Covid-Impfungen in Großbritannien: God save the vaccine

Die Briten können bald mit den Covid-Impfungen beginnen – und die EU muss sich fragen lassen, warum ihre Zulassungsbehörde so langsam arbeitet.

Ein Mann mit grünen Schutzhandschuhen hält eine kleine Ampulle des Corona-Impfstoffs von Biontech zwichen zwei Fingern

Der Impfstoff BNT162b2 von Biontech kann in Großbritannien bald zum Einsatz kommen Foto: BioNTech SE 2020/reuters

Welch gigantische Blamage: Während Großbritannien endgültig aus der EU austritt, schippert eben diese einen heimischen Impfstoff gegen Covid-19 auf die Insel, unfähig, ihn selbst rechtzeitig zuzulassen.

Über 10 Prozent der gemeldeten Covid-19-Fälle bei über 80-Jährigen verlaufen in Deutschland tödlich. Jeden Tag, den diese Menschen auf einen Impfstoff warten müssen, ist ein Tag zu lang. Und deshalb ist das, was der EU-Parlamentarier Peter Liese (CDU) über die britische Notfallzulassung des in Deutschland entwickelten Impfstoffs BNT162b2 von Biontech schreibt, falsch: „Ich halte diese Entscheidung für problematisch und empfehle den EU-Mitgliedstaaten, diesem Beispiel nicht zu folgen“, so Liese – ein von immer mehr Medien geschätzter Experte, der selbst praktizierender Arzt ist.

Es ist genau andersherum: Die europäische Zulassungsbehörde EMA und ihre deutschen Zuarbeiter beim Paul-Ehrlich-Institut müssen sich fragen lassen, warum die Prüfung der klinischen Daten zu dem Impfstoff nicht schneller geht. Liese muss sich fragen lassen, warum es auf EU-Ebene nicht das Instrument einer Notfallzulassung eines Impfstoffs für besonders gefährdete Gruppen gibt, sondern nur eine temporäre Zulassung für alle. Bisher ist bekannt, dass der Impfstoff hoch wirksam ist und selbst bei älteren Menschen mit Vorerkrankungen maximal milde Nebenwirkungen verursacht. Die Zahlen dazu kommen aus einer Auswertung eines unabhängigen Komitees in den USA, das die klinischen Studien überwacht.

Ja, der Zulassungsprozess ist deutlich schneller als sonst, aber offenbar nicht schnell genug: Die EMA wertet Daten klinischer Studien seit Beginn der Überprüfung im Oktober nicht unmittelbar synchron aus, sondern häppchenweise, wie sie auf dem Schreibtisch eintrudeln. Statt so zu tun, als seien die britischen Kollegen voreilige Schwachköpfe, sollten Liese und die EU dringend daraus lernen, wie Großbritannien es geschafft hat, mindestens einen Monat vor Kontinentaleuropa die verletzlichsten Menschen seines Landes vor dem Erstickungstod zu schützen.

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Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.

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