Covid-19 bei Amazon: Corona, eine dornige Chance
Verdi wirft Amazon vor, die Gesundheit seiner MitarbeiterInnen zu vernachlässigen – ein Standort sei Corona-Hotspot. Der Konzern dementiert.
Es gibt diesen Spruch, den Christian Lindner in den 1990ern als Schülerunternehmer in einem TV-Beitrag losgelassen hatte und der vor ein paar Jahren wieder die Runde gemacht hat: „Probleme sind nur dornige Chancen.“
Einer, für den die Coronakrise eine solche „dornige Chance“ ist, heißt Amazon. Der Konzern hat seinen Gewinn in der Krise verdreifacht. Warum das so ist, das liegt auf der Hand: Die Menschen wollen sich vor dem Virus schützen, aber sie wollen nicht auf Konsum verzichten.
Jeff Bezos, der Chef von Amazon, gilt als reichster Mensch der Welt und er wird immer reicher – währenddessen streitet die Gewerkschaft Verdi nicht mehr nur über Tarifverträge, die es für Amazon-Mitarbeiter:innen in Deutschland nicht gibt, sondern auch über die Gesundheit der Beschäftigten. Denn während deren Arbeitsleistung säuberlich kontrolliert werde, vernachlässige der Konzern deren Gesundheit.
Konkret geht es der Gewerkschaft um zwei Standorte: In Graben bei Augsburg spricht Verdi von einem Corona-Hotspot mit 300 Infizierten. Das sei eine Hochrechnung, die auf Aussagen von Beschäftigten basiere und aus verschiedenen Arbeitsschichten zusammengerecht sei, gibt Verdi gegenüber der Süddeutschen Zeitung an, die über den Fall berichtet.
Dementi und Zweifel
Ein Sprecher von Amazon bestreitet das gegenüber der Zeitung und spricht von 31 Infizierten bei mehr als 2.000 Beschäftigten. Auch ein Amazon-Standort in Koblenz steht im Fokus, wo der Konzern angibt, bis zum 26. November die Nachtschicht für zwei Wochen in Quarantäne geschickt zu haben. Jetzt sei hier aber alles wieder gut.
Verdi bezweifelt das und schließt nicht aus, dass Koblenz ein versteckter Hotspot sein könnte, auch weil nur ein Teil der Mitarbeiter getestet worden sei. Die jeweils zuständigen Gesundheitsämter schlagen keinen Alarm; Verdi führt das für den Standort Graben darauf zurück, dass das Einzugsgebiet weit über den Landkreis Augsburg und somit auch das Gebiet des zuständigen Gesundheitsamts hinausreiche.
Was schon klar ist: Das Virus fühlt sich wohl in Logistikzentren, das zeigte das Infektionsgeschehen der letzten Monate an Standorten von DPD und DHL. Und falls Verdi im Streit gegen Amazon recht behalten sollte, dann werden wir das schon bald in aller Deutlichkeit erfahren. Denn so ein Virus lässt sich nicht einfach verstecken.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott