und England bieten wir, wie allen Staaten, mit denen wir nichts zu tun haben wollen, eine „privilegierte Partnerschaft“ an. Dann herrscht aber hoffentlich endlich mal Ruhe auf der Insel!

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Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).

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