Benachteiligung von Frauen: Groko pro Gleichstellung
Die Bundesrepublik hat ihre erste ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie. Ministerin Giffey feiert das als „Meilenstein“ – doch es gibt Kritik.
Denn darum soll es gehen bei der „nationalen Strategie“, die am Mittwoch im Kabinett beschlossen und im Anschluss vorgestellt wurde: um ressortübergreifende Gleichstellung. „Es ist ein Meilenstein, der Maßstäbe setzen wird für das Regierungshandeln“, sagte Giffey. Die Strategie sei „ein gemeinsames Bekenntnis“, das Gleichstellung als Querschnittsthema in den verschiedenen Ressorts verankere – zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik überhaupt.
Neun Ziele der lang erwarteten Strategie gibt es, die Grundlage für alle Ministerien sein sollen, Gesetzgebungsverfahren und Förderprogramme auf Gleichstellung hin zu prüfen. 67 Maßnahmen der verschiedenen Ministerien werden ihnen zugeordnet, allesamt bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Zu den Zielen zählen beispielsweise Wirtschaftliche Sicherung, Sorge- und Erwerbsarbeit und Gleichberechtigung in der Demokratie.
Zugeordnet werden im Fall der Wirtschaftlichen Sicherung beispielsweise die Maßnahmen „Entgelttransparenz erhöhen“, „Recht auf befristete Teilzeit“ oder „Frauen im ländlichen Raum unterstützen“. Auf der ebenfalls am Mittwoch freigeschalteten Webseite, auf der die Gleichstellungsstrategie vorgestellt wird, ist ersichtlich, welches Ressorts für welche Maßnahmen verantwortlich sind und wie der Stand der Umsetzung ist.
Empfohlener externer Inhalt
Neu ist keine dieser Maßnahmen. „Aber man kann immer sagen, das wussten wir schon alles“, sagte Giffey. „Es hat Jahrzehnte gedauert, bis all diese Themen unter einen Hut gebracht wurden und wir klar machen konnten, dass dafür nicht nur das Frauenministerium zuständig ist.“
Opposition ist „enttäuscht“
Der Deutsche Frauenrat kritisierte, die Strategie habe „zu wenig Zielstellungen“. „Im Wesentlichen bündelt sie die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen und benennt die jeweiligen Verantwortlichkeiten“, sagte dessen Vorsitzende Mona Küppers. „Wir hätten es begrüßt, wenn alle Ressorts verpflichtet worden wären, die Gleichstellung von Frauen und Männern zum roten Faden all ihrer Vorhaben zu machen. Dieser Faden fehlt.“ Zudem lasse die Strategie verbindliche Ziele vermissen, die über diese Legislaturperiode hinausgehen.
Die stellvertretende Fraktionschefin der FDP, Katja Suding, sagte, sie sei „enttäuscht, dass nur altbekannte Forderungen aneinandergereiht wurden“. Als „schwach und wenig innovativ“ bezeichnete die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ulle Schauws, die Strategie. Sie sei eine Beschreibung des Ist-Zustandes, Konkretes für die Zukunft fehle.
Die gleichstellungspolitische Sprecherin der Linken, Doris Achelwilm, sagte: „Es fehlen konkrete Ziele, die mit Daten und Terminen hinterlegt werden: Wie und in welchem Zeitraum wollen wir den Gender Pay Gap zurückdrängen?“ Die Strategie müsse viel weiter gehen, um massive Rückstände in der Gleichstellungspolitik aufzuarbeiten.
Neben der Gleichstellungsstrategie bekräftigte Giffey das Vorhaben, bis Ende des Jahres ein Gleichstellungsinstitut auf den Weg zu bringen. Im Januar hatte es geheißen, es solle ein „Ort für Gleichstellungskompetenz“ werden, das Netzwerk-, Informations- und Bildungsarbeit leisten soll. Veranschlagt waren zunächst aber nur ein Budget von 1,5 Millionen Euro und drei Mitarbeitende.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin