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Buch von Unions-KanzlerkandidatNeue Vorwürfe gegen Laschet

Ein Plagiatsjäger hat eine weitere verdächtige Stelle im Buch des Unions-Kanzlerkandidaten gefunden. Der CDU-Chef selbst schweigt bisher dazu.

Steht im Regen: Armin Laschet bei einem Besuch in der Hochwasserregion Foto: Marius Becker/dpa

Berlin taz | Für einen Moment sah es so aus, als könnte sich Armin Laschet durchlavieren. Nachdem am Donnerstagabend eine mutmaßlich abgeschriebene Textstelle aus seinem 2009 erschienen Buch „Die Aufsteigerrepublik“ in sozialen Medien kursierte, reagierte der Unions-Kanzlerkandidat klug: Er nahm alle Schuld auf sich, bat um Entschuldigung und kündigte an, er werde „unverzüglich die Prüfung des Buchs veranlassen“. Noch am selben Tag entlastete ihn der österreichische Medienwissenschaftler Stefan Weber, der keine weitere Stelle gefunden haben wollte, die plagiiert sein könnten.

Nun aber hat Weber doch eine weitere verdächtige Passage ohne Quellenabgabe entdeckt – und vermutet sogar noch mehr. Laschet habe ein Problem, heißt es in einem Blogeintrag Webers von Montag. Er habe eine Stelle in Laschets Buch gefunden, die stark einem Text des ehemaligen bayerischen Kultusministers Hans Maier ähnele. Die Staatskanzlei NRW wollte sich gegenüber der taz zu den Vorwürfen nicht äußern.

Die verdächtige Textstelle dreht sich um Beispiele für einen „schonenden Ausgleich“ von Grundrechtsansprüchen. Besonders zwei Sätze fallen ins Auge. Bei Laschet heißt es: „Ein Jude kann verlangen, dass seine Sache nicht in einem Gerichtssaal verhandelt wird, in dem ein Kreuz hängt. Jüdischen Geschäftsinhabern kann die Öffnung ihres Ladens am Sonntag erlaubt werden, da sie am Samstag nicht arbeiten dürfen.“

Fast wortgleich steht bei Maier: „So kann ein Jude verlangen, dass seine Sache nicht in einem Gerichtssaal verhandelt wird, in dem ein Kreuz hängt. Jüdischen Geschäftsinhabern kann die Öffnung eines Ladens am Sonntag erlaubt werden, da sie am Samstag wegen des Sabbatgebots keine Verkäufe tätigen dürfen.“

„Die Stellen haben Baerbocksche Qualität“

In einer Mail, die der taz vorliegt, gab Maier gegenüber Plagiatsjäger Weber an, dass sein Text zum ersten Mal 2006 in der Internationalen Katholischen Zeitschrift Communio erschienen ist – und damit früher als Laschets Buch. Maier betont allerdings, es handele sich „um allgemein zugängliche Fakten“.

Der Plagiatsjäger Weber hatte schon die Plagiatsvorwürfe gegen Annalena Baerbock öffentlich erhoben, mit denen sich die Grünen-Kanzlerkandidatin in den vergangenen Wochen auseinandersetzen musste. Nachdem letzte Woche die erste verdächtige Textstelle in Laschets Buch entdeckt worden war, rief Weber noch zu Vorsicht auf: „Eine einzige Stelle ist der Debatte (noch) nicht wert“, schrieb er in seinem Blog.

Inzwischen erkennt er „Baerbocksche Qualität“ bei den verdächtigen Stellen in Laschets Buch, wie er gegenüber der taz erklärte. „Eigentlich sind sie sogar noch schlimmer, weil sie sich in einem Buch befinden, in dem zitiert wurde und das ein Literaturverzeichnis enthält.“ Justiziabel sei das nicht, aber doch gravierend.

Der „Erstfund scheint nun doch sehr wahrscheinlich ein Fingerzeig auf noch mehr als eine weitere Stelle zu sein“, schreibt er auf seiner Website. Werden also noch weitere Plagiatsvorwürfe gegen Laschet auftauchen? Gegenüber der taz machte Weber deutlich, dass eine Prognose nur schwer möglich sei. Er habe sich jetzt „täglich 40 Seiten Detailanalyse Laschet verordnet“.

Wie es um die von Laschet am Freitag angekündigte Prüfung seines Buches steht, bleibt derweil noch unklar. Auf eine taz-Anfrage ließ die Staatskanzlei NRW nur schmallippig verlautbaren: „Diese Prüfung dauert an“. Dazu, wer die Prüfung übernimmt und wann mit Ergebnissen zu rechnen ist, äußerte sich ein Pressesprecher nicht. Die Grünen wollten die Vorwürfe gegen Laschet nicht kommentieren.

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12 Kommentare

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  • Wenn hier Politiker:innen wirklich aus anderen Büchern abschreiben und es als ihr Gedankengut verkaufen, dann stellt sich mir die Frage, ob da Dummheit, Dreistigkeit oder Naivität im Spiel ist. Jemand, der im Rampenlicht steht, muss doch damit rechnen, dass er/sie und das, was er sagt, tut, schreibt, unter die Lupe genommen wird.

  • "Die Grünen wollten die Vorwürfe gegen Laschet nicht kommentieren."

    Da gibt's auch nichts zu kommentieren, das Thema ist irrelevant. Eine genauso irrelevante Nebelkerze wie die Anwendung von Webers Mikro-Zitier"ethik" auf Baerbocks Buch. Rechtlich belanglos und politisch belanglos.

    Herrn Weber dürfte seine skandalistische, unseriöse Salami-Taktik aber vor Allem die Auftragsbücher füllen. Das wage ich mal zu mutmaßen.

    Und Laschet sollte man lieber mal mit der sozialen Lage konfrontieren. Selektives Bildungssystem, prekäre Arbeit, "relative" Armut, grassierende Wohnungsnot: Sieht er überhaupt Handlungsbedarf? Irgendeinen Zusammenhang?

    • @What would The Doctor do?:

      "Und Laschet sollte man lieber mal mit der sozialen Lage konfrontieren. Selektives Bildungssystem, prekäre Arbeit, "relative" Armut, grassierende Wohnungsnot: Sieht er überhaupt Handlungsbedarf? Irgendeinen Zusammenhang?"



      Dieser Aussage ist voll zuzustimmen und ich erachte es als einen Auftrag der Medien, den Blick auf genau solche Fragen zu lenken. Was geschieht mit dem gesellschaftlichen bzw. sozialen Frieden, wenn, wie von der CDU/Union geplant, 10 % der sehr Reichen weitere Entlastungen und Zugewinne erfahren sollen, während Mittel- und Unterschicht zunehmend belastet und benachteiligt werden. Wie kann das "malade" Gesundheitssystem (inkl. der Bezahlung des Pflegepersonals) humaner gestaltet werden?! Diese Themen sind, neben Umweltschutz, letztlich die dringlichen!

  • Wenn allgemeine Aussagen mit Beispielen illustriert werden, sind es fast immer und fast überall dieselben. Kein Text zur Abtreibung kommt ohne Roe vs. Wade aus. So gut wie niemand recherchiert diese bekannten Beispiele unabhängig in Archiven und Primärquellen selbst. Wenn ich irgendwo -- dann allerdings nach Prüfung! -- diese beiden Beispiele für Ausnahmeregelungen für bestimmte Gruppen anführen wollte, nenne ich als Quelle dann die Taz, Laschet, Maier oder suche ich, wo der sie her hatte? Oder ist es bei allgemein verfügbaren Sachaussagen nicht irrelevant, wo genau ich zum ersten Mal auf sie gestoßen bin? Weniges, das ich weiß, habe ich unabhägig selbst herausgefunden. Soll ich künftig auch für Pi=3,14 eine Quelle nennen oder für den Heizwert von Dieselkraftstoff mit 42,5 MJ/kg?



    Die angeführten Sätze beschreiben eine Sachaussage knapp und mit möglichst wenigen Worten. So viele verschiedene Möglichkeiten gibt es nicht, das zu tun. Und so besonders ähnlich sind die zitierten Sätze über den identischen Sachinhalt hinaus nun wirklich nicht.



    Natürlich habe ich keinerlei Beweis, daß Laschet nicht abgeschrieben hat. Vielleicht hat er. Aber die bisher gezeigten angeblichen Belege dafür sind lächerlich.

    • @Axel Berger:

      Sach mal so - “lächerlich“ - hm.

      Aber de Ocher Prent braucht dringend nen eulichen PR-Mann! Newahr.



      Wie wär’s? & Steffen Seibert wird sicher auch gern mal wieder was anderes machen - als den lögenhaften Bundesreichsfähnleinföhrer. Gellewelle.



      Normal Schonn - wa.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Zum Foto:



    Er müsste mal die Brille putzen.



    Wird ihm aber auch nicht nutzen.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Nunja - Maiers Hans - Verbreitet Glanz.



      Leider jedoch - Für ein Zitat -



      Lasset - Ist es jetzt zu spat!

      kurz - Kommt’s mit de Ocher Prent



      Langsam auf ein - katolsches End?

  • Und außerdem war auch noch ein Komma falsch gesetzt.

  • Kann nicht KI klären, wer das alles geschrieben hat, was unter der Autorenschaft der Politiker:innen als Publikation so kursiert? Der Stil ist doch oft prägend, die Wortwahl auch.

  • Laschet hat also ein Problem.

    Meines Erachtens wird dieser "Plagiagjäger" Weber viel zu wichtig genommen. Und die Presse macht munter mit.

    Letztlich hilft es nur, von den wirklichen Problemen Laschets abzulenken. Derer es ja genügend gibt.

  • Bis zur Wahl wird der ein oder andere das Buch Laschet wohl tatsächlich gelesen haben. Immer wieder erstaunlich, was Wahlen so alles bewirken können.