Das Guru-Business von Sahra Wagenknecht: Kapitalismus kapiert
Sahra Wagenknecht ist ein wirtschaftlich erfolgreicher Guru. Die Partei Die Linke dagegen, der sie immer noch angehört, ist ein erledigter Fall.
Sahra Wagenknecht hat den Kapitalismus kapiert: Voraussetzung für erfolgreiches Unternehmertum ist immer, dass die eigenen, privatwirtschaftlichen Aktivitäten möglichst lange üppig öffentlich subventioniert werden, möglichst ohne dass dafür eine Gegenleistung erbracht wird. Rund 750.000 Euro hat sie im vergangenen Jahr zusätzlich zu ihren Diäten eingenommen, wie zuerst der Spiegel berichtete. Der hatte vorher schon Wagenknechts Bundestagschwänzen pingelig recherchiert, sie war halt oft krank, und dann gab es, sagt sie, eben so „terminliche Kollisionen“ mit ihrem, sorry echt, Business, wie gesagt: Sie hat es verstanden.
Eine solche Diversifizierung der Einnahmequellen wird einem beim Start in die Selbstständigkeit auch von den entsprechenden Beratungsstellen in den Businessplan reingeschrieben. Und inzwischen kann Wagenknecht selbstbewusst sagen: „Ich kann mir auch eine Perspektive als Schriftstellerin und Publizistin vorstellen.“ Mit anderen Worten, Richtung „ihrer“ Partei und denen, die sie gewählt haben: Danke, ihr Penner – für nichts!
Wobei man eben sehen muss, dass Wagenknecht nicht anders unterwegs ist als ein Guru, ähnlich dem guten alten Bhagwan. Dessen Sektenanhänger:innen fanden auch nichts dabei, wenn der Meister im Rolls-Royce vorfuhr – warum auch? Der Guru sorgt dafür, dass Menschen in einem Paralleluniversum ihr Zuhause finden. Und wenn es ihnen dann erwartungsgemäß zerbröselt, dann suchen sie sich die nächste Gelegenheit zur Realitätsflucht samt charismatischer Figur, von der sie sich betrügen lassen können: Denn die Verletzungen, die sie in der wirklichen Welt erfahren, sind viel schlimmer für sie als aller gefährlicher Quatsch, den die Wagenknechte dieser Welt sich ausdenken können.
Wer den Kapitalismus nicht kapiert hat, ist die Linkspartei. Dabei dichtete schon der von Sahra Wagenknecht geschätzte Brecht: „Das Geld ist gut. Auf das Geld gib acht! Hast du Geld, musst du dich nicht beugen!“ Und die Linke muss sich beugen. Wer mit Menschen, die durch ihr Engagement in der Linken ihren Lebensunterhalt bestreiten, zu tun hat, der hört oft den Satz: Ach ja, die Sahra, die Wagenknecht, schlimm –, natürlich will ich da raus aus dieser schrecklichen Partei, aber ich hab halt noch keinen anderen Job. So schlicht ist es eben manchmal. Dass Wagenknecht die Linke als Tanzbären herumführt und damit sehr gut verdient, schadet ihr nicht, auch nicht moralisch; es schadet ausschließlich der Partei, die sie gewähren lässt, es macht sie moralisch ungeil, es riecht nach Feigheit und Verzweiflung.
WG-Streitigkeiten der 70er
Die ganze Wagenknecht-Diskussion ist im Grunde steril, erinnert in ihrer unendlich zähen Dumpfheit an WG-Streitigkeiten der 1970er Jahre: Einer hat geerbt, will ausziehen, aber die andern haben keine Kohle für die Kaution und quengeln rum.
Wenn ich auf meinen Wahlkreis in Berlin schaue, in einem der ärmsten Kieze der Stadt, dann haben dort bei der Abgeordnetenwahl im Februar über die Hälfte der Wahlberechtigten auf ihr Stimmrecht verzichtet. Die Linke aber hat sogar leicht hinzugewonnen, kam auf 21 Prozent der Stimmen. Es gibt also Potenzial für Parteiarbeit statt Pöstchen-Pupsen. Wenn Sahra dann endlich für sich entschieden hat, ganz auf ihr Business zu setzen, spendet sie vielleicht sogar was – kann sie ja absetzen.
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