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Beschluss der G20-StaatenEndlich höhere Steuern für Superreiche! Oder doch nicht?

Die G20-Staaten haben beschlossen, dass Superreiche mehr Steuern zahlen sollen. Unsere Kolumnistinnen bewerten diesen Vorstoß unterschiedlich.

Unter Donald Trump mit dem reichsten Mann der Welt als Regierungsberater dürfte eine ultrakapitalfreundliche Politik gesetzt sein Foto: Brandon Bell/reuters

D er Beschluss der G20-Staaten macht uns…

…hoffnungsvoll

Auf dem G20-Gipfel wurde beschlossen, dass es ein gemeinsames Bemühen geben solle, sehr vermögende Personen effektiv zu besteuern. Ein Bemühen? Wie reizend!

Realistisch betrachtet heißt das: Dieser Auftrag an die 20 einflussreichsten Staatenlenker ist das Papier nicht wert, auf dem er steht. Die Regierungschefs werden sich einen Dreck darum scheren. Umso mehr, wenn sie Trump heißen.

wochentaz

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Und dennoch ist es gut, dass das nun im Abschlussdokument steht. Weil es in der Diskussion um verantwortungslosen Reichtum damit ein gewichtiges Momentum gibt, diesen anzuprangern. Es ist wie ein Beweis. „Seht, nicht nur ich sage es, die sagen es auch!“

Jeder alkoholkranke Obdachlose muss für seinen Fusel Mehrwertsteuer abdrücken, er hat nichts, zahlt aber Steuern. Reiche dagegen finanzieren eine Armada an Anwälten und Finanzleuten, damit sie am Ende noch etwas vom Finanzamt zurückbekommen. Elon Musk wurde nach der gewonnenen Wahl sagenhaft reicher in Erwartung zukünftiger Gewinne. Man rafft es nicht.

Wer bisher verantwortungslosen Reichtum anprangerte, landete schnell in der Vorwurfshölle, eine Neiddebatte anzuzetteln. Wis­sen­schaft­le­r*in­nen wiederum, die seit Jahren belegen, dass der größer werdende Abstand zwischen Arm und Reich gesellschaftszersetzend ist, landen bestenfalls in Talkshows. Und Klimaaktivist*innen, die nachweisen, dass Reiche das Klima ungleich stärker schädigen als Arme und entsprechend zahlen müssen, wird vorgeworfen, sie wollten eine Ökodiktatur. Es ist zum Heulen.

Dass nun 20 Staatenlenker fixieren, dass Reiche zur Kasse gebeten werden sollen, hilft allen, aus der Schmuddelecke herauszukommen. Das Dokument zeigt: Das Anliegen ist nicht abwegig, sondern real. Die Debatte über die gerechte Verteilung von Reichtum wird damit um einiges leichter.

Waltraud Schwab

…müde

Rund 3.000 Superreiche besitzen so viel Geld wie die Wirtschaftskraft der USA, Deutschlands, Japans, Indiens und Großbritanniens zusammen. Ja, das ist unerträglich. Ebenso wie die Tatsache, dass jährlich 492 Milliarden US-Dollar in den Steueroasen dieser Welt versickern. Die Vereinbarung von Rio, sehr hohe Vermögen in Zukunft wirksamer zu besteuern, will hier Abhilfe schaffen. 250 Milliarden Dollar könnten in die Herkunftsländer der Superreichen zurückfließen, so die Hoffnung.

Das Problem ist nur: Es wird eine fromme Hoffnung bleiben. Das Interesse an Steuergerechtigkeit ist dort, wo sich Kapital und Macht ballen, verschwindend klein. Deshalb wird dieser G20-Beschluss genauso folgenlos bleiben wie frühere Vorstöße. Schon die 2021 beschlossene Mindestgewinnsteuer von 15 Prozent für multinationale Konzerne war eine Enttäuschung: Um gerade mal 3 Prozent stiegen die Steuereinnahmen weltweit.

Die Schweiz als größter Kapitalparkplatz war in Rio nicht mal dabei. Sieht man sich dann an, in welchen Ländern die meisten Superreichen leben – USA, China und Deutschland – ist ein Erfolg der Reichensteuer utopisch. Unter dem Präsidenten Donald Trump mit dem reichsten Mann der Welt als Regierungsberater dürfte eine ultrakapitalfreundliche Politik gesetzt sein. China, unter dessen Einflusssphäre mit Hongkong und Singapur zwei besonders lukrative ­Steueroasen stehen, hat es auch nicht so mit der Umverteilung. Und Deutschland? Hat sich sofort gegen feste Steuersätze und eine Definition von „superreich“ ausgesprochen – dabei ist Friedrich Merz noch nicht mal Kanzler!

Vor diesem Hintergrund lässt die Ankündigung aus Rio nur müde Gähnen: Jedes Land, hieß es im Gipfelpapier, sei nun aufgerufen, geeignete Regularien und Maßnahmen zu entwickeln. Irgendwann. Vielleicht. Nie. Mit anderen Worten: Vergiss es.

Nina Apin

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Waltraud Schwab
taz-Redakteurin
Seit 2002 bei der taz, erst im Lokalteil, jetzt in der Wochentaz. 2005 mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet für die Reportage „Schön ist das nicht“, 2011 wurde die Reportage „Die Extraklasse“  mehrfach prämiert. 2021 erschien ihr Roman "Brombeerkind" im Ulrike Helmer Verlag. Es ist ein Hoffnungsroman. Mehr unter: www.waltraud-schwab.de . Auch auf Twitter. Und auf Instagram unter: wa_wab.un_art
Nina Apin
Redakteurin Meinung
Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.
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