Bildungspolitik im Koalitionsvertrag: Die Verbeamtung ist zu teuer

Rot-Grün-Rot investiert viel Geld in die Lehrerverbeamtung. Doch das fehlt schon jetzt an anderer Stelle – beim Ganztag und für die Chancengerechtigkeit.

Franziska Giffey hält Karten mit Stichpunkten in den Händen

Die Zukunft der Zukunftshauptstadt Berlin, hier in den Händen von Franziska Giffey (SPD) Foto: picture alliance/dpa | Carsten Koall

Die gute Nachricht zuerst: Es gibt Geld für die Schulen. Die rot-grün-rote Koalition will es in zusätzliche Stellen stecken, und Fachkräfte sind natürlich immer gut. So man sie denn findet. Dass die Koalition nicht aktiv ausschließt, dass die Schulklassen in den kommenden Jahren noch größer werden dürfen als sie jetzt ohnehin schon sind – das kann man durchaus so lesen, dass sich Rot-Grün-Rot vielleicht auch selbst nicht so sicher ist, ob man die Leute für die Stellen auch finden wird.

Was gleich zum nächsten Punkt führt, wofür die Koalition ebenfalls sehr viel Geld ausgeben wird. Aber ohne dass der Nutzen, der eine solche Investition rechtfertigt, feststeht: Die Rückkehr zur Verbeamtung der Lehrkräfte wird viel Geld kosten, wie viel genau ist noch unklar. Und das fehlt an anderer Stelle, schon jetzt.

Denn Geld fehlt zum einen bei der gebührenfreien Bildung, auf die insbesondere die SPD stolz ist, die das Bildungsressort auch weiter verantworten wird. In Berlin ist man im bundesweiten Vergleich schon lange Vorreiter – Kita kostenfrei, Grundschulessen dito, der Nachmittagshort für die Klassen 1 und 2 auch. Doch das Mensaessen für die Oberschulen müssen weiter teilweise die Eltern finanzieren. Auch der Hort kostet weiter ab Klasse 4 (immerhin, die dritten Klassen sind jetzt gebührenbefreit).

Hinter diesem vermeintlichen Klein-Klein steckt ein Versprechen, das gerade die SPD sehr gerne vor sich herträgt: Das Versprechen von mehr Chancengerechtigkeit und Teilhabe durch die Ganztagsschule. Es gibt Kinder, bei denen das Elternhaus nicht das Mittagessen bezahlt, aus Desinteresse oder weil es an der Antragsbürokratie scheitert. Es gibt Familien, die kein Geld für die Hortgebühren zahlen wollen oder können, auch wenn sie sozial gestaffelt sind – dabei ist Schule gerade im Nachmittagshort viel mehr, als nur Unterrichtsstoff zu lernen.

Gymnasium bleibt Eliteschule

Fehlen tut es auch an den Gymnasien: Die Ganztagsgymnasien bekamen bisher, anders als Ganztags-Sekundarschulen, nicht mehr Stellen für den Freizeitbereich. Mit der Folge, dass es kaum Ganztagsgymnasien gibt. Das Gymnasium bleibt Eliteschule, für die, die keine besondere Förderung brauchen, weil die Gymnasien sie schlicht nicht leisten können. Der Koalitionsvertrag erwähnt immerhin, man wolle das „Inklusive Gymnasium“ in „einem Modellprojekt“ fördern. Konkreter wird es nicht.

Nun weiß man nicht so genau, ob die Verbeamtung oder andere politische Entscheidungen das Geld an manchen Stellen fehlen lassen. Und natürlich stimmt es, wenn die designierte Regierende Franziska Giffey (SPD) sagt, nicht jeder Wunsch sei erfüllbar – verantwortungsvolles Haushalten ist ihre Aufgabe als Regierungschefin. Dennoch: Manche Prioritätensetzungen werden im wahrsten Sinne noch teuer werden in den nächsten Jahren. Hoffen wir, dass sich die Verbeamtung wenigstens bezahlt macht: Lohnen würde sie sich, wenn sie den Fachkräftemangel tatsächlich spürbar mildert. Doch das darf bezweifelt werden.

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Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.

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