piwik no script img

Braunkohleabbau in OstdeutschlandKohlekonzerne sollen Lausitz retten

Die Gebiete der ostdeutschen Tagebaue drohen nach ihrem Ende zu vertrocknen. Der Kohlekonzern Leag soll dafür Milliarden zahlen, fordern die Grünen.

Der ehemalige Braunkohletagebau und zukünftige Ostsee bei Cottbus Foto: Patrick Pleul/dpa

Berlin taz | Es ist vermutlich die am wenigsten betrachtete Hinterlassenschaft, die der Braunkohletagebau zu verantworten hat: Er trocknet ganze Landstriche aus. Weil Braunkohle nur im trockenen Zustand abgebaut werden kann, müssen Pumpen unentwegt das Grundwasser absaugen. In der Lausitz ging das nun mehr als einhundert Jahre so, insgesamt wurden 58 Milliarden Kubikmeter Grundwasser abgepumpt und über die Flüsse Spree, Schwarze Elster und Neiße ins Meer geleitet – in der Spitze 15 Kubikmeter pro Sekunde, also 125 Badewannen voll. Wasser, dass der Lausitz jetzt fehlt. Zum Vergleich: Europas größter Trinkwasserspeicher, der Bodensee, hat nur 50 Milliarden Kubikmeter Wasser.

Wie umgehen mit diesem wenig betrachteten Erbe? Dazu haben am Donnerstag bündnisgrüne Fachpolitiker aus den Spree-Anrainer-Ländern Sachsen, Brandenburg und Berlin einen Maßnahmen-Katalog verabschiedet, der der Politik helfen soll. So sollen die Tagebaubetreiber in eine „Braunkohlefolgenstiftung“ einzahlen, um die Sanierung des Wasserhaushalts nach dem Verursacher-Prinzip bezahlen zu können.

„Es wurde viel zu lange versäumt, die Finanzierung der Ewigkeitskosten langfristig abzusichern“, erklärt der Bundestagsabgeordnete Bernhard Herrmann, der „mindestens einen zweistelligen Milliardenbetrag“ für notwendig hält. Zudem sollen Gewässer – auch die Spree – renaturiert werden, um Wasser länger in der Landschaft zu halten. Außerdem sollen Speicherbecken gebaut und „die Verdunstung der Bergbaufolgeseen reduziert“ werden.

Die Lausitz zählt zu den trockensten Regionen Deutschlands, bereits heute ist die klimatische Wasserbilanz negativ: Die Pflanzen verdunsten hier mehr Wasser, als die Niederschläge bringen. Mit dem Klimawandel wird sich diese Bilanz weiter verschlechtern, weil es einerseits weniger Niederschlag in der Lausitz geben wird, andererseits weil Pflanzen in einem wärmeren Klima mehr Wasser verdunsten.

Tagebaue sollen geflutet werden

Trotzdem will der Kohlekonzern Leag riesige Tagebau-Restlöcher mit Spreewasser fluten, um so beispielsweise den größten See Brandenburgs entstehen zu lassen – den 1.900 Hektar großen Cottbusser Ostsee. „Je größer die Fläche, desto größer die Verdunstung“, sagt der sächsische Landtagsabgeordnete Volkmar Zschocke. Deshalb müssten die Verfahren für die noch arbeitenden Gruben so ausgelegt werden, dass die Restlochseen tief, aber mit kleiner Oberfläche ausfallen. Zschocke: „Helfen könnten auch schwimmende Solaranlagen.“

Diese beschlossene Maßnahme ist sicherlich am brisantesten: „Die Ansiedlung und der Ausbau von Industrie und Gewerbe sowie weiterer Siedlungsbereiche im Zuge des Strukturwandels setzt eine Prüfung der verfügbaren Wasserressourcen voraus.“

Dies dürfte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (ebenfalls Bündnisgrüner) kaum gefallen. Nach seinen Plänen soll eigentlich ab 2025 in einem Kraftwerk in Spreetal Energie aus grünem Wasserstoff gewonnen werden. Für die Herstellung von einem Kilogramm Wasserstoff werden aber neun Liter Wasser benötigt, was mit den „verfügbaren Wasserressourcen“ nicht im Einklang steht. Die Brandenburger Landtagsabgeordnete Isabell Hiekel sagt: „Wir brauchen einen Wassercheck, um Fehlinvestitionen zu vermeiden“. Die Bündnisgrünen regieren in Sachsen und Brandenburg in einer Koalition mit CDU und SPD und stellen die zuständigen Fachminister.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Diese Unart, Namen/Abkürzungen/Begriffe wie NATO, FIFA oder eben hier LEAG als "normale Wörter" mit Kleinbuchstaben zu schreiben, ist wirklich enervierend :-/

  • Nachdem die Energieerzeuger jahrelang vergesellschaftete Kosten erzeugt hat, die jetzt zu bezahlen sind, steht außer Frage, dass das Ganze jetzt auch von denen bezahlt wird, ohne neue Kosten für die Allgemeinheit zu produzieren.(z.B.“Austrocknung des Lausitzgebietes“) Jetzt wäre ein perfekter Zeitpunkt Privatwirtschaftler daran zu Beurteilungen um innovative Lösungen (mit-) zu entwickeln.



    Non Co2 Strom an der Ostsee -> damit wird Wasser entsalzt und dann in die Lausitz gepumpt. … Diese Technik könnten wir dann auch weltweit anbieten.

  • Macht doch kein Drama,

    die Lösung steht doch in einem Nebensatz im Artikel, nur ausführen! Man schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe.

    Lösung: schwimmende Solarpaneele

    Wasserverdunstung wird drastisch reduziert und und Sonnenenergie wird gewonnen.

    Win win Situation die sich finanziell lohnt und umweltverträglich ist.

    Manchmal liegt das Gute so nahe, man muß es nur sehen WOLLEN!

  • Die Menschheit schaufelt sich und Millionen anderen Arten ein gewaltiges Grab. Die Grünen sind beim Greenwashing ganz vorne dabei. Es gibt keine CO2-neutrale Energieerzeugung. Die Wasserstoff-Wirtschaft ist ein Irrweg, der Ressourcennund Energie (!) kostet, "grünen" Kolonialismus verursacht und CO2 freisetzt. Energie sparen, Konsumverzicht und ein humanes Wirtschaftssystem sind die Lösung, wenn es noch eine gibt. Zumindest können sie das Ende hinauszögern. So weit sind wir. Danke für nix, Politik.

  • Ereigniskarte:

    Die Grünen fordern -



    keine Auswirkungen

  • Man kann sich aussuchen, ob die Lausitz still und heimlich eine Trockensteppe wird, oder ob sie dabei noch Berlin mitnimmt.

    Mehr Gestaltungsspielraum gibts halt nicht mehr. Da hätte die Politik vor 30 Jahren aktiv werden müssen.

  • Die kapitalistische Wirtschaft funktioniert nur und ausschließlich wenn von irgendwo Geld bzw. Ressourcen ins System gepumpt werden.



    (Denn die K-Wirtschaft ist ja darauf ausgelegt Ressourcen zu entziehen und anzuhäufen)



    "Irgendwo" kann die Dritte Welt sein.



    "Irgendwo" könnne Arbeitsskalven sein.



    "Irgendwo" kann aber auch die Natur sein.



    Man möchte ja meinen, die Konzerne bekommen das Geld für ihren Aufwand und die Arbeitsleistung die Bodenschätze abzubauen.



    Die Bodenschätze an sich gehören ja schon den Menschen, die das Endprodukt kaufen.



    Aber das ist natürlich nicht so - wie man an den Abermilliarden Gewinnen sieht.

    Nun gut. Zu ändern ist das nicht.



    Aber man kann den Konzernen ganz sicher mit Fug und Recht auferlegen einen Teil ihres Vermögens bzw. der Gewinne zurückzulegen für die Folgenbeseitigung.



    Das ist bei der Chemieindustrie schief gegangen (Altlasten), bei der Atomindustrie ebenso (denn das Geld reicht ja nicht) und jetzt darf es nicht schon wieder schief gehen !

    Wird es aber.



    Weil diese Eigenschaft halt systemimmanent ist.

  • So ist das im Kapitalismus. Sie nutzen Infrastruktur, beuten aus, als ob ihnen die Kohle(n) gehören uns nachher machen sie zu und überlassen die Halden der Allgemeinheit. Ich habe noch nicht gehört, dass RWE, BASF, Bayer , VW und andere Rückstellungen angelegt haben, um das Klima retten zu können und wenn sie das getan hätten, wäre es in jedem Fall zu wenig gewesen, um übefrhaupt noch Profite machen zu können. Uns Arbeitsplätze: Heute wissen wir, sie haben zu wenig abgegeben und viel zu heringe Steuern bezahlt. Auch wenn sich die Lebenserwartung erhöht hat, nachdem die größte Luftverpestung noch zurückgedrängt werden konnte (übrigens auch in China...).