Bewohntes Wohnhaus in Eimsbüttel: Erst Verfall, dann Abriss
Der Eigentümer eines Wohnhauses in Hamburg-Eimsbüttel lässt das Gebäude geplant vergammeln. Das Bezirksamt weiß längst Bescheid, handelt aber nicht.
Dass die Methfesselstraße 80 in Eimsbüttel mal ein schmucker Altbau gewesen sein muss, verraten ihre hohen Decken und der dunkle Holzboden, der Treppenhaus und Wohnungen durchzieht. Herr F. und sein Nachbar in der ersten Etage sind die einzigen verbliebenen Mieter des Hauses, der Rest ist weg. „Dem Ehepaar über uns haben sie eine Abfindung gezahlt, damit sie ausziehen“, erzählt F. und blickt hoch in Richtung des zweiten Stocks. Fast zwei Jahre stehe deren Wohnung nun leer. Auch ihm sei Geld geboten worden, aber darüber wolle er nicht sprechen, sagt Herr F.
Vor drei Jahren bekam die Methfesselstraße 80 neue Eigentümer. Die Grundstücksgesellschaft Dirk und Andreas Toedten kaufte das Haus. Herr F. berichtet, dass die neuen Besitzer sich freundlich vorgestellt hätten. Man liebe es, alte Häuser zu renovieren, sollen sie den Mieter:innen erzählt haben. Es sei eine Art Hobby für sie. Man wolle nun zügig mit der Modernisierung beginnen. Niemandem solle gekündigt, die Miete moderat angepasst werden, erinnert sich F. an die ersten Gespräche mit der neuen Hausverwaltung. Herr F. fand das gut: „Ich dachte, dass nun endlich etwas gemacht wird“, sagt er.
Einige Zeit später seien alle Bewohner:innen zu Einzelgesprächen in die Brandstwiete 36 eingeladen worden. Hier sitzt die City 21 Immobilien GmbH. Sie verwaltet das Haus. Dirk Toedten ist Geschäftsführer der Firma, die keine Homepage, aber zwei Adressen besitzt: die Brandstwiete und die St. Benedictstraße 8 in Harvestehude. Beim Gespräch in der Brandstwiete, einer feinen Adresse nahe der Speicherstadt, habe man über die geplante Modernisierung gesprochen, erzählt Herr F. Hier sei ihm auch die Abfindung angeboten worden, die er ablehnte. Danach habe sich in der Methfesselstraße nichts mehr getan: Eine Modernisierung fand nie statt.
Siegmund Chychla, Mieterverein zu Hamburg
Stattdessen wurde Herrn F. und seinen Nachbarn gekündigt. Die Begründung der City 21: Das Haus sei wirtschaftlich nicht mehr verwertbar. Man werde es abreißen lassen. Herr F. solle in neun Monaten ausziehen. Das wäre am 31. Januar gewesen. Doch Herr F. legte Widerspruch ein. Seitdem habe er von Dirk und Andreas Toedten nichts mehr gehört. Wie es weitergeht, weiß er nicht. Auf die E-Mails, die Eigentümer mögen doch das kaputte Dach reparieren, hätten er und sein Nachbar keine Antwort erhalten. Dabei regne es seit Monaten rein. Auf die Forderung, den Keller im Winter zu heizen, damit es dort nicht zufriere, hätten Toedtens ebenfalls nicht reagiert.
Für den Hamburger Mieterverein klingt das nach einem bekannten Muster. „Vermieter lassen Häuser bewusst verfallen und kündigen den Bewohnern“, sagt Geschäftsführer Siegmund Chychla. Mit dieser Methode wolle man den Mietern Angst machen. Chychla kennt das Haus in der Methfesselstraße. Es sei eindeutig zu sehen, dass es nicht vollständig bewohnt ist, sagt er. Es müsse dringend instand gesetzt werden. Chychla betont, dass das Haus im Bereich der Sozialen Erhaltungsverordnung liegt. Deshalb müsse ein möglicher Neubau zu den gleichen Bedingungen wie zuvor der Altbau vermietet werden.
Beim Bezirksamt Eimsbüttel ist man über die Hausnummer 80 informiert. Der Eigentümer sei kooperativ, sagt der Behördensprecher auf Anfrage. Man stehe seit 2019 in Kontakt. Ein Antrag auf Abriss sei bislang nicht eingegangen. Bei einer Begehung vor Ort habe das Bezirksamt festgestellt, dass die leerstehenden Wohnungen erhebliche Mängel aufwiesen und nicht bewohnbar seien. Eine Zwischenvermietung wäre „unverhältnismäßig“. Noch im März sei eine erneute Prüfung des Falls geplant.
Damit stehen – in Absprache mit dem Bezirksamt – drei Wohnungen seit mindestens zwei Jahren leer. Druck auf die Eigentümer, die Wohnungen instand setzen zu müssen, scheint es vom Bezirk Eimsbüttel nicht gegeben zu haben.
Die City 21 Immobilien GmbH äußert sich am Telefon nur knapp: „Uns sind da die Hände gebunden“, sagt ein Mitarbeiter. Kurz darauf kommt eine E-Mail: Die GmbH habe das Objekt im Jahr 2018 im derzeitigen Zustand erworben, schreibt Dirk Toedten. Leider hätten die Voreigentümer nicht in das Haus investiert. Man arbeite gemeinsam mit der Stadt an einer Lösung. Mehr könne er aufgrund der laufenden Vorgänge nicht sagen.
Herr F. wünscht sich Klarheit darüber, wie es für ihn weitergehen soll. In seiner Wohnung halte ihn nicht mehr viel, er suche bereits nach etwas neuem. „Das wird schwer, ich weiß“, sagt er. Er hätte die Vermieter gebeten, ihm eine neue Wohnung zu stellen. Dann würde er ausziehen. Doch die hätten abgelehnt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner