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Coronavirus in DeutschlandÖffnet die Kitas und die Horte

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Richtig entschieden hat die Regierung, den Besuch von Spielplätzen und Zoos zu erlauben. Wer die Ansteckung fürchtet, kann zu Hause bleiben.

Bye-bye, flatterndes rot-weißes Absperrband Foto: Julian Stratenschulte/dpa

J etzt hat das also bald ein Ende mit diesen rot-weißen Flatterbändern um Klettergerüste, Rutschen und Schaukeln. Die MinisterpräsidentInnen der Länder und Kanzlerin Merkel einigten sich am späten Donnerstagnachmittag darauf, dass Spielplätze schrittweise und unter Auflagen wieder öffnen dürfen.

Die VerhandlerInnen nannten zwar keinen eindeutigen Termin, aber feststeht: Es ist ein kleiner Schritt zurück in die Normalität. Wie die auch immer für die einzelnen Menschen aussieht. Die Entscheidung, Kinder und ihre Eltern wieder auf Spielplätze zu lassen – so wie auch in Zoos und Gläubige in Gotteshäuser – ist richtig. Eltern werden aufatmen. Seit Wochen hocken sie mit ihren Kindern zu Hause und wissen trotz größtem Engagement und überbordender Phantasie schon länger nicht mehr, wie sie den Alltag einigermaßen erträglich gestalten sollen.

Kinderlose können sich das sicher ebenso vorstellen. Denn kaum durften manche Geschäfte und Restaurants wieder öffnen, standen Menschen mit Weingläsern und Cocktails in den Händen vor Bars und Kneipen. In gehörigem Abstand. Die meisten Menschen sind diszipliniert, sie halten sich an Abstandsregeln und tragen einen Mund-Nasen-Schutz. Auch Eltern werden auf dem Spielplatz darauf achten, dass ihre Kinder anderen Kindern nicht zu nah kommen.

Das gängige Argument für die Spielplatzschließungen war immer, dass Kinder beim Toben keinen Abstand halten (können). Aber man sollte sowohl Eltern als auch Kinder nicht unterschätzen, Mütter und Väter haben – natürlich – ein Interesse daran, dass sich ihre Kinder nicht infizieren. Zum Wohle der Kinder – und aus Eigenschutz. Man darf sicher auch davon ausgehen, dass Eltern sich zu organisieren wissen: Die einen nutzen mit ihren Kindern den Spielplatz beispielsweise von 10 bis 12 Uhr, andere kommen ab 12.30 Uhr.

Eltern leiden finanziell besonders

Dann bleibt ausreichend Platz für alle. Viele Kinder werden Mundschutz tragen, und die meisten der nicht mehr ganz so Kleinen wissen ohnehin längst, was es heißt, Abstand zu halten. Und auch hier gilt: Lehnen Eltern das ab, weil sie Ansteckungen fürchten, müssen sie weder auf den Spielplatz noch in den Zoo gehen.

Doch Spielplatzöffnungen sind das eine, das andere ist die Rückkehr vieler Menschen in ihr Berufsleben – so sie es nicht infolge der Corona-Pandemie verloren haben. Gerade Mütter und Väter leiden finanziell unter den Einschränkungen. Demnächst sollten auch Kitas, Schulen und Horte wieder geöffnet werden. Zum Wohle der Kinder, der Eltern, der Allgemeinheit.

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14 Kommentare

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  • Auszug aus dem RKI Steckbrief zum Coronavirus SARS CoV-2 "[…] Die hauptsächliche Übertragung erfolgt über Tröpfchen, die beim Husten und Niesen entstehen. […]Vermehrungsfähige Viren in Aerosolen wurden in keiner der Studien untersucht. Auch wenn eine abschließende Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich erscheint, weisen die bisherigen Untersuchungen insgesamt darauf hin, dass eine Übertragung von SARS-CoV-2 über Aerosole im normalen gesellschaftlichen Umgang nicht wahrscheinlich ist."

    Schulen und Kitas sind bisher nirgendwo als Ausbruchsherd nachgewiesen worden. Das waren alles Altenheime und Touristenhochburgen und Großveranstaltungen. In der Tuberkulosefürsorge gelten Kinder als weniger infektiös, da weniger starker Hustenstoß etc..



    Ich finde es unbegreiflich und inakzeptabel, dass Kindern das sonst so hochgelobte Recht auf Bildung abgesprochen wird, ja sogar die Schulpflicht ignoriert wird, aufgrund von bloßen Vermutungen hinsichtlich ihrer Rolle als "Virenschleuder".

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Einmal mehr bin ich froh, nicht in der Stadt zu wohnen. Auf dem Land können die Kinder auch ohne geöffnete Spielplatz draußen toben.

  • 0G
    0103 (Profil gelöscht)

    Derzeit hat es jeder "besonders schwer". Jede Branche, jede Bevölkerungsgruppe, jeder. Die Eltern schreien natürlich, wie immer, besonders laut. Ging es bisher "nur" um Geld und Privilegien, sind nun auch die letzten Mauern gefallen. Für den eigenen Vorteil wird das Leben anderer Menschen infrage gestellt. Eine Entwicklung genau so bedauerlich wie erwartbar. Die Geschichte ist eine Endlosschleife aus menschlicher Dummheit. Und so ermüdend.

    • @0103 (Profil gelöscht):

      Ich möchte, dass meine Kinder wieder zur Schule gehen können, nicht dass sie im Altenheim zu Besuch gehen. Dann fällt das Weihnachtssingen dort eben aus in diesem Jahr. Aber das recht auf Bildung haben sie allemal, das kann nicht durch berufstätige Eltern angemessen erfüllt werden.

  • "Wer die Ansteckung fürchtet, kann zu Hause bleiben."

    Und die taz Redaktion kommt vorbei um den Einkauf zu erledigen?

    • @Rudolf Fissner:

      offensichtlich geht es im Artikel um Spielplätze. Zum Einkaufen wäre das die falsche Adresse.



      Und fürs Einkaufen im Geschäft ist egal, ob der Spielplatz auf ist oder zu.

    • @Rudolf Fissner:

      Das habe ich auch gedacht. Ich würde mir da aber keine große Hoffnungen machen.

      Ich stelle zunehmend fest, dass es praktisch nichts gibt, was man sich nicht liefern lassen kann.

      Je mehr ich das mache, desto weniger werden die Panik-behafteten Einkaufsgänge nötig.

      Die einzigen Außenkontakte sind die Fahrer von DHL, Hermes usw.

      Für das Vitamin D sorgt die Tageslichtlampe, den Rest erledigt der kindle, Netflix und Amazon Prime Video.

  • Gebt besoffen Autofahren frei! Wem das nicht gefällt, kann ja zuhause bleiben.

    Ernsthaft: Wenn wir nicht aufpassen, verbreitet sich das Virus dann wieder klammheimlich und das nächste Mal müssen wir dann drei Monate alles dichtmachen. Wer kann das wollen?

  • "Die Entscheidung, Kinder und ihre Eltern wieder auf Spielplätze zu lassen – so wie auch in Zoos und Gläubige in Gotteshäuser – ist richtig."



    Als Vater zweier Kinder "im Spielplatzalter" mit erheblichem Bewegungsdrang muss ich entgegnen: Medizinische, epidemiologische und ethische Gründe sprechen eindeutig GEGEN die Öffnung von Spielplätzen (und Kirchen, etc.). Nur Unvernunft und Ungeduld vieler hingegen dafür.



    Frau Schmollack, eingedenk welchen Kriteriums gelangen Sie überhaupt zu der Einschätzung, dass diese Einschätzung "richtig" sei? Haben Sie als Kriterium die Übersterblichkeit oder "R" in 2-3 Wochen definiert? Oder ist das Kriterium eher Ihr "Gefühl"?



    Die meisten Menschen wollen nach ein paar Wochen der (im internationalen Vergleich: leichten) Einschränkungen rasch zurück in die "Normalität" bzw. auf den "Ponyhof", von welchem uns dieses blöde Virus vertrieben hat ... Aber mal ehrlich: Wie lächerlich ist das kollektive Gejammer über Einschränkungen in diesem reichen Land? Können wir uns nicht ein paar Wochen disziplinieren, um die Überlebenswahrscheinlichkeit versch. Risikogruppen zu erhöhen? Den Preis "am Ende des Tages" werden vorauss. nicht wir Familien mit (kleinen) Kindern zahlen, sondern Menschen aus best. Risikogruppen ... u.U mit ihrem Leben. Uns Eltern werden die Nachrichten über die stummen Sterbefälle aus Altenheimen, ambulanter Krebsnachsorge etc. im Trubel des Spielplatzlärms nicht erreichen.

    "Eltern werden aufatmen. Seit Wochen hocken sie mit ihren Kindern zu Hause und wissen trotz größtem Engagement und überbordender Phantasie .. nicht mehr, wie sie den Alltag einigermaßen erträglich gestalten sollen."



    Auch diesbzgl. Widerspruch: Natürlich gibt es hier und dort Belastungen in Familien, aber überwiegend muss ich beobachten, dass die meisten Familien diese "Corona-Ferien" intensiv und sehr phantasiereich nutzen.



    Es wäre sehr vernünftig, Spielplätze und Horte weiterhin geschlossen zu halten. Und den kids ein paar Bücher mehr vorzulesen!

  • Wer der Meinung ist, das es wichtig ist, momentan einen Mindestabstand von 1,5 Meter einzuhalten, der kann schwer dafür sein Kindergarten und Grundschule momentan zu öffnen.



    Wir sind seit letzter Woche wieder im Präsenzunterricht mit unserer Abschlussklassen an der Physiotherapieschule. Und schon da fällt es schwer diese Regeln durchzusetzen. Regelmäßig "vergessen" die Schüler gerade die Abstandsregeln.



    Bei kleinen Kindern ist es schlicht unmöglich, diese über einen längeren Zeitraum auf Distanz zu halten. Die Überlegungen gehen momentan dahin, das feste Kleingruppen gebildet werden, die untereinander Spielen können, sich dann aber nicht mit anderen Kindern mischen dürfen. Da aber die Räumlichkeiten begrenzt, die Anzahl des Betreuungspersonals limitiert und einige davon ebenfalls Risikogruppen angehören, ist auch bei diesem Konzept die Anzahl der Kinder, die betreut werden können, ausserst klein.

  • Teil 1

    Ach, wenn alles nur so einfach wäre.

    "Das gängige Argument für die Spielplatzschließungen war immer, dass Kinder beim Toben keinen Abstand halten (können)." War?

    Die Eltern halten die Kinder beim Spielen auf Distanz? Nun, ja. Und geht das überhaupt: Spielen auf Distanz?

    Aber Frau Schmollack vermutet: "Die meisten der nicht mehr ganz so Kleinen wissen ohnehin längst, was es heißt, Abstand zu halten. " Der Optimismus der Autorin in Ehren - aber noch Größere scheitern offenbar daran:

    Eltern berichten dem Bundeselternrat, was sie an den ersten Schultagen beobachtet haben:



    "Ältere, fast erwachsene Schüler also, von denen man denkt, sie verstehen die Abstandsregeln und halten sich daran. Aber selbst die haben ihre Emotionen nicht so im Griff gehabt. Sie haben die Prüfungen geschrieben, danach standen sie dicht zusammen, haben darüber geredet, einige haben sich auch umarmt. An die jüngeren Jahrgänge darf ich da gar nicht denken."

    www.tagesspiegel.d...fahr/25785052.html

    "Wer die Ansteckung fürchtet, kann zu Hause bleiben." Einmal abgesehen von dem unangenehmen Tonfall dieser Äußerung:



    Die von der Autorin offenbar favorisierte Lösung der Separierung derer, die Ansteckung fürchten, das sind v.a. die Älteren und Kranken, ist realitätsfern. Kinder lassen sich auf Dauer nicht von den Älteren fernhalten. Nicht zuletzt, weil die Kinder, weil die Familien auf die 'Alten' angewiesen sind: In Deutschland leisten 21 Millionen Großeltern 4 Milliarden Stunden Erziehungsarbeit; sie sind unentbehrlich für die Kindererziehung; Großeltern sind 'systemrelevant'.

