Bundeswehr-Enthüllungen der taz: Rechtsextreme Soldaten unterm Radar
Die taz legte ein rechtes Netzwerk in der Bundeswehr und in Behörden offen. Die politisch Verantwortlichen reagieren darauf bisher nur mit Schweigen.
Die taz hatte jüngst offengelegt, wie sich Bundeswehrsoldaten, Polizisten und andere in einem bundesweiten Netzwerk zusammentaten und dort auch Gewalt- und Umsturzpläne besprachen. Sie tauschten sich in Chats und bei realen Treffen aus. Etliche Mitglieder hatten Zugang zu Waffen. Zum Netzwerk gehörte auch der des rechten Terrors verdächtige Soldat Franco A., der sich als syrischer Geflüchteter ausgab. Viele Mitglieder des Netzwerks fühlten sich dem Prepper-Milieu nahe, das sich mit Übungen und Vorräten auf extreme Krisensituationen vorbereitet.
SPD-Innenexperte Uli Grötsch fordert eine „lückenlose Aufklärung“. Das Netzwerk hätte den Behörden viel früher auffallen müssen, so Grötsch. Auch die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann appelliert: „Das ist ein dringlicher Aufruf an alle Demokraten, rechtsextreme Strukturen zu thematisieren.“
Indes: Die Verantwortlichen ducken sich weg. So wird auf der Innenministerkonferenz das rechte Untergrundnetzwerk nach taz-Informationen nicht zu den 70 Tagesordnungspunkten gehören. Schon bei ihrem letzten Treffen im Juni attestierten die Minister der „Prepper“-Szene, eine „generelle Gefährdungslage“ sei „nicht gegeben“. Auffällig seien bisher nur „Einzelfälle“. Es gebe „keine tatsächlichen Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen“ in der heterogenen Szene. Extremisten, die sich unter „Prepper“ mischten, würden aber vom Verfassungsschutz beobachtet.
Oberleutnant im Visier
Darauf verweist auch das Bundesinnenministerium. Ansonsten äußere man sich nicht, so ein Sprecher. Der Komplex betreffe „laufende Ermittlungen des Generalbundesanwalts“.
Das Bundesverteidigungsministerium blockt ab und verweist auf seinen Militärischen Abschirmdienst (MAD), zuständig für Extremismusabwehr in der Bundeswehr. Weder gebe es gewaltbereite Rechtsextremisten in der Bundeswehr noch extremistische Netzwerke, behauptet dessen Präsident Christof Gramm auf taz-Anfrage. „Politisch motivierte Gewaltbereitschaft spielt in der Bundeswehr derzeit keine Rolle.“
Das deckt sich nicht mit den Erkenntnissen der taz. In den Chatgruppen war die Rede davon, am „Tag X“ Linke zu liquidieren und gegen Flüchtlinge vorzugehen. Auch Bundeswehrsoldaten chatteten mit. Der oberste Administrator war André S. alias „Hannibal“ – ein Elitekämpfer des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr, KSK.
Und mit Franco A. ist immerhin ein Oberleutnant im Visier. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, Anschläge auf Politiker geplant zu haben. Seit Jahresbeginn 2017 ermittelt die Behörde gegen A. Später führte sie auch Razzien bei zwei weiteren Mitgliedern des Chat-Netzwerks durch, einer davon Polizist. Momentan entscheidet der Bundesgerichtshof über eine Anklage gegen Franco A.. Die Ermittlungen gegen die weiteren Chat-Mitglieder liefen noch, so die Bundesanwaltschaft.
Waffen für „Tag X“
Der Bundesverfassungsschutz warnt immerhin, dass es in der rechtsextremen Szene Versuche gebe, sich auf einen „Bürgerkrieg“ zwischen einheimischen Deutschen und zugewanderten „Fremden“ vorzubereiten. Dieser „Tag X“ solle bewusst herbeigeführt werden, auch Waffen würden beschafft.
Auch Mecklenburg-Vorpommern will es genauer wissen. Das dortige Innenministerium setzte schon im September 2017 eine Kommission zur „Prepper“-Szene ein. Allerdings liegen bis heute keine öffentlichen Ergebnisse vor.
MAD-Präsident Gramm räumt ein, dass es zunehmende „Graubereiche zwischen Meinungsstärke und Extremismus“ gebe: Die Identifizierung von Rechtsextremisten werde schwieriger. „Das stellt uns vor neue Herausforderungen.“
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