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Corona-Entwicklung in DeutschlandVersagen in entscheidender Phase

Kommentar von Daniel Godeck

Der Bund-Länder-Gipfel über das weitere Vorgehen in Sachen Pandemie bleibt in Ansätzen stecken. Zu mehr Vertrauen in die Maßnahmen führt das nicht.

Sah schon mal glücklicher aus: Angela Merkel nach dem Bund-Länder-Gipfel im Kanzleramt Foto: Stefanie Loos/AFP POOL/dpa

D as, was am Mittwoch im Berliner Kanzleramt zu besichtigen war, kennt man eigentlich nur von dramatischen EU-Gipfeltreffen in Brüssel: Unzählige Stunden saßen die politisch Verantwortlichen zusammen, stritten, verhakten sich, um letztlich mit arg bescheidenem Ertrag nach Hause zu gehen. Faktisch bedeutet das, dass man sich demnächst erneut zusammensetzen muss. Waren das wirklich die 16 Länderchefs, mit denen die Bundeskanzlerin das weitere Vorgehen in der Pandemie besprach?

Ja. Und man möchte fast ein bedauerliches leider hinterherschieben. Denn noch nie in dieser Pandemie hatten sich Angela Merkel, Manuela Schwesig und Co. derart verkeilt, dass man besorgt sein muss. Auch wenn derlei Gespräche nie nur harmonisch abliefen, man erinnere sich nur an den Überbietungswettbewerb, als es im Frühsommer um Lockerungen ging: Bislang hatten sich Bund und Länder immer irgendwie zusammengerauft. Bis jetzt.

Zwar einigte man sich auf neue – und sicher richtige – Maßnahmen zur Pandemieeindämmung, wie etwa weitreichende Kontaktbeschränkungen und eine generelle Sperrstunde für inländische Corona-Hotspots. Nur: Das besonders umstrittene Beherbergungsverbot wurde nicht angetastet. Zu uneins war man sich hier.

Dabei ist der epidemiologische Nutzen dieser Maßnahme gering, und das dadurch entstandene Regelungschaos hat viele nicht nur verwirrt, sondern beim ein oder anderen auch Zweifel in die Coronaregeln insgesamt geweckt. Gerade jetzt, da die Zahl der Neuinfektionen weiter rasant zunimmt und die zweite Welle längst da ist, kommt es auf jede*n Einzelne*n an.

Umso wichtiger wäre hier deshalb ein klares Zeichen von der Kanzlerin und den 16 Ministerpräsident*innen gewesen, mehr Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit. Diese Chance wurde vertan. Mehr noch: Zum ersten Mal in solch einer brenzligen Phase der Pandemie wie jetzt zeigt sich, dass Bund und Länder nicht mehr unweigerlich an einem Strang ziehen. Das lässt für die bevorstehenden Wochen und Monate dieses Corona-Herbstes wenig Gutes erahnen.

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27 Kommentare

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  • Das Beherbergungsverbot und weitere Unannehmlichkeiten werden von der Politik zunehmend als eine Art Bestrafung für ungebührliches Verhalten der Menschen in den jeweiligen Regionen verkauft. Als ob diese Appelle und Drohungen etwas brächten. Eine einzige Feier (z.B. Großfamilie)in einem Landkreis und die schlagartige Infektion von über 100 Leuten lässt in dünn besiedelten Gegenden sofort die Schwelle von 35 oder 50 pro 100.000 reißen. Da können sich 99.900 von 100.000 regelkonform verhalten haben ...

    • @TazTiz:

      An was für Großfamilien denken Sie da?

  • Wer mal wieder in Vielstimmigkeit und Föderalismus in Deutschland das Hauptproblem bei der Pandemiebekämpfung sieht, dem empfehle ich erneut einen Blick nach Frankreich.