  • Teil 2

    "Wenn beide Elternteile arbeiten, funktioniert der Alltag oft nur, weil die Großeltern einspringen. Schätzungsweise vier Milliarden Stunden wenden die 21 Millionen Großeltern in Deutschland insgesamt jährlich für die Enkel auf. In Zeiten wie diesen wird klar, dass die heutige Elterngeneration Beruf und Familie nur dank des unermüdlichen Einsatzes von Oma und Opa unter einen Hut bekommt."

    www.sueddeutsche.d...g-corona-1.4891627

    Die Frage ist nicht, ob die Kinderspielplätze geöffnet werden sollen, die Frage ist, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist. Der jetzige Zeitpunkt könnte verfrüht sein. Wir hatten in Deutschland bisher sehr viel Glück - ein Glück, um das uns die ganze Welt beneidet -, das wir mit unüberlegten und überstürzten Maßnahmen nicht verspielen sollten. Wir hätten gute Chancen gehabt, die Reproduktionsrate der Pandemie so weit zu verringern, daß einzelne Infektionsketten hätten getrackt und nachverfolgt werden können. Wir waren auf dem besten Weg dahin. Jetzt laufen wir Gefahr, daß wir wieder in die Zone exponentiellen Wachstums der Pandemie geraten (das für viele so schwer verständlich ist).

    Und Kinder können sehr effektive Multiplikatoren der Pandemie sein:



    "Dass Kinder keine oder nur minimale Symptome zeigen, aber doch Überträger von Sars-Cov-2 sein können – also messbar Virenmaterial ausscheiden – haben schon Studien im März nahegelegt. Eine rückblickende Studie mit Betroffenen in Wuhan kommt zu dem Ergebnis, dass Kinder sich genau so häufig ansteckten wie Erwachsene. Zudem gibt es immer mehr Nachweise zu Verläufen, in denen Kinder deutliche Symptome zeigen. Auch Todesfälle sind dokumentiert."

    www.tagesspiegel.d...fahr/25785052.html

  • Also, der Lockdown macht ja schon Sinn, nämlich die Zahl der Infizierten/Toten zu drücken und damit die Ansteckungsgefahr zu reduzieren. Über einzelne Maßnahmen kann man streiten. Spielplätze zu öffnen ist wohl richtig. Bei allen anderen Maßnahmen habe ich so meine Zweifel, denn es funktioniert eben nicht, wie es sich die Autorin wünscht, dass es zu keinen Übertragungen in Kitas/Schulen/Cafés/Müssen kommt. Das ist einfach unsinnig.



    Ich weiß nicht was an dem Vorschlag der Virologen so schwer zu verstehen ist: die Zahlen so weit Herunterschrauben, dass Einzelverfolgung und Isolation möglich ist. Dann kann ja ein fast normal Betrieb erfolgen. Ansonsten werden wir wahrscheinlich demnächst wieder alles schließen müssen. Damit ist doch niemand geholfen.

    • @Surfbosi:

      Natürlich wird es zu Ansteckungen kommen. Aber das eine schließt doch das andere nicht aus. Wenn immer noch nicht vorhanden, müssen endlich die Kapazitäten für die Nachverfolgung aufstockt werden. Es ist doch nicht erst seit gestern bekannt, dass die Nachverfolgung einer der zentralen Punkte ist. Da müssen einfach die finanziellen Mittel locker gemacht werden, damit es nicht daran scheitert.