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Bericht der BundesnetzagenturDer Strom fließt sicher weiter

Die Versorgung mit Elektrizität ist mittelfristig gewährleistet, sagt die Bundesnetzagentur. Das gelte auch bei einem vorgezogenen Kohleausstieg.

Im Rheinischen Revier – hier bei Lützerath – kommt der Kohleausstieg bis 2030 Foto: Lukas Schulz/imago

Berlin taz | Die Energie- und die Antriebswende im Autoverkehr stellen die Sicherheit der Stromversorgung auf mittlere Sicht nicht in Frage – auch dann nicht, wenn der Kohleausstieg in ganz Deutschland auf das Jahr 2030 vorgezogen wird. Zu diesem Ergebnis kommt der Bericht der Bundesnetzagentur zur Stromversorgungssicherheit, den das Kabinett am Mittwoch verabschiedet hat.

Mit dem Bericht bestätigt sich die Bundesregierung, dass der von ihr auf den Weg gebrachte Umbau der Energieversorgung trägt. Die von dem früheren Grünen-Politiker Klaus Müller geführte Bundesnetzagentur ist eine Behörde im Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums, also keine regierungsunabhängige Prüfstelle.

Bis 2030 sollen nach den Plänen der Bundesregierung 80 Prozent des Stroms mit erneuerbaren Energien erzeugt werden. Dem Bericht zufolge ist die Versorgung bei Umsetzung der Ziele bis 2031 gesichert, auch wenn der Strombedarf aufgrund mehr installierter Wärmepumpen, mehr Elektroautos und der für die Wasserstoffherstellung benötigten aufgestellten Elektrolyseure steigt. SPD, Grüne und FDP haben sich im Koali­tionsvertrag auf das Ziel verständigt, dass bis 2030 15 Millionen E-Autos in Deutschland zugelassen sein solen. Heute sind es etwas über 1 Million.

Der Bericht wird der Bundesregierung alle zwei Jahre vorgelegt. In diesem Jahr ist die Aufmerksamkeit groß, weil die Energieversorgung infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wegen gestoppter Gaslieferungen unter Druck geraten ist. Gas wird auch zur Stromgewinnung genutzt. In dem Bericht geht es aber nicht um aktuelle Krisenszenarien. Vielmehr betrachtet die Bundesnetzagentur die erwartete Entwicklung des Strommarktes in den Jahren 2025 bis 2031.

Schnellerer Ausbau der Erneuerbaren nötig

Es sei zentral, dass Ver­brau­che­r:in­nen jederzeit sicher mit Strom versorgt werden, kommentierte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Bericht. „Diese Stromversorgungssicherheit werden wir auch beim Umbau unseres Stromsystems auf 100 Prozent erneuerbaren Strom gewährleisten.“ Um langfristig aus der Gasverstromung – bei der viel CO2 freigesetzt wird – aussteigen zu können, wird die Bundesregierung im ersten Halbjahr 2023 eine „Kraftwerksstrategie“ vorlegen, kündigte er an. Damit soll gewährleistet werden, dass Anlagen gebaut werden, die für ein klimaneutrales Stromsystem gebraucht werden. „Neue Kraftwerke müssen wasserstoff-ready sein und so von Anfang an geplant werden“, sagte Habeck.

Die Stromversorgung ist dem Bericht zufolge auch bei einem früheren Kohleausstieg sicher. Ursprünglich sollte er in ganz Deutschland bis 2038 erfolgen. Nachdem der Ausstieg aus der Kohleverstromung im Rheinischen Revier auf 2030 vorverlegt wurde, werden Forderungen lauter, ihn auch in Ostdeutschland vorzuziehen. Aus Sicht der Bundesnetzagentur würde das die Stromversorgung nicht gefährden. „Die Energiemengen aus Kohle müssen teilweise anderweitig kompensiert werden, um das Versorgungssicherheitsniveau aufrechtzuerhalten“, heißt es in dem Bericht. Das geschehe unter anderem mit Hilfe von Erdgaskraftwerken und erneuerbaren Energien.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht einen früheren Kohleausstieg kritisch. Der Verband unterstütze die Transformation des Energiesystems, sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Aber Deutschland müsse „einen Spurt in nie gekannter Geschwindigkeit hinlegen“, wenn der Umbau zum klimaneutralen Stromsystem bei gleichzeitigem Kohleausstieg bis 2030 tatsächlich erreicht werden solle. „Die politischen Zielsetzungen sind enorm herausfordernd und bisher nur teilweise mit Maßnahmen unterlegt“, kritisierte sie. Erforderlich sei etwa eine Verdreifachung der Ausbaugeschwindigkeit bei den erneuerbaren Energien.

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4 Kommentare

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  • Ein wohltuend neutraler Artikel, mein Kompliment. Das Problem beim Bericht der Bundesnetzagentur sind die gemachten Annahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Diese Annahmen erscheinen zwar grundsätzlich technisch möglich, allerdings bei Zugrundelegung der derzeitigen Ausbaugeschwindigkeit eher als Wunschdenken. Und Kohle durch Gas zu ersetzen ist sicher keine rationale Lösung.

  • "Das geschehe unter anderem mit Hilfe von Erdgaskraftwerken und erneuerbaren Energien."

    Da liegt ja das Problem. Die eine fossile Quelle (Kohle) wird durch eine andere (Erdgas) ersetzt, die nur auf dem Papier besser aussieht, tatsächlich für den Klimaschutz aber kaum einen Unterschied macht und dazu auch noch viel teurer ist.

    Dazu als Feigenblatt schöne Reden von 100% EE und Wasserstoff, was nur in ferner Zukunft vielleicht mal kommen wird.

  • "Die Energie- und die Antriebswende im Autoverkehr stellen die Sicherheit der Stromversorgung auf mittlere Sicht nicht in Frage..."



    Äh, was denn nun (siehe [1]) ???



    Ich glaube, die Bundesnetzagentur kann ich aus meinem Verzeichnis glaubwürdiger Quellen so langsam streichen...



    [1] taz.de/Ueberlastet...romnetze/!5906154/

  • Wie ungehindert der Strom in den einzelnen Haushalten fließt, ist leider nicht so sehr von der Menge des erzeugten Stroms abhängig, sondern zunehmend vom Geldstrom in der Haushaltskasse. Zu wenig Geld im Monat kann da durchaus schon mal zu ganz erheblichen Einschränken auch der Versorgung mit elektrischem Strom führen.