Dating als schwarze Frau: Wahl, Wahrheit oder Pflicht
Schwarz zu sein, hat Einfluss auf das gesamte Leben. Richtig bewusst wurde das unserer Autorin auf ihrer ersten Klassenfahrt.
H allo, wir kennen uns noch gar nicht, darum sollte ich mich am Anfang vielleicht einmal vorstellen: Ich bin Anna Dushime, 30 Jahre alt und ich bin Schwarz. Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Warum ist es überhaupt wichtig, ob ich Schwarz bin? Aber glauben Sie mir, es ist wichtig.
Es ist nicht so, dass ich schon immer wusste, dass ich Schwarz bin. Klingt komisch, aber hear me out. Meine Eltern sind beide Schwarz und ich habe als Kind viel Zeit damit verbracht, mich (selbstverliebt) im Spiegel anzuschauen.
Auf einer theoretischen Ebene wusste ich also schon immer, dass ich Schwarz bin. Doch ich habe als Kind nie darüber nachgedacht, weil es keine Rolle für mich gespielt hat. Als ich mit elf Jahren nach Deutschland zog, wusste ich schlagartig, dass ich Schwarz bin. Nicht Ruanderin, nicht Tutsi, neben Hutu und Twa eine der drei Ethnien in Ruanda. Nein, von Beginn an war mir klar: Ich bin Schwarz.
Richtig bewusst wurde es mir, als ich auf meiner ersten Klassenfahrt in einer Stadt in der Eifel war. Denn bei „Wahl, Wahrheit oder Pflicht“, einem Spiel, dass Sie sicherlich auch als Kind gespielt haben, wollte mich keiner küssen. Ich kann mir vorstellen, was Sie jetzt denken. Vielleicht fanden mich die anderen einfach nicht attraktiv oder waren schon seit der 3. Klasse in Jenny verliebt, die dann zufällig aufs gleiche Gymnasium kam und dann auch mit auf Klassenfahrt. Das kann auch eine Rolle gespielt haben.
Seine Hand als Schutz
Klar, ausschließen kann ich es nicht. Was ich aber nie vergessen werde, ist, wie Markus aus meiner Klasse, der in echt natürlich anders hieß, sich für Wahl entschied. Sein Herausforderer sagte: „Entweder du küsst Lena (hatte starke Akne) auf die Stirn, oder du küsst Florians Füße oder Anna auf den Mund.“ Das war also die Liga, in der ich mitspielte. Akne-Stirn, eklige Füße oder mein Mund.
Nach gefühlten 40 Tagen und 40 Nächten entschied sich Markus für mich, legte aber seine Hand zwischen unsere Lippen beim Kuss – als Schutz sozusagen. Alle johlten, als wir uns küssten. Aber sie merkten daraufhin auch, dass da etwas zwischen uns war. Seine Hand, come on, keine romantischen Gefühlen. Einige meiner Mitschüler protestierten. Zwischen Protest und Gejohle sagte Markus schließlich: „Ich weiß doch gar nicht, wo sie herkommt.“
Damals sprach ich noch kein Deutsch, erst als mir jemand übersetzte, verstand ich, was er gesagt hatte. Ich schwieg traurig und fühlte mich sehr weit weg von allen. Das ist alles ganz schön lange her, werden Sie jetzt sagen. Und heute geht es zwar nicht mehr um „Wahl, Wahrheit oder Pflicht“, doch dass ich Schwarz bin, hat Einfluss auf mein gesamtes Leben. Auf mein Dating und mein Liebesleben, ob ich das will oder nicht. Darum und um viele andere Dinge soll es nun in meiner Kolumne „Bei aller Liebe“ gehen.
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