    • @Rainer B.:

      Ja, wobei auch USA ein sehr gutes Gegenbeispiel" für Zentralisierung und auch Demokratie und somit Machtkonzentration darstellt: Wahl und Regierungspolitik eines Faschisten - Donald Trump, was sich nicht nur in einer Pandemie negativ auswirkt.

  • Die Politik hat zu Beginn das große Geld rausgeholt, jetzt ist "kein" Geld mehr da und wir schlittern in ein Chaos.

  • 2te Welle kam genau mit Schulanfang ... hmm woran liegt es wohl ..

    wer es nicht errät und nix tut wird Minister.

    • @Mario Rinder:

      Die Sommerferien sind in manchen Bundesländern seit der ersten Augustwoche vorbei, wo hab ich da die rapide ansteigende Covid Zahl gesehen?

      MV Ende Sommerferien 01.08.



      Berlin und das Umland, das mir immer noch unverständlich ein eigenes Bundesland ist, 08.08.



      HH 05.08.

      Corona Zahlen in der Woche drauf, tägliche Fallzahl 12.08. 1320 Fälle pro Tag, aktuell sind es

      • @Sven Günther:

        "Berlin und das Umland, das mir immer noch unverständlich ein eigenes Bundesland ist"

        Plädieren Sie dafür,



        1. Brandenburg zum Dorf mit Waldcharakter zu degradieren und vielleicht noch Potsdam den Bundeslandstatus zu überlassen?;



        2. Brandenburg und Berlin zu vereinigen?;



        3. Berlin und das bevölkerungsdichtere Umland (Speckgürtel) zu vereinigen?

        • @Devil's Advocate:

          Nichts davon.

          Es gab 1996 bereits einen Volksentscheid dazu und die Leute wollten es nicht, auch sind die Probleme der großstädtischen Berlins und des größtenteils ländlichen Brandenburgs nicht identisch.

          Also warum nicht mit jemandem zusammengehen, der in einer ähnlichen Situation ist, z.B. MV.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Mario Rinder:

      Monokausal ist immer gut.

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - merkelt an

    “ [Vorsicht, Satire] Nachdem ein "führender Virologe" der Runde der "Spitzenpolitiker:innen" mitgeteilt hatte, es sei nicht fünf vor zwölf, sondern es sei schon genau zwölf, versuchten die Damen und Herren 90 Minuten lang, ihre Uhren neu zu stellen.



    Bis Markus Söder die Angelegenheit klärte mit dem Ausruf: "Pfeif drauf, ist eh bald Winterzeit!"

  • Nur zur Erinnerung : Die Winzlingsnation Deutschland hat seit Monaten schon doppelt so viele Coronatote wie das Milliardenvolk China. Und bevor jetzt wieder alle schreien das sei doch eh alles gelogen, Südkorea, Taiwan, Thailand, Vietnam... waren in der Covidbekämpfung noch erfolgreicher. Haben wir das verdient?

    • @Super Constellation:

      Paniknachrichten bitte immer mit Link auf Twitter-Quelle zwecks Beglaubigung versehen.

    • @Super Constellation:

      Das ist kompletter Unsinn. Wir sollten uns nicht mit solchen Ländern vergleichen, wir sollten uns mit unseren unmittelbaren Nachbarn vergleichen. Und da stehen wir ganz hervorragend da. Und zwar trotz solcher irreführender Beiträge wie deinem.

      • @Benedikt Bräutigam:

        Wenn Dein Opa an Corona stibt, tröstet Dich dann die Tatsache, dass Dein französischer Nachbar Opa und Oma verloren hat oder Dein amerikanische Freund gar 2 Omas und 2 Opas??

      • @Benedikt Bräutigam:

        Wenn Dein Opa an Corona stibt, tröstet Dich dann die Tatsache, dass Dein französischer Nachbar Opa und Oma verloren hat oder Dein amerikanische Freund gar 2 Omas und 2 Opas??

    • @Super Constellation:

      Verdient sicher nicht - aber gewählt.

