piwik no script img

Bündnis für Meinungs- und PressefreiheitAppell für Assange

Prominente aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Medien fordern die Freilassung Julian Assanges. Sie sehen den Rechtsstaat in Gefahr.

Sevim Dagdelen, Günter Wallraff und Sigmar Gabriel fordern die Freilassung von Julian Assange Foto: Britta Pedersen/dpa

Berlin taz | Die Kampagne für die Freilassung von Julian Assange nimmt an Fahrt auf. Über 130 Prominente aus Politik, Wissenschaft, Medien und Kultur veröffentlichten am Donnerstag einen gemeinsamen Appell. Darin fordern sie Großbritannien dazu auf, den australischen Whistleblower umgehend aus der Haft zu entlassen.

Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte der Initiator der Kampagne, Investigativjournalist Günter Wallraff, den Appell gemeinsam mit den ehemaligen Bundesministern Sigmar Gabriel (SPD) und Gerhart Baum (FDP) sowie der Linken-Abgeordneten Sevim Dağdelen vor. Wallraff zeigte sich erfreut über die breite und parteiübergreifende Unterstützung.

Unter Verweis auf die Warnungen des UN-Sonderberichterstatters über Folter, Nils Melzer, drücken die Unterzeichner*innen ihre Sorge um das Leben von Julian Assange aus. Melzer hatte den Journalisten und Wikileaks-Gründer im Mai vergangenen Jahres mit einem Ärzteteam in der Haft besucht. Die Ärzte hätten ihm bescheinigt, dass Assange Symptome „langdauernder psychischer Folter“ aufweise. Dessen Haftbedingungen stellten „schwere Verstöße gegen menschenrechtliche und rechtsstaatliche Grundprinzipien“ dar.

„Der Rechtsstaat bewährt sich gerade im Umgang mit schwierigen Menschen“, stellte Gabriel fest. Politische Opportunitätsüberlegungen dürften darauf keinen Einfluss nehmen. Auf seine Amtszeit als Außenminister angesprochen, behauptete Gabriel, er habe damals nichts von den jetzt kritisierten Umständen gewusst.

Pressefreiheit in Gefahr

Sevim Dağdelen sprach von einer „Bankrotterklärung der westlichen Rechtsstaatlichkeit“. Die Linken-Abgeordnete betonte im Gegensatz zu Gabriel, dass sie „schon Sympathien hege für einen Menschen, der Kriegsverbrechen öffentlich gemacht hat“.

Die vierte Gewalt ist mehr als in Gefahr

Günter Wallraff, Journalist

Die USA fordern die Auslieferung des Whistleblowers Assange – in diesem Fall drohten ihm bis zu 175 Jahre Haft. „Ich sitze heute hier, weil die Pressefreiheit kriminalisiert werden soll“, betonte der ehemalige FDP-Innenminister Baum. Auch Wallraff betonte die Bedeutung dieses Falls für die Pressefreiheit: „Die vierte Gewalt ist mehr als in Gefahr.“

Die Unterzeichner*innen des Appells fordern auch die Bundesregierung dazu auf, sich bei der britischen Regierung für eine Freilassung von Assange einzusetzen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts erklärte auf Anfrage der taz, dass die Zuständigkeit des Verfahrens bei der britischen Justiz liege und die Bundesregierung über keine eigenen Erkenntnisse zu den Haftbedingungen verfüge.

Probe für westliche Wertegemeinschaft

Die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion und Unterzeichnerin des Appells, Margit Stumpp, bezeichnete dies als „hohle Phrase“. Das Verhalten der Bundesregierung sei „enttäuschend und mutlos“.

Deutschland und die EU müssten nun klar gegen eine Auslieferung Stellung beziehen. „Es ist nicht übertrieben, von einer Feuerprobe für die westliche Wertegemeinschaft zu sprechen“, erklärte Stumpp der taz.

Die Kampagne möchte weiter Druck ausüben. So wurde bereits eine Webseite eingerichtet, auf der sich weitere Menschen der Initiative mit ihrer Unterschrift anschließen können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Hier der Link zur deutschen Unterstützungskampagne mit Petition.

    germanassangecampaign.org/

  • Patrick Sensburg, eigentlich liberaler CDU-Mann, meinte im DLF, die USA seien ein Rechtsstaat.... soviel zu 175 Jahren Gefängnis für die Veröffentlichung von Kriegsverbrechen.

  • 7G
    75064 (Profil gelöscht)

    Leider ist es der Gegnern Assanges inzwischen gelungen, die sachlich falsche Bezeichnung „Whistleblower“ bis in die TAZ zu tragen. Herr Assange ist niemand, der als Insider Geheimnisse nach außen getragen hat; Herr Assange hat Informationen, die er von bestimmten Quellen erhalten hat, publiziert.



    Ich finde, die Unterscheidung ist wichtig und sollte es anderen Journalisten auch sein.



    Im Übrigen begrüße ich die Kampagne.

    • @75064 (Profil gelöscht):

      "Im Übrigen begrüße ich die Kampagne."

      Das ist wirklich ein breites Bündnis, das die Kampagne trägt. Seltsam, dass prominente Grüne wie Baerbock oder Habeck nicht dabei sind.

      www.reporter-ohne-...r-haft-freilassen/

      • @Rolf B.:

        "Seltsam, dass prominente Grüne wie Baerbock oder Habeck nicht dabei sind."

        Die können es sich bei ihrer Klientel nicht leisten, für einen 'alten, weißen Mann' Partei zu ergreifen, zudem noch eines 'Sexististen' (wenn auch nur verdachtsmäßigen, aber das genügt, ja, wird begierig aufgegriffen, im neuen Zeitalter des Prangers, wie wir wissen).

        Ähnliche Ursachen dürfte es auch gehabt haben, weswegen sich die TAZ in den vergangenen Jahren bei der Berichterstattung über Assange so sehr 'zurückgehalten' hat. Das Feindbild 'alter, weißer Mann, das einige TAZ-AutorInnen so innig pflegen, erlaubt keine Parteinahme für einen solchen.

        Um so begrüßenswerter ist der Artikel von Bettina Gaus - zum Bekennen von Fehlern gehört Mut. Chapeau!

      • 7G
        75064 (Profil gelöscht)
        @Rolf B.:

        Habe mit denen nicht gesprochen ;-)



        Aber ich bin dabei.

  • Nach dem, was hier www.republik.ch/20...der-julian-assange belegt wird, gehört Assange sofort freigelassen, bzw das, was von ihm übrig ist.

    Außerdem stehen Untersuchungen und Verfahren in mehreren Ländern wegen strafrechtlich relevanter Handlungen der beteiligten Behörden im Zusammenhang mit dieser Vernichtungskampagne an.

    Medien können sich weiterhin auf den Standpunkt stellen, dass sie das nicht tangiere, da Assange ja gar kein Journalist sei. Das böse Erwachen kommt schon noch. Es sei denn, man beschränkt sich auf Hofberichterstattung, was das Ziel der Vernichtungskampagne gegen Assange war. Das Exempel am wirkungsvollsten kritischen Journalisten der letzen Jahrzehnte ist längst statuiert, die Botschaft der USA, "legt euch nicht mit uns an" wurde fürs erste erfolgreich verbreitet.

    • @uvw:

      Ja ... "...bzw das, was von ihm übrig ist"..



      ..eben ein mental abgewrackter Mensch, als Rest seines einstigen "Aufrechten Ganges" ! ..psychisch eliminiert..

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Eine seltene Allianz, die Mut macht.

    Von Wallraff, Baum und Dagdelen wissen wir, wofür sie stehen. Gabriel auch in diesem Bunde zu sehen: Chapöchen - mit ö-chen.

    Danke Euch. Hoffentlich kommt die Hilfe noch rechtzeitig für Assange.

  • Kann Julian nicht Asyl in Deutschland beantragen? Hier wäre er gut versorgt.

    • @C.O.Zwei:

      Gabriel hat das in der BPK kategorisch ausgeschlossen.



      Es gäbe im deutschen Recht keine Möglichkeit einem Menschen politisches Asyl zu gewähren, wenn das Herkunftsland als "demokratisch" definiert sei.

      Es geht also nicht über das Asylrecht, sondern müsste eine Politische Entscheidung außerhalb des Asylrechts sein.



      Unsere Regierung ist aber der Meinung, dass Folter an Journalisten kein Grund sei, einzugreifen.

  • Assange ist schwer krank - allein schon deswegen ist es ein Gebot der Menschlichkeit, ihn sofort freizulassen.

    www.republik.ch/20...der-julian-assange