Dating-Müdigkeit in Generation 50+: Frau ab 50 und gerne solo
„Boy-Sober“ heißt der Trend: Frauen bleiben alleine statt Männer zu daten. Kein Wunder, findet unsere Autorin – und preist das Single-Leben.
K ürzlich verkündete ein Meinungsforschungsinstitut unter der Überschrift „Boy Sober“ einen neuen Trend: 57 Prozent aller Single-Frauen zwischen 50 und 70 wünschen sich keine Beziehung.
Für diese Erkenntnis hätte es meiner Meinung nach kein Meinungsforschungsinstitut gebraucht. Mit dem unschönen Begriff „Boy Sober“ beschrieb man ja bislang die Männer- Abstinenz als Ausweg aus der Datingmüdigkeit der weiblichen heterosexuellen Millennials und der Generation Z.
Der Guardian fasst die Regeln des Boy Sober so zusammen: No dating apps, no dates, no exes, no hookups. Diese Unlust, sich auf Beziehungen einzulassen, habe nun, laut Meinungsforscher, auch die Frau ab 50 erfasst.
Ein zuständiger Psychologe erklärt auch, warum: Man wisse, dass sich gerade diese Generation in ihren jüngeren Jahren in einem Multiperfektionszwang zwischen Partnerschaft, Familie und Beruf zerrieben habe. Nonsens.
Was die Ursachenforschung völlig außer Acht lässt, ist die Tatsache, dass erfreulicherweise immer mehr Frauen den Mut haben, sich des eigenen Verstandes zu bedienen und das schöne Single-Leben genießen.
Es ist doch ein alter Hut: Wenn es lebensgeschichtlich eine Zeit gibt, in der wir vom Verpaarungswahn und der Zwangsromantik Abstand nehmen können, dann ist es der Frühsommer des Lebens!
Autoritäre Erziehung und keine Ahnung von Feminismus
Nun kann es aber durchaus die eine oder andere 50-plus-Jährige geben, die sich eine Beziehung wünscht und auf der Suche nach einem netten Partner ist. Schwierig.
Ich muss kurz abschweifen: Diese Kolumne soll lieblich-woke sein und keine Pauschalurteile fällen. Trotzdem muss ich es niederschreiben. Triggerwarnung!
Was jetzt kommt, könnte den typischen taz-Leser, männlich 60 plus, verunsichern. Fühlen Sie sich angesprochen und verletzt, bedenken Sie: Es gibt auch immer Ausnahmen, und jeder kann auch im Alter noch an sich arbeiten.
Also: ältere Frauen bleiben auch Single, weil neue Männer, die es wert gewesen wären, den langen Prozess des Kennenlernens und Sich-Anfreundens auf sich zu nehmen, selten in ihr Leben treten.
Männer geraten ja ab ungefähr 50 in ein problematisches Alter bedingt durch folgende Faktoren: autoritäre Erziehung, Nachkriegskinder, keine Ahnung von angewandtem Feminismus oder bereits lebenssatt, resigniert. Dazu kommt oft eine hormonell bedingte toxische Griesgrämigkeit, bei gleichzeitig ungebrochenem Dominanzverhalten. You name it.
Grundsätzlich ist es durchaus möglich, auf reizende, eloquente 70 bis 95-jährige Männer zu treffen, und auch die 15- bis 45-Jährigen geben Anlass zur Hoffnung. Die Generation der 55-plus-Männer ist aber leider verloren.
Natürlich wäre es rein theoretisch möglich, auf einen männlichen Mitmenschen zu treffen, der zwar im schwierigen Männeralter, aber als Mensch so liebenswert und interessant ist, dass die altersbedingten Defizite ausgeglichen werden.
Aber grau ist alle Theorie, und wenn auch die Hoffnung angeblich zuletzt stirbt. Wozu lange hoffen, wenn sich die ältere Single-Frau ein schönes Leben sehr gut allein einrichten kann?
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