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Co-Vorsitzende der LinksparteiSusanne Hennig-Wellsow tritt zurück

Die Co-Vorsitzende der Linkspartei gibt ihren Posten auf, wie sie auf Twitter mitteilt. Als einen Grund gibt sie den „Umgang mit Sexismus in den eigenen Reihen“ an.

Susanne Hennig-Wellsow tritt ab Foto: Annegreth Hilse/reuters

Berlin dpa/afp | Die Co-Chefin der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, tritt zurück. „Ich stelle heute mein Amt als Parteivorsitzende der Linken mit sofortiger Wirkung zur Verfügung“, schrieb die 44-Jährige am Mittwoch auf ihrer Webseite. Hennig-Wellsow führte die Linke gemeinsam mit Janine Wissler seit Ende Februar 2021.

„Wir haben zu wenig von dem geliefert, was wir versprochen haben“, erklärte Hennig-Wellsow. „Ein wirklicher Neuanfang ist ausgeblieben. Eine Entschuldigung ist fällig, eine Entschuldigung bei unseren Wählerinnen und Wählern, deren Hoffnungen und Erwartungen wir enttäuscht haben.“

Hennig-Wellsow zog ein vernichtendes Fazit des aktuellen Zustands der Linkspartei: „Das Versprechen, Teil eines Politikwechsels nach vorn zu sein, konnten wir aufgrund eigener Schwäche nicht einlösen“, schrieb sie. „Zu wenige Menschen glaubten uns, dass wir bereit und in der Lage wären, dieses Land aktiv gestaltend zum Besseren zu verändern.“

Die Linken-Politikerin äußerte in ihrer Erklärung auch Selbstkritik: Sie habe ihr Ziel, eine Erneuerung der Linken anzustoßen, nicht erreichen können. „Ich weiß um die vermeidbaren Fehler, die ich selbst gemacht habe“, schrieb sie. „Ich weiß auch, dass ich es nicht ausreichend vermocht habe, diejenigen zu überzeugen, die mit Erneuerung vor allem die Angst vor dem Verlust des Vertrauten, der Gewissheiten verbinden.“

Mit Blick auf ihre „private Lebenssituation“ schrieb Hennig-Wellsow, sie habe einen achtjährigen Sohn, „der mich braucht, der ein Recht auf Zeit mit mir hat“.

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Des Weiteren schrieb sie, die nötige Erneuerung der Partei brauche „neue Gesichter, um glaubwürdig zu sein: Die Linke hat es verdient, von Menschen geführt zu werden, die unseren An­hän­ge­r:in­nen und Mitgliedern wieder Mut machen.“

Zudem kritisierte sie, dass der „Umgang mit Sexismus in den eigenen Reihen eklatante Defizite unserer Partei offen gelegt“ habe. „Ich entschuldige mich bei den Betroffenen und unterstütze alle Anstrengungen, die jetzt nötig sind, um aus der Linken eine Partei zu machen, in der Sexismus keinen Platz hat.“

Die Linkspartei kämpft derzeit mit den Auswirkungen eines #Metoo-Skandals. Politikern aus dem Landesverband Hessen werden sexualisierte Übergriffe vorgeworfen.

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21 Kommentare

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  • Ab heute ist mir die Blümchenwerferin sympathisch, auch wenn sie eigentlich nur "um Entschuldigung bitten" kann.

    • @M.Wistrach:

      Mir ist sie bereits seit dem "Bluemchenwurf" sympathisch. Auch wenn sie den Niedergang der Linkspartei nicht aufhalten konnte...

  • Ihren erstgenannten Grund, sie habe einen achtjährigen Sohn, der Zeit benötigt, finde ich merkwürdig. Hat er die als 6/7-Jähriger nicht benötigt, als sie das Amt antrat?

    Sie hatte leider kein Charisma und ist bei den meisten öffentlichen Auftritten mit mangelnden Sachkenntnissen (zuletzt bei jung&naiv) aufgefallen. Zumindest eins von beidem sollte ein Politiker schon haben.

    • @Devil's Advocate:

      "Ihren erstgenannten Grund, sie habe einen achtjährigen Sohn, der Zeit benötigt, finde ich merkwürdig. Hat er die als 6/7-Jähriger nicht benötigt, als sie das Amt antrat?"

      Manchmal ändert sich im Laufe der Zeit etwas. Das kann tatsächlich passieren.

  • Unsere extremen Parteien haben in letzter Zeit immer stärkere interne Probleme. Das Hufeisen glüht an beiden Enden. Positiv ist immerhin, dass sich die Parteienlandschaft zugunsten der demokratischeren Kräfte verschiebt.

  • RS
    Ria Sauter

    Respekt für ihre Entscheidung!

  • Wie so oft in ähnlichen Situationen: Wieso tritt eine aufrichtige Politikerin zurück, während andere, die einen klaren Kurs verhinderten, bleiben 'dürfen'. Was wird aus dieser Partei, die zusammen mit FFF eine wichtige Rolle einehmen könnte ? Wo es doch derzeit keine richtige Opposition gibt.

  • Respekt für diese richtige Entscheidung. Hennig-Wellsow war niemals die Vorsitzende, die die Linkspartei gebraucht hätte, aber sie ist auch nicht Schuld am Niedergang. Sie war einfach zur falschen Zeit auf der falschen Position.



    Mir fällt nur einer ein, der in der Lage wäre, den Niedergang dieser Partei potentiell aufzuhalten, und der ist Fabio De Masi. Leider hat der sich schon vor einiger Zeit verabschiedet, weil er wohl das Sinken des Schiffs vorhergesehen hat.



    Jetzt steht die Linkspartei vor dem Abgrund. Zerstritten im Umgang mit Corona und der Ukraine. In einer Opposition, in der sie mit keinem Oppositionspartner zusammenarbeiten kann, gegen eine linksliberale Regierung, die gerade nichts anbietet, was der Linkspartei zur Aufmerksamkeit verhelfen könnte. Zeitgleich dazu fliegt sie nach und nach aus allen Parlamenten heraus und unterbietet ihre Negativrekorde.

    Kurz gesagt: Diese Partei ist am Ende.

  • Diese Erklärung kommt gefühlt 3 Monate zu spät und zeigt nur die völlige Ohnmächtigkeit, mit der die Führungsspitze der Linken vor den Trümmerresten der Partei steht…

  • Ihr "Blumenstraußwurf" war die coolste politische Aktion, an die ich mich erinnere!

  • Die Linkspartei ist auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit. Der Ukrainekrieg zerreißt die Partei gerade, hinzu kommt die MeToo Debatte.



    Ich prophezeie das die Linke am Ende der Legislatur nicht mehr in Fraktionsstärke im Bundestag sitzen wird.

    Die gute Nachricht für die Linke: In diesem Jahr können Sie bei den kommenden Landtagswahlen keine Mandate verlieren. Sie ist in SH und NRW schon jetzt eine APO Splitterpartei.

    • @Phili:

      Vielleicht benötigt die Linke ja eine Erneuerung - ich würde mal zur Urbanen gucken ...

  • Ein Lehrstück in Sachen Aufrichtigkeit.



    Besonders für viele andere in anderen Parteien.

  • Respekt!



    Die Erklärung von Susanne Hennig-Wellsow empfinde ich nachvollziehbar und ECHT!

    • @Ringelnatz1:

      Geht mir auch so. Mir gefielen auch die beiden Frauen als Führungsteam.

      Trotz allem, was mir an der Partei nicht gefällt.

      Hoffen wir mal, dass jetzt nicht die Untoten nach der Macht greifen.

      • @Jim Hawkins:

        Sympatisch vielleicht - aber Führungsteam? Führung hätte bedeutet, dass sie die verschiedenen Strömungen der Partei zusammenführen, dass nicht ideologische Grundsatzdiskussionen und Randfiguren die Außenwirkung der Partei ausmachen, dass sie Ideen entwickeln und vorantreiben, dass sie ihre Partei auch für Menschen außerhalb ihrer Blase(n) attraktiv machen, dass sie dafür sorgen, dass ihre Partei nicht bei einer Wahl nach der anderen unter 5 Prozent erhält. Die Damen sind ihrer Aufgabe schlicht nicht gewachsen und um zu beurteilen, ob ich sie sympathisch finde, waren sie mir zu unauffällig, zu sehr graue Funktionäre. Mit Sympathiewerten eines Gregor Gysi können sie nicht mithalten.

        • @Ruediger:

          Da haben Sie vielleicht recht.

          Nur wird Gysi den Karren nicht allein aus dem Dreck ziehen können.

          Und wer könnte noch mitziehen?

          • @Jim Hawkins:

            Und da haben wir wieder dasselbe Problem.

            Ich kann mir einfach nicht helfen, die Leute müssen mir sympathisch sein.

            Ramelow fällt da nicht drunter.

            Katja Kipping finde ich gut.

          • @Jim Hawkins:

            Ramelow? Der hat als Ministerpräsident jedenfalls Führungserfahrung, ist pragmatisch, hat schon Wahlen gewonnen und kennt sich mit verfahren politischen Situationen aus

      • @Jim Hawkins:

        Mir auch.



        Auch ihre Einstellung zu meinem speziellen "Freund".