  • Was soll die Merkel denn machen, wenn einige "oberschlaue, oberdumme" Minister nicht mitziehen? Lauterbach wurde schon vor Monaten belächelt, als er immer wieder von der zweiten Welle sprach. Ich denke, es war vielen klar, dass die zweite Welle kommt. Auf die Vernunft der Menschen, "unsere Büger sind vernünftig", ein oft gebrauchter DummSatz, nein, darauf kann man nicht hoffen. Warum in dieser Zeit mit 50 Menschen feiern? Warum blöde Nation League Spiele vor 20000 Zuschauern. Es ändert sich nichts! Schlachthöfe....Dummheit und Konsum vernichtet. Haltet durch, nur, die letzte Schlacht haben wir verloren.

    • @RPH:

      Was sie machen soll steht im Grundgesetz, Artikel 65. Das ist eine Bundesrepublik hier, kein Staatenbund wie die USA, und bei allem Föderalismus liegt die Richtlinienkompetenz immer noch beim Regierungsoberhaupt, dem Oberhaupt der Exekutivgewalt - das sich in der BRD zudem auf eine Mehrheit der obersten Legislativgewalt stützen kann.

      Es ist halt dumm gelaufen, wenn die designierten "Thronfolger" sich als Corona-Versager allerersten Ranges entpuppen. Natürlich "kann" Merkel "nichts" machen - denn ihre Auserwählten sind einfach Flachpfeifen.



      Aber das ist ihr eigenes Problem. Alle Menschen im Land für das institutionelle Versagen der CDU/CSU in Geiselhaft zu nehmen, ist jedoch alles andere als rechtsstaatlich.

      • @Ajuga:

        Mit der Richtlinienkompetenz kann Merkel Bundesministern Rahmenvorgaben machen. Gegenüber den Ländern entfaltet diese Vorschrift keinerlei Wirkung. Der Bundesgesundheutsminister kann ebenfalls nur an die Länder appellieren; das Krisenmanagement liegt überwiegend in deren Händen.

        Bleiben Sie bei aktivistischen Texten, denn da können Sie Ihre Energie glaubhaft reinstecken. Fachlich, insbesondere juristisch, sieht es eher mau aus.

      • @Ajuga:

        Wenn man so wenig Ahnung von unserer Verfassung hat, dann solte man hier lieber nicht schreiben.

        • @Benedikt Bräutigam:

          Siehste mal, hier in der taz kann man etwas lernen. Du bist ganz bestimmt ein sehr guter Verfassungskenner.

  • Warum immer dieser Fokus auf das Beherbergungsverbot? Vielleicht hilft es nicht viel bei den Zahlen, aber es illustriert doch wunderbar, wer das Infektionsgeschehen nicht im Griff hat. Und es ist eine tolle Motivation - wenn alle vernuenftig handeln und die Inzidenz generell unter 50 bleibt, dann gibt es ja nicht einmal ein Beherbergungsverbot. Also ran an die Ursachen!

    • @posaunenspieler:

      "Und es ist eine tolle Motivation - wenn alle vernuenftig handeln und die Inzidenz generell unter 50 bleibt, dann gibt es ja nicht einmal ein Beherbergungsverbot."

      Sie sprechen ein großes Wort gelassen aus. Genau so ist es! Da beschweren sich Verantwortungsträger, dass sie die Quittung für ihr Versagen im Amt bekommen. "Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit" - ist das ein Grund- und Menschenrecht in diesem Staat, oder bloß ein nicht bindender Vorschlag?

      • @Ajuga:

        Grundrechte sind Abwehrrechte gegen staatliches Handeln, nicht Ansprüche auf staatliches Handeln.

      • @Ajuga:

        Grundrechte sind primär Abwehrrechte gegenüber dem Staat. Der Staat läuft aber nicht rum und spritzt Leuten Corona oder guckt handlungslos zu, was so passiert, sondern Idioten missachten Infektionsschutzvorschriften und stecken andere Menschen an.