CO2-Ziel der EU für 2040: Immer noch Scheinlösungen
90 Prozent CO2 will die EU bis 2040 einsparen. Klingt ambitioniert, das Problem liegt aber dahinter – die letzten 10 Prozent sind die Kniffligsten.
K limapolitik ist die Welt der großen Zahlen. Um 90 Prozent will die EU-Kommission die Treibhausgasemissionen der Europäischen Union bis 2040 im Vergleich zu 1990 senken.
Das klingt nach viel – fast schon nach der vollständigen Dekarbonisierung. Die will der Staatenbund zehn Jahre später erreichen. Bis dahin nur noch die restlichen paar Prozentpunkte? Das Problem ist: Das werden die schwersten.
Auf manche Fragen haben wir noch keine Antworten. Wenn in Zementöfen Kalkstein zu Zementklinker umgewandelt wird, entsteht bei der chemischen Reaktion Kohlendioxid – selbst wenn der Ofen mit erneuerbarer Energie betrieben wird. Kühe entlassen bei ihrer Verdauung Methan in die Atmosphäre. Das sind Beispiele für klimaschädliche Emissionen, bei denen wir bisher nicht genau wissen, wie wir sie vollständig beseitigen können.
Es liegt auf der Hand, dass es gut wäre, die Probleme möglichst schnell zu lösen, bei denen wir bereits wissen, wie es geht. Dadurch schaffen wir zum Beispiel den Ausstieg aus der fossilen Energieproduktion. Statt Kohlekraftwerken gibt es Windräder, Solaranlagen und Stromspeicher, statt Verbrennern gibt es E-Autos und vor allem strombetriebene Züge, statt Gasheizungen gibt es zum Beispiel Wärmepumpen.
Unerprobte und teure Scheinlösung
Die EU-Kommission hätte deshalb mutiger sein sollen: Sie hätte besser eine höhere Zielmarke für 2040 vorgeschlagen, nämlich 95 Prozent. Und damit es nicht nur beim Vorsichhertragen hoher Zahlen bleibt, hätte sie das direkt mit dem dafür notwendigen praktischen Schritt unterfüttert: dem Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl. Wenn bald EU-Parlament und Mitgliedsstaaten über den Vorstoß der EU-Kommission verhandeln, sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen.
Aber wird sie das tun? Sie selbst hat bisher zwar ein Datum für den Kohleausstieg festgelegt, sich aber noch nicht auf einen Gasausstieg geeinigt. Stattdessen will sie mit ihrer Kraftwerksstrategie neue Gaskraftwerke sogar noch staatlich fördern – und signalisiert Offenheit dafür, die Emissionen mithilfe der CCS-Technologie unterirdisch zu verpressen. Auch die EU-Kommission verweist auf diese Option.
Das ist eine Scheinlösung: Die Methoden sind in großem Stil unerprobt und enorm teuer. Sie sollten nur solchen Fällen vorbehalten sein, in denen es wirklich keine andere Lösung gibt. Die eigentlich große Zahl kommt indes unscheinbar daher: 2023 war die Welt schon um 1,48 Grad heißer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe