Bohrgenehmigung für Gasfeld vor Borkum: Glaubwürdigkeit verloren

Rot-Grün in Niedersachsen handelt gegen die eigenen Klimaziele. Eigentlich sollten neue Förderungen in sensiblen Umweltbereichen nicht genehmigt werden.

Tschüss, liebe Nordsee, es war schön mit dir: Gibt es noch Hoffnung für das Welterbe Wattenmeer? Foto: Ute Grabowsky/imago

Was für ein Anachronismus: Die Behörden in Niedersachsen haben Bohrungen für ein Gasfeld vor der Nordseeinsel Borkum genehmigt. Die Profitinteressen des niederländischen Konzerns One-Dyas wiegen für die niedersächsische Landesregierung offenbar schwerer als das Erreichen der gesteckten Klimaziele und die Schonung eines sensiblen Ökosystems. Durch die Bohrungen des Gaskonzerns droht das Wattenmeer und damit sein Status als Weltnaturerbe in Mitleidenschaft gezogen zu werden.

Fossile Energien neu zu erschließen ist politisch falsch. Die Klimakrise erfordert neue Wege. Niedersachsen will bis 2040 klimaneutral werden. Die rot-grüne Landesregierung verliert mit der Entscheidung für die Bohrungen ihre klimapolitische Glaubwürdigkeit. Noch in ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2022 haben SPD und Grüne erklärt, keine neuen Fördergenehmigungen in sensiblen Umweltbereichen zu erteilen.

Dass sich der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies von der SPD jetzt darauf zurückzieht, die zuständige Behörde habe keinen Ermessensspielraum bei der Erteilung der Genehmigung, überzeugt nicht. Dass er und der grüne Landesumweltminister Christian Meyer erklären, für die letztendliche Entscheidung über das Projekt sei die Bundesregierung verantwortlich, rettet die Glaubwürdigkeit der Landesregierung nicht. Und die der Grünen in Niedersachsen erst recht nicht. Ein bisschen mehr Rückgrat sollte Meyer, der anders als viele aus der SPD gegen die Bohrungen ist, haben.

Gleichwohl: Wenn das Land Niedersachsen nicht willig oder fähig ist, die Bohrungen zu verhindern, muss es die Bundesregierung tun. Energiepolitisch macht die Erschließung des Gasfeldes wenig Sinn. Nach Angaben der Bundesnetzagentur wird die anvisierte Fördermenge nur einen sehr kleinen Teil des deutschen Bedarfs liefern.

Eigentlich dürfte es keine Frage sein, wie die Bundesregierung entscheidet. Doch anders als in Niedersachsen sind im Bund die Frei­de­mo­kra­t:in­nen mit von der Partie – und die lassen sich erfahrungs­gemäß keine Chance entgehen, Klimapolitik aus Prinzip zu desavouieren.

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