Coronagewinner Markus Söder: Wie man als Kanzler posiert
CSU-Chef Söder verkündet nur Selbstverständlichkeiten, die auch sein Konkurrent Laschet predigt. Dennoch ist er der Gewinner in der Coronakrise.
I n den derzeitigen Coronawirren dürften vier Tatsachen als gesetzt gelten. Erstens: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hält sich für den besten Kanzler.
Zweitens: In der CDU sind sich die meisten Mitglieder und Abgeordneten ebenfalls einig, dass der Kanzlerkandidat Söder heißen soll – obwohl er aus der CSU stammt. Ungeklärt ist nur noch, wie man NRW-Ministerpräsident Armin Laschet davon abhalten kann, sich als Kanzlerkandidat vorzudrängeln. Aber irgendwie dürfte es noch gelingen, Laschet zu zermürben – und sei es durch Indiskretionen an die Medien.
Drittens: Die Coronakrise ist die Stunde der Exekutive. Bisher haben alle Politiker profitiert, die entschieden und entschlossen aufgetreten sind. Dies gilt für Jacinda Ardern in Neuseeland genauso wie für Giuseppe Conte in Italien – und eben auch für Kanzlerin Merkel. Umgekehrt sind alle Politiker gescheitert, die in der Coronakrise zu lasch waren. US-Präsident Trump und der britische Premier Johnson sind nur die extremen Beispiele.
Viertens: Die Coronapandemie kehrt zurück. Und zwar mit voller Wucht. Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis sich die Intensivstationen wieder füllen und das Pflegepersonal in den Krankenhäusern knapp wird.
Was bedeuten diese gesammelten Tatsachen für einen Markus Söder? Genau. Er muss den entschiedenen Manager geben. Schon seit Tagen lässt Söder kein Mikrofon aus, um seine Botschaften unters Volk zu bringen. Unter anderem plädiert er für eine national geregelte Maskenpflicht, für eine nationale Koordination der Coronamaßnahmen und eine bundesweit einheitliche Sperrstunde ab 22 Uhr, sobald die Neuinfektionen vor Ort in die Höhe schnellen.
Eigentlich verkündet Söder nur Selbstverständlichkeiten, die auch sein Konkurrent Laschet predigt. So gibt es in Nordrhein-Westfalen bereits eine Sperrstunde – allerdings ab 23 Uhr.
Aber Söder dringt durch, Laschet nicht. Der Kampf um die Kanzlerkandidatur wird noch spannend, denn Politik ist auch Performance.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit