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Coronapandemie in BrasilienDer Nächste, bitte

Bei über 1.800 Coronatoten pro Tag bekommt Brasilien jetzt den vierten Gesundheitsminister seit Beginn der Pandemie. Ändern dürfte sich wenig.

Covid-Tote brauchen Platz: Friedhof in São Paulo, Brasilien Foto: Andre Penner/dpa

Berlin taz | Queiroga bringe alles mit, um einen guten Job zu machen, sagte Jair Bolsonaro bei einer Ansprache am Montagabend. Gemeint war Brasiliens frisch nominierter Gesundheitsminister Marcelo Queiroga. Der Kardiologe ist bereits der vierte Gesundheitsminister seit Beginn der Pandemie und übernimmt das Amt in der dramatischsten Phase.

Mit durchschnittlich 1.855 Todesfällen pro Tag und 280.000 Coronatoten ingesamt stürzt Brasilien immer tiefer in die Coronakatastrophe. In vielen Bundesstaaten steht das Gesundheitssystem kurz vor dem Kollaps. Mit dem Impfen kommt das größte Land Lateinamerikas nur schleppend voran.

Viele machen Queirogas Vorgänger für das Chaos verantwortlich. Der 3-Sterne-General Eduardo Pazuello, den Kri­ti­ke­r*in­nen auch Pesadello (Albtraum) nennen, leitete für 10 Monate das Ministerium – ohne vorherige Erfahrung im Gesundheitsbereich. Wie sein Chef Bolsonaro spielte auch Pazuello die Pandemie hartnäckig herunter und setzte im Kampf gegen Corona auf ein unwirksames Malaria-Medikament.

Auch bei der Impfkampagne stolperte der angebliche Logistikexperte von einer Panne zur nächsten. Besonders peinlich: Sein Ministerium verwechselt die Bundesstaaten Amazonas und Amapá und verschickte falsche Impfdosen in den Norden des Landes.

Weil im Januar die Sauerstoffversorgung in Krankenhäusern der Amazonasregion zusammenbrach, wird sogar gegen Pazuello ermittelt. Der beruft sich darauf, vor allem die Entscheidungen des Präsidenten ausgeführt zu haben: „Es ist einfach: Einer gibt Befehle und der andere befolgt sie“, sagte er im Oktober.

Der neue Gesundheitsminister Queiroga spricht sich zwar gegen den Einsatz von umstrittenen Medikamenten aus und wird als guter Verhandler beschrieben. Von Lockdowns hält er jedoch auch nichts, und viele kritisieren seine Nähe zu den Söhnen des Präsidenten.

Vor Pazuello war ein Gesundheitsminister von Bolsonaro gefeuert worden, weil er die Empfehlungen der WHO befolgen wollte. Ein anderer, weil er sich gegen den Einsatz des Malaria-Medikaments ausgesprochen hatte.

Am Montag hatte die renommierte Kardiologin Ludhmila Hajjar eine Nominierung zur Gesundheitsministerin ausgeschlagen. Der Grund: Sie glaube an die Wissenschaft. Bolsonaro soll ihr bei einem Treffen gesagt haben: „Du wirst mich aber nicht mit einem Lockdown im Nordosten ficken und dadurch meine Wahl verhindern, oder?“

Dass überhaupt ein Wechsel im Gesundheitsministerium vollzogen wurde, ist wahrscheinlich dem Druck des einflussreichen Mitte-rechts-Blocks zu verdanken. Vor allem, nachdem in der letzten Woche eine Kandidatur des populären Ex-Präsidenten Lula für die Wahl 2022 möglich geworden war, merken Bolsonaro und seine strategischen Part­ne­r*in­nen, dass ihnen der katastrophale Coronakurs auf die Füße fallen könnte. So hatte sich der Impfgegner Bolsonaro zuletzt für Impfungen ausgesprochen und seinen Ton etwas gemäßigt.

Aber für seine Wiederwahl 2022 ist Bolsonaro auf den harten Kern seiner Un­ter­stüt­ze­r*in­nen angewiesen – und die demonstrierten erst am Sonntag erneut ohne Masken und Abstand gegen Corona-Einschränkungen.

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