CDU Vechta will linken Verein canceln: Gefährliche Rhetorik

Der Verein Contra hat mit dem Gedanken gespielt, Nazis mit dem Grundgesetzt zu verprügeln. Das war spaßig gemeint. Aber die CDU Vechta ist not amused.

Vier Bücher mit dem Grundgesetz liegen während einer Einbürgerungsfeier auf einem Tisch im Ratssaal des Kieler Rathauses.

Mit diesem Büchlein Nazis verprügeln? Der Verein Contra traut sich was Foto: dpa | Frank Molter

Spaß versteht die CDU in Vechta nicht. Jedenfalls nicht, wenn es um das heilige Grundgesetz geht. Und besonders nicht, wenn es linke Gruppen sind, die die Verfassung für einen kleinen Witz nutzen. „Wir kennen doch alle jemanden, den wir damit gerne mal verprügeln würden“, postete der Verein „Contra“ vorige Woche zum Tag des Grundgesetzes und ließ das Bild im Kopf entstehen, wie aufrechte De­mo­kra­t*in­nen mit dem schmalen Büchlein in der Hand Nazis verscheuchen.

„Wer Menschen mit dem Grundgesetz verprügeln will, ist kein Verteidiger der Demokratie“, empörten sich die Christ­de­mo­kra­t*in­nen umgehend über den Post des Vereins, der Veranstaltungen etwa gegen Rechtsextremismus oder Rassismus organisiert – und gefördert wird unter anderem von der Bundesinitiative „Partnerschaft für Demokratie“.

144 Seiten, die die Wucht der deutschen Verfassung beinhalten, können ja auch ganz schön weh tun, das stimmt. Dann ist der CDU egal, von wem der Schlag kommt. Ohnehin: Dem Stadtratsabgeordneten Philip Wilming sind „linksextreme Vereine wie Contra und rechtsextreme Parteien wie die AfD zwei Seiten derselben Medaille“. Wie wir spätestens nach den vergangenen Olympischen Winterspielen gemerkt haben: Die Gleichsetzung ist ähnlich abenteuerlich wie die Aussagekraft der dort errungenen Medaillen, gab es schließlich eine Masse an Dopingverdächtigungen.

Nun will jedoch die CDU dem Verein die Fördermittel streichen. Die Kriminalisierung linker Organisationen und Strukturen, siehe die Razzien bei der Letzten Generation, scheinen gerade sowieso im Trend zu sein – warum dann nicht mit aufspringen auf diesen Zug, ganz im Sinne der altbewährten Symbolpolitik?

Vermeintliche Mitte

Doch sich als vermeintliche Mitte zu positionieren und den politischen Raum mit der Hufeisentheorie zu erklären, ist nicht nur überholtes Wissen aus dem letzten Jahrhundert, sondern eine gefährliche Rhetorik. Denn es impliziert auch, dass es eine moralisch korrekte Mitte gibt. Und diese Mitte legitimiert sich, indem sie Stimmen der angeblichen Ränder als extremistisch degradiert.

Klingt irgendwie auch ziemlich extrem. Oder in Philip Wilmings Worten: „Beim Grundgesetz hört bei uns der Spaß auf.“ Aus Spaß wird offenbar nun Ernst – und das notfalls auch mit aller Härte.

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