Bericht über Ablösung Maaßens: Hase, du bleibst nicht hier – oder?
Die Kanzlerin will einem Bericht zufolge den Verfassungsschutzchef rauswerfen. Dafür sind drei Szenarien denkbar.
Mit einer Abberufung oder Versetzung Maaßens käme Angela Merkel (CDU) der Forderung des Koalitionspartners SPD nach. Maaßen hatte nach den rassistischen Ausschreitungen vor mehr als zwei Wochen in Chemnitz in einem Bild-Interview gesagt, seinem Amt lägen keine belastbaren Informationen für Hetzjagden vor. Auch gebe es keine Belege dafür, dass das dazu im Internet kursierende „Hase“-Video authentisch sei. Merkels Regierungssprecher hatte hingegen sehr wohl von Hetzjagden gesprochen.
Mit seinen Äußerungen hatte sich der Verfassungsschutzchef ohne Not offen gegen die Kanzlerin gestellt. Der 55-Jährige musste sich daraufhin vorige Woche vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium und dem Innenausschuss des Bundestages rechtfertigen. OppositionspolitikerInnen der Grünen und Linken forderten seinen Rücktritt oder seine Ablösung, dem schlossen sich später auch InnenpolitikerInnen der SPD an.
In der Regierungspressekonferenz am Montag lehnten sowohl die stellvertretende Regierungssprecherin als auch die Sprecherin von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eine Stellungnahme ab. Bis zu dem Treffen am Dienstag hätten sich alle Beteiligten auf Stillschweigen geeinigt, sagte Merkels Sprecherin Martina Vietz. Eleonore Petermann vom Bundesinnenministerium erklärte: „Das sind alles Spekulationen, da möchte ich mich gar nicht drauf einlassen.“
„Die Koalition wird weiterarbeiten“
Nicht so genau mit dem Stillschweigen nahm es die SPD. Der stellvertretende Parteivorsitzende Rald Stegner sagte am Montag, es sei „ein gutes Signal, wenn die Bundeskanzlerin die Haltung der SPD teilt“. Stegners Parteichefin Andrea Nahles hatte am Wochenende auf einer Veranstaltung in Offenbach gesagt: „Herr Maaßen muss gehen, und ich sage euch, er wird gehen.“ Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte zu den Ablösungsforderungen bezüglich Maaßen: „Ich kann nur meiner Hoffnung Ausdruck geben, dass dort, wo Entscheidungen gefällt werden müssen, sie bald fallen.“
In den zurückliegenden Tagen war auch aus CDU-Kreisen Kritik an Maaßen – und damit am CSU-Innenminister – laut geworden. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien sagte der Welt am Sonntag, Maaßen sei dem Anspruch nicht gerecht geworden, die liberale Demokratie klar und unmissverständlich gegen die Feinde der Verfassung zu verteidigen. Niedersachsens CDU-Landeschef Bernd Althusmann forderte eine glaubwürdige Entschuldigung, hielt Rücktrittsforderungen aber für überzogen.
Seehofer selbst hatte beim CSU-Parteitag in München lediglich erklärt: „Die Koalition wird weiterarbeiten.“ Ende vergangener Woche hatte der Minister im Plenum des Bundestages erklärt, Hans-Georg Maaßen genieße sein Vertrauen. Nach unbestätigten Informationen der Welt soll der Verfassungsschutzpräsident am vergangenen Donnerstag gesagt haben: „Horst Seehofer hat mir gesagt, wenn ich falle, dann fällt er auch.“
Ruhestand, Rücktritt oder Beförderung?
Wie aber könnte eine Ablösung Maaßens konkret aussehen? Drei Szenarien sind denkbar. Erstens könnte Maaßen als politischer Beamter in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Ein solcher Akt ist möglich, wenn kein Vertrauen mehr besteht, dass er in „fortdauernder Übereinstimmung mit den Ansichten und Zielen der Regierung“ steht.
Formal nähme die Versetzung der Bundespräsident vor. Doch er würde nur auf Initiative des zuständigen Fachministers tätig, das wäre hier Horst Seehofer. Der Innenminister könnte dabei gesichtswahrend betonen, dass zwar er noch Vertrauen zu Maaßen habe, viele andere in der Regierung aber nicht. Kanzlerin Merkel könnte Seehofer auch zum Rausschmiss Maaßens zwingen, indem sie sich auf ihre Richtlinienkompetenz beruft. In der Praxis spielt die Richtlinienkompetenz aber fast keine Rolle, weil man sich bei Konflikten stets um einen Kompromiss bemüht.
Zweitens könnte Maaßen auch von sich aus seine Position zur Verfügung stellen und Seehofer um Versetzung in den einstweiligen Ruhestand bitten. Maaßens Vorgänger Heinz Fromm beantragte 2012 als Reaktion auf das Schreddern von NSU-Akten in seinem Haus die Versetzung in den endgültigen Ruhestand. Das ist aber erst ab dem 62. Lebensjahr möglich, der 55-jährige Maaßen ist dafür also zu jung.
Drittens könnte Maaßen einen neuen attraktiven Posten erhalten, etwa als Staatssekretär im Innenministerium.
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