Bundeswehr-Einsatz in Syrien: Grüne eher so „nö“
Die Grünen werden den Einsatz der Bundeswehr gegen den IS wohl ablehnen. Fraktionschefin Göring-Eckardt nennt ihn „planlos und kontraproduktiv“.
Die Grünen haben es sich mit der Entscheidung nicht leicht gemacht. Doch jetzt zeichnet sich ein Nein der Fraktion zu dem Mandat ab, das die Bundesregierung noch diese Woche vom Bundestag beschließen lassen will: „So, wie die Situation jetzt ist, kann ich mir eine Zustimmung zu einem Mandat nicht vorstellen“, sagt Göring-Eckardt.
Ein Großteil der Fraktion werde das Mandat ablehnen, hieß es gestern. Einige der 63 Abgeordneten würden sich wahrscheinlich enthalten. Eine Probeabstimmung fand am Dienstag nach Redaktionsschluss statt.
Seit in der vergangenen Woche die Meldungen über einen Bundeswehreinsatz die Runde machten, diskutiert die Fraktion. Zwar sind die Grünen seit Langem keine pazifistische Partei mehr. Aber ein Einsatz ohne UN-Mandat in einem gefährlichen Krisengebiet mit unterschiedlichsten Playern und Interessen – das ist dann doch eine heikle Frage.
„Ich finde gut, dass wir uns Zeit für die Entscheidung nehmen“, sagt Agnieszka Brugger, die sicherheitspolitische Sprecherin der Fraktion. Die reflexhafte Ablehnung der Linkspartei werde der komplizierten Situation ebenso wenig gerecht wie die blinde Zustimmung der Koalition. Auch Brugger hat sich nach Lektüre des vom Kabinett vorgelegten Mandats entschieden, mit Nein zu stimmen.
Alle Grünen-Abgeordneten sind sich einig, dass die Solidarität mit Frankreich nach den Pariser Attentaten wichtig sei. „Aber Solidarität kann auch heißen, dass man einen Partner darauf aufmerksam macht, dass er einen Fehler begeht“, sagt Göring-Eckardt. Das Argument der Solidarität wiege schwer, betont auch Brugger. Aber auf viele strategische Fragen liefere die Regierung keine oder widersprüchliche Antworten.
Die Grünen irritiert zum Beispiel die Debatte, ob sich die Truppen des syrischen Diktators Assad vielleicht in den Anti-Terror-Kampf einbinden ließen. Ein Mann, der die eigene Zivilbevölkerung mit Fassbomben massakriere, gehöre vor ein Kriegsverbrecher-Tribunal, findet Göring-Eckardt. Was heißt: Jede Kooperation ist ausgeschlossen.
Rechtliche Grundlage nicht tragfähig
Sicherheitsexpertin Brugger glaubt, dass eine solche Zusammenarbeit die Terrorbanden des IS stärken würden. Mehr Menschen in der Region würden sich in so einem Fall radikalisieren, was der IS ausnutzen würde.
Die Grünen halten auch die rechtliche Grundlage des Einsatzes für brüchig. Die Bundesregierung argumentiert, der Einsatz entspreche dem Völkerrecht und dem Grundgesetz. Auch verweist sie auf die Selbstverpflichtung der EU, angegriffenen Partnern beizustehen.
Viele Grüne halten jedoch ein UN-Mandat für notwendig. Vor Kurzem hat sich ein Grünen-Parteitag mit der heiklen Kriegsfrage in Syrien befasst. Die Delegierten fassten einen Beschluss, der die Rolle der Vereinten Nationen betont, auch im Falle eines Militäreinsatzes gegen den IS. Die Fraktion wird sich also jetzt so verhalten, wie es die Partei beschlossen hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“