Beleidigungen gegen Sawsan Chebli: Eine rechte Sprechpuppe

Vor Gericht verliert Chebli gegen einen rechten Troll. Der hatte sie übel beleidigt. Das scheint sein einziger Lebensinhalt zu sein.

Sawsan Chebli auf einer Demo in Berlin nach der Wahl von Thomas Kemmerich in Thüringen Foto: Stefan Boness/ipon

Es macht weder Sinn, noch ist es nötig, die unzähligen Beleidigungen, die Sawsan Chebli täglich ertragen muss, zu reproduzieren. Die SPD-Politikerin mit dem etwas sperrigen Titel „Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Interna­tionales in der Berliner Senatskanzlei“ ist seit Langem Zielscheibe rechter Kreise. Sie reagiert auf die Bedrohungen, so wie man es von jemandem erwartet, der in den Rechtsstaat vertraut: Sie zeigt die schlimmsten Attacken an.

Einer, der ihr besonders viel Zeit und Aufmerksamkeit widmet ist Tim K. Besagter Tim sieht aus wie jemand, der es nicht in eine richtige Rockergruppe geschafft hat und sich mit Vorliebe auf RTL2 als cholerischer Life-Coach versuchen würde. Er trägt gerne Kutten mit 1-%-Aufnähern. Seine ursprüngliche, eher unbekannte Gruppierung „Bro­thers MC Germany“ wirft ihm jedoch vor, Biker-Kameraden durch zwielichtige Geschäftsmodelle über den Tisch gezogen zu haben.

Als Profisportler gescheitert, wollte er auch mal zum SEK, brach aber die Ausbildung ab und wurde stattdessen Kreispolizist in Lippe. Ideologisch bewegt er sich irgendwo zwischen Pegida und mittelalterlichen Germanen-Schaustellern.

Doch der in der Vergangenheit bereits wegen Förderung der Prostitution angeklagte und wegen Körperverletzung verurteilte K. hat nun endlich seine Berufung gefunden: Er ist YouTuber geworden. In seinem Format zieht er dann unter anderem über Chebli her, nannte sie etwa eine „islamische Sprechpuppe“ und behauptet gleichzeitig von sich für die bürgerliche Mitte zu sprechen. Na klar, das kennen wir ja bereits.

Armseliger Mob

Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten urteilte am Donnerstag, dass die Äußerungen von K. in Richtung Chebli strafrechtlich nicht relevant seien. Freispruch also für Tim K.

Am Donnerstag standen vor dem Gericht um die 80 Männer, alle ein wenig zu alt und mit etwas zu viel Zeit. Sie jubeln und rufen: „Deutschland! Deutschland!“ Falls jemand nicht verstehen sollte, was sie rufen, haben sich einige extra in ihren Nationalfarben dekoriert, wie ein Außenspiegel zur WM. Die Videos von dem Mob sehen armselig aus. Es sind seine Fans, Tim K. ist ihre na­tio­nalistische Sprechpuppe, das ist sein trauriger Job. Sawsan Chebli hingegen ist weiterhin „Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftlichen Engagement und Internationales in der Berliner Senatskanzlei“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Juri Sternburg, geboren in Berlin-Kreuzberg, ist Autor und Dramatiker. Seine Stücke wurden unter anderem am Maxim Gorki Theater und am Deutschen Theater in Berlin aufgeführt. Seine Novelle "Das Nirvana Baby" ist im Korbinian Verlag erschienen. Neben der TAZ schreibt er für VICE und das JUICE Magazin.  

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.