Das Ende des Frauenministeriums: Frauen nicht mehr mitgedacht
Merz legt das Bildungsministerium mit dem Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zusammen. Für die Frauenrechte verheißt das nichts Gutes.

S tillschweigend und wie nebenbei schuf die neue schwarz-rote Koalition Fakten. Ganz hinten im Koalitionsvertrag unter der Überschrift „Ressortverteilung“ wurden vor wenigen Wochen das Ministerium für Bildung und das für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nicht mehr getrennt aufgelistet, sondern in einem Atemzug genannt – fusioniert, auf Drängen des künftigen Kanzlers Friedrich Merz.
Öffentlich debattiert wurde das nicht – im Gegensatz etwa zur Frage, ob das Entwicklungsministerium abgeschafft werden sollte. Konsequenzen hat die Fusion aber in jedem Fall. Dabei mag sie mit Blick auf Kitas und Schulen, die künftig in einem Haus stattfinden, sinnvoll erscheinen.
Besorgniserregend hingegen ist die Zusammenlegung der Häuser in Bezug auf den Stellenwert von Frauen. Seit 1986 sind Frauen überhaupt erst namentlich im Ministerium vertreten – zuvor ging es schlicht um Familie, weil Frauen ohne Familie wohl undenkbar waren. Nun zeichnet sich ab, dass beide künftig höchstens noch mitgemeint sind: Im „Bildungsministerium“, wie zur Vorstellung der UnionsministerInnen Medien von Tagesschau bis Bild schrieben, müssen Frauen schauen, wo sie bleiben.
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Wenig ist bisher bekannt über das Verhältnis der designierten Ministerin Karin Prien zur Geschlechterpolitik. Die Unionsquote hat sie mitverhandelt, Gendern an Schulen verboten. Was sie mitbringt, ist Bildungsexpertise – und wenn sie vorstellt, was sie sonst vorhat im neuen großen Haus, klingt das so: Es solle ein „Gesellschaftsministerium“ sein, „in dem alle Themen rund um gesellschaftlichen Zusammenhalt, Generationengerechtigkeit und Demokratiebildung angesiedelt sind.“ Ambitionen in Bezug auf Frauen lassen sich daraus nicht herauslesen – ebenso wenig im Koalitionsvertrag, den Prien für Bildung mitverhandelte.
Zeitgemäß wäre ohnehin, wenn Geschlechterpolitik Querschnittsaufgabe aller Ressorts wäre. Darauf zu hoffen, ist derzeit aber noch utopischer, als zu erwarten, dass Prien die Frauen berücksichtigt.
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