Coronamaßnahmen in Deutschland: Kommt der Lockdown?
Am Donnerstag läuft die „epidemische Lage nationaler Tragweite“ aus. Was ist zu tun, wenn Expert:innen dennoch Kontaktbeschränkungen empfehlen?
Seit zwei Wochen verkündet das Robert-Koch-Institut täglich neue Covid-Höchstwerte. Inzwischen liegt die bundesweite 7-Tage-Inzidenz bei rund 400 (Neuinfektionen binnen 7 Tagen pro 100.000 Einwohner:innen). Doch ausgerechnet jetzt läuft nach dem Willen von SPD, FDP und Grünen die „epidemische Lage nationaler Tragweite“ aus. Das heißt, ab Donnerstag können die Bundesländer die folgenden Beschränkungsmaßnahmen nicht mehr beschließen: Ausgangssperren und Reiseverbote, Schließung von Gastronomie, Einzelhandel, Hotels und Schulen. Damit wollte vor allem die FDP die Grundrechte von Bürger:innen und Wirtschaft schonen. Was aber ist zu tun, wenn Expert:innen in den kommenden Tagen dennoch einen harten Lockdown empfehlen?
Erstens können sich die Bundesländer selbst helfen. Alle Verordnungen, die an diesem Mittwoch bereits in Kraft sind, dürfen laut Infektionsschutzgesetz bis zum 15. Dezember weiter gelten. Landesregierungen können also an diesem Mittwoch noch entsprechende Verordnungen als Rechtsgrundlage für Ausgangssperren und Shutdowns beschließen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Länder dazu ausdrücklich ermuntert. Baden-Württemberg hat die neue Verordnung schon am Dienstag beschlossen.
Zweitens kann der Bundestag den Ländern helfen, indem er die „epidemische Lage nationaler Tragweite“ erneut feststellt. Dazu ist nur ein einfacher Beschluss des Parlaments erforderlich. Dann könnten die Länder wieder alle oben aufgezählten Maßnahmen anordnen. Für die FDP wäre dieses „Raus-Rein aus der epidemischen Lage“ zwar peinlich, aber sie kann es als „Re-Parlamentarisierung“ der Coronapolitik verkaufen. Nachteil: Die nächste Bundestagssitzung ist erst am 6. Dezember.
Drittens kann der Bundestag auch das Infektionsschutzgesetz ändern und zum Beispiel selbst Ausgangssperren und Shutdown anordnen. Das ist aber etwas aufwändiger, ein neues Gesetz braucht zwei Plenardebatten und eine Ausschussberatung. Binnen einiger Tage müsste dies aber machbar sein, frühestens nach dem 6. Dezember.
Viertens können die Länder Maßnahmen mit ähnlicher Wirkung beschließen, zu denen sie weiterhin befugt sind. Zum Beispiel können besonders strenge „Kapazitätsbeschränkungen“ und „Hygienekonzepte“ angeordnet werden, sodass es sich für Gastronomie, Handel und Hotels einfach nicht mehr lohnt zu öffnen. Statt Ausgangssperren könnten die Länder strenge „Kontaktbeschränkungen“ beschließen, sodass man bei Verlassen des Hauses nur noch Personen des eigenen Haushalts treffen darf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär