Corona-Pandemie in Sachsen: Quasi-Lockdown für Ungeimpfte
Aufgrund steigender Corona-Zahlen sollen in Sachsen ab Montag deutlich strengere Regeln gelten. Die Landesegierung will 2G einführen.
Die verschärften Coronaregeln sollen ab Montag flächendeckend gelten. Demnach hätten nur noch Geimpfte und Genesene Zugang zur Innengastronomie, zu Clubs, Bars sowie zu Freizeit- und Kultureinrichtungen. Die 2G-Regel soll auch für Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmer*innen gelten – unabhängig davon, ob sie drinnen oder draußen stattfinden. Je nach Anzahl der Besucher*innen können davon zum Beispiel Fußballspiele, Konzerte oder Weihnachtsmärkte betroffen sein.
Bisher konnten Veranstalter*innen in Sachsen selbst entscheiden, ob sie die 2G-Regel anwenden wollen. Dann entfielen Masken- und Abstandspflicht. Künftig sollen diese Vorschriften trotz 2G gelten. Kinder und Jugendliche sowie Menschen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können, sollen – wie auch jetzt schon – von den verschärften 2G-Maßnahmen ausgenommen sein.
Neben der 2G-Regelung sieht die neue Corona-Schutzverordnung auch das Tragen einer FFP2-Maske im öffentlichen Nahverkehr vor. Bislang waren in Sachsen auch OP-Masken erlaubt. Darüber hinaus forderte Dagmar Neukirch, Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Arbeitgeber*innen dazu auf, Arbeitnehmer*innen Homeoffice zu ermöglichen und am Arbeitsplatz die 3G-Regel anzuwenden. Eine Rechtsgrundlage dafür gebe es aktuell nicht.
Sachsen hat die niedrigste Impfquote Deutschlands
Die schwarz-rot-grüne Regierung will die neue Verordnung am Freitag in einer Sondersitzung des Kabinetts beschließen. Es gehe um eine „Prävention in der Pandemie“, sagte Neukirch. Andernfalls müsste man bei einer Überlastung der Krankenhäuser den Notstand ausrufen.
Sachsen ist das Bundesland mit der aktuell zweithöchsten Inzidenz. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts lag die 7-Tage-Inzidenz am Dienstag bei 284,4. Dieser Wert ist im Vergleich zur Vorwoche um 92 Prozent gestiegen. Nur in Thüringen ist die Inzidenz mit 306,5 noch höher. Bundesweit beträgt der Wert 153,7.
Wie aus dem Divi-Intensivregister hervorgeht, befinden sich am Dienstag in Sachsen 878 Coronapatient*innen auf der Normalstation und 205 auf der Intensivstation – 105 davon müssen beatmet werden. Damit sind in Sachsen knapp 15 Prozent der verfügbaren Intensivbetten derzeit mit Covid-19-Patient*innen belegt. In keinem anderen Bundesland ist dieser Wert so hoch. Gleichzeitig hat Sachsen die niedrigste Impfquote. Hier sind nur 59 Prozent der Menschen vollständig geimpft. Auf dem vorletzten Platz liegt Thüringen mit 62,2 Prozent. Zum Vergleich: Bundesweit liegt die Impfquote bei 66,7 Prozent.
Pandemische Lage für Michael Kretschmer nicht beendet
Angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen und Coronapatient*innen in den Krankenhäusern hatte sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bereits vergangene Woche für verpflichtende 2G-Regeln ausgesprochen. „2G ist jetzt ein zwingendes Muss. Die Infektionen bei den ungeimpften Menschen bestimmen diese vierte Welle“, sagte Kretschmer, der sich wegen eines positiven Coronatests seiner Frau derzeit in Quarantäne befindet.
Am Montag fügte er hinzu, die pandemische Lage sei nicht beendet. „Im Gegenteil: Die Infektionszahlen steigen dramatisch, die Krankenhäuser schlagen Alarm. Wir müssen zügig weitere Maßnahmen ergreifen.“ Damit widersprach Kretschmer Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der sich zuvor dafür ausgesprochen hatte, die bundesweite Coronanotlage nach dem 25. November nicht erneut zu verlängern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen