DGB-Beschäftigtenbefragung: Gute Arbeit – für alle?
Migrantische Beschäftigte arbeiten häufiger in prekären Verhältnissen, zeigt eine Untersuchung des DGB. Etwa ein Drittel arbeitet in Helfertätigkeiten.
Menschen mit Migrationsgeschichte sind häufiger in Helfer*innen- und Anlerntätigkeiten, befristeten Arbeitsverhältnissen und zu geringeren Einkommen tätig. Das geht aus einer Untersuchung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) hervor, die der taz vor Veröffentlichung vorliegt. Grundlage des sogenannten Index für Gute Arbeit ist eine repräsentative Beschäftigtenbefragung, die bundesweit prekäre Beschäftigungsmerkmale bei Arbeitnehmer*innen mit und ohne Migrationshintergrund vergleicht.
„Leider landen Menschen mit Migrationshintergrund immer noch überproportional oft in schlechten und unsicheren Arbeitsverhältnissen mit niedrigen Löhnen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel mit Blick auf die Umfrageergebnisse. Einer schnelleren und besseren Integration in den Arbeitsmarkt stehe laut Piel entgegen, dass das Bundesinnenministerium dem Haushaltsentwurf 2025 zufolge weniger als die Hälfte des aktuellen Budgets für Integrationskurse vorsieht.
Der DGB-Studie nach arbeitete ein Drittel der migrantischen Beschäftigten in Helfer*innentätigkeiten, auch „Einfacharbeit“ genannt. Ohne Migrationshintergrund sind lediglich 18 Prozent der Menschen in Deutschland in diesen Berufen. Hier sind die Tätigkeiten besonders von stärkeren körperlichen Anforderungen und Einkommen im Niedriglohnbereich geprägt. Unter den migrantischen Beschäftigten in Einfacharbeit stammte mit 46 Prozent der größte Anteil aus Ländern außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums.
Knapp jede*r vierte Beschäftigte mit Migrationshintergrund sorgt sich laut der DGB-Studie um die eigene berufliche Zukunft, im Vergleich zu 13 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund. Der Anteil an befristeten Beschäftigungsverhältnissen war bei Beschäftigten mit Migrationsgeschichte mit 17 Prozent mehr als dreimal so hoch wie bei der Vergleichsgruppe.
Hinzu kommt, dass sie mit 21 Prozent häufiger in Schichtarbeit tätig waren, während es 12 Prozent der Menschen ohne Migrationsgeschichte waren. Von den Beschäftigten ohne Migrationshintergrund arbeiteten zwei Prozent in einem weiteren prekären Verhältnis: der Leiharbeit. In der Gruppe mit Migrationshintergrund war der Anteil mit sechs Prozent dagegen dreimal so hoch. Schließlich gaben 40 Prozent der migrantischen Beschäftigten an, dass ihr Einkommen gar nicht oder gerade so zum Leben reicht.
Misbah Khan, Grünen-Innenpolitikerin und Bundestagsabgeordnete, sagte der taz: „In den letzten zehn Jahren konnten unsere Unternehmen über die Hälfte des Beschäftigungswachstums nur durch Zuwanderung bewältigen.“ Einwanderung biete eine unverzichtbare Chance, dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.
Weiterhin forderte Khan: „Was wir brauchen, sind gleichwertige Beschäftigungsverhältnisse für alle, die in diesem Land arbeiten und Steuern zahlen. Wir müssen endlich damit aufhören, gefährliche Falschnachrichten dazu zu verbreiten, Menschen mit Migrationsgeschichte würden in diesem Land bevorteilt. Das Gegenteil ist der Fall.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs