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Bombendrohung in MünchenWiesn lahmgelegt

Ein Mann hat in München offenbar ein Haus angezündet, Verwandte verletzt und getötet und mit einem Anschlag gedroht. Nun durfte das Volksfest wieder öffnen.

Die Spurensicherung untersucht einen ausgebrannten Transporter nach einem Brand in einem Einfamilienhaus in München, am 1.10.2025 Foto: Roland Freund/dpa

München taz | Im Laufe des Mittwochs häufen sich die Details, die über die Vorkommnisse in München bekannt werden, doch die Lage ist noch immer mehr als unübersichtlich. Am Vormittag hatte man noch nicht viel mehr gewusst als, dass in der Lerchenau im Münchner Norden ein Haus in Flammen stand, in dem sich zudem Sprengfallen befanden, dass in der Nähe des Hauses drei Autos ausgebrannt waren und am nahen Lerchenauer See eine verletzte Person aufgefunden wurde, die kurz darauf starb, und schließlich, dass es eine Bombendrohung gegen das Oktoberfest gab und das alles irgendwie miteinander zusammenhing.

Wie die Nachrichtenagentur AFP mitteilte, hat die Polizei mittlerweile einen zweiten Toten bestätigt. Im Obergeschoss des derzeit nicht zu betretenden Wohnhauses liege nach aktuellen Erkenntnissen eine Leiche, sagte der Münchner Polizeipräsident Thomas Hampel. Wahrscheinlich handle es sich dabei um den 90 Jahre alten Vater des Tatverdächtigen.

Am Nachmittag ergab sich dann zumindest schon dieses Bild: Die am See aufgefundene Person ist ein 57-jähriger Mann, der in Starnberg lebte. Er steht im Verdacht, das Haus in dem ruhigen Münchner Wohnviertel am frühen Morgen in Brand gesteckt zu haben. Gegen 5 Uhr hörten Nachbarn Explosionsgeräusche und bemerkten dann das Feuer.

Als Hintergrund vermutet die Polizei einen Familienstreit. Auch die Bombendrohung gegen die Wiesn soll auf den Mann zurückzugehen. Wegen der auf dem Grundstück des brennenden Hauses angebrachten Sprengstofffallen muss die Polizei also von einschlägigem Wissen ausgehen und nimmt die Drohung sehr ernst. Außerdem soll der Mann einen Rucksack mit einer Sprengvorrichtung bei sich gehabt haben. Die Ermittler gehen davon aus, dass er sich selbst das Leben genommen hat.

Das Oktoberfest darf am Mittwoch zunächst nicht öffnen, bis mindestens 17 Uhr, heißt es. Die Polizei untersucht das Gelände mit Sprengstoffhunden. Währenddessen stürmt ein Spezialeinsatzkommando der Polizei in Starnberg die Wohnung des Tatverdächtigen und die Feuerwehr bemüht sich in der Lerchenau, das Haus zu löschen – was jedoch wegen der Sprengstofffallen ebenfalls schwierig ist.

Trittbrettfahrer lenken Spur auf Antifa

Schwer bewaffnete Polizisten kontrollieren das Gebiet. Die Häuser in einem Umkreis von 200 Metern werden evakuiert. In der Nähe des Hauses werden zwei Verletzte gefunden, eine 81- und eine 21-jährige Frau. Sie kommen ins Krankenhaus. Später wird bekannt, dass es sich wohl um Mutter und Tochter des 57-Jährigen handelt. Eine weitere Person werde vermisst, heißt es. Ob sie in dem Haus vermutet wird, auch das ist unklar.

Eine vermeintlich heiße Spur bringt am späten Vormittag noch weitere Verwirrung in die Sa­che:­Auf der Plattform indymedia.org erscheint unter der Überschrift „Antifa heißt Angriff!“ ein Beitrag, angeblich gepostet von der „Antifa München“. Man habe im Norden Münchens „einige Luxuskarren abgefackelt und Hausbesuche abgestattet“, heißt es darin. „Zudem ging für einen Fascho sein Morgenspaziergang nicht besonders gut aus.“ Noch im Laufe des Vormittags wurde der Eintrag jedoch wieder von der Seite genommen, alles deutet auf Trittbrettfahrer hin. Man ermittle nicht in Richtung Antifa, teilt die Polizei mit.

Sicherheitskräfte und Einsatzkräfte der Feuerwehr stehen vor dem Gelände vom Oktoberfest, am 1.10.2025 Foto: Christof Rührmair/dpa

Für Wiesn-Besucher besonders ärgerlich: Zum ersten Mal seit dem Wochenende blitzt die Sonne mal wieder zwischen den Wolken hindurch. Doch die Wiesn bleibt zu. Lange ist unklar, ob das größte Volksfest der Welt an diesem Tag überhaupt noch wird öffnen können. Für Wirte und Schausteller bedeuten schon eine wenige Stunden dauernde Sperrung der Wiesn enorme Geschäftseinbußen.

Laut Oberbürgermeister Dieter Reiter ergibt sich die Bedrohungslage aus einem Schreiben des Tatverdächtigen. „Es geht darum, dass ein Täter die Wiesn bedroht hat und die Polizei und der Koordinierungskreis einhellig zu der Auffassung kamen, dass wir dieses Risiko, Menschen auf das Oktoberfest zu lassen, nicht eingehen können“, sagt der OB. Etwas später dann, kurz vor 16 Uhr, die Entwarnung: Kein Bombenfund. Reiter kündigt an, dass das Oktoberfest um 17.30 Uhr öffnen werde.

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2 Kommentare

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  • Das kommt einen doch bekannt vor!

    Am 26. September 1980 wurden bei einem Bombenattentat auf das Münchner Oktoberfest 13 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt. Erst im Juli 2020 bewertete die Generalbundesanwaltschaft das Tatmotiv als rechtsextrem.

    Ich hoffe nicht das es wieder 40 Jahre dauert bis das politische Tatmotiv ermittelt wird und nicht alles versucht wird wie damals, das politische Tatmotiv zu vertuschen. Da FJS nicht mehr unter uns weilt, hoffe ich das alles bis ins kleinste Detail aufgeklärt wird. Ich hoffe das die Polizei und die Staatsanwaltschaft aus der damaligen zum Glück gescheiterten Vertuschungsaktion gelernt haben. Man kann daran sehen wie wichtig freier Journalismus ist, denn Journalisten haben die kriminelle Vertuschung damals aufgedeckt.

  • Dann kann die größte Drogenparty der Welt ja weiter gehen...