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Baraba Borchardt, Corona und RenaultGegen den Kapitalismus!

Eine Verfassungsrichterin beweist, dass man links und für das Grundgesetz sein kann. Und die Deutschen machen patriotischen Urlaub.

Borchardt taugt zum Designer-Dämon Foto: Steffen Prößdorf/imago

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Trump plant statt G7 ein G10, G11 oder Gdingens.

Und was wird besser in dieser?

Merkel erfindet G nachhause.

Das neue Verfassungsgericht von Mecklenburg-Vorpommern tritt am Donnerstag erstmals zusammen. Neu mit dabei: Verfassungsrichterin Barbara Borchardt, Mitglied der Antikapitalistischen Linken. Kommt jetzt der Systemwechsel in Meck-Pomm?

Borchardt taugt zum Designer-Dämon: Sie fand die Mauer „alternativlos“, vernebelt „Menschen, die dort ihr Leben verloren“, und meidet artistisch Widersprüche zu ihrer SED-Mitgliedschaft seit 1976. Schließlich wirft sie die Frage auf, ob man gegen den Kapitalismus und zugleich für das Grundgesetz sein kann. Artikel 14 schützt das Eigentum, seine Absätze schränken es zum Wohle der Allgemeinheit wieder ein. Borchardts Berufung erregte schon mal einen Schwung Besinnungsaufsätze, ob die Verfassung die Marktwirtschaft erzwingt. Nach Ramelows Wahl in Thüringen ist nun auch die CDU Meck-Pomm in eine gut gelaunte Duldungsstarre verfallen und demoliert die Autorität der Parteivorsitzenden. Kampf bis zur letzten Matrone; AKK lernt bei der Gelegenheit, dass sie auch Metastasen einer Blockpartei vorsaß.

Deutschlandweit haben Hotels und Campingplätze wieder geöffnet. Haben Sie Ihre Koffer schon gepackt?

Einen gewissen Trend zur Eigenbefröhlichung kann man den Lockerungen nicht absprechen: Erst mal warme Dusche für den zernierten Inlandstourismus; wer jetzt sucht, bucht patriotisch.

Oder wie wäre es mit einer Kreuzfahrt? Die Branche bereitet sich auf ein Comeback nach der Coronakrise vor. Sind Sie Zielgruppe?

Ja, für „Schiffe versenken“.

Der französische Autokonzern Renault will weltweit fast 15.000 Stellen abbauen. Manch ein Öko mag da frohlocken. Und manch ein Arbeiter?

Es scheint leichter, um eine Idee herum ein Auto zu bauen – als einen Haufen altes Blech um eine neue Idee zu dengeln. Lange vor Corona knallten Fehlzündungen bei Digitalisierung und Elektrifizierung. Da mag es willkommen sein, Massenentlassungen unter Corona zu buchen, statt nachzuschauen: Renault wollte bereits mit Peugeot fusionieren. Also Renault, Nissan, Mitsubishi mit Peugeot, Citroen, Opel. VW bastelt mit Ford, Mercedes teilt im Einkauf mit BMW. Fiat fusionierte Chrysler, Volvo ist chinesisch. Frankreichs Macron bindet Staatshilfen, wie bei Air France, an ökologische Ziele. Immerhin klingt das anders als lobbynahe Politiker, die vom Kindersitz quengeln: „Wann sind wir da?“

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat ihren Corona-Wiederaufbauplan präsentiert. Das 750 Milliarden Euro schwere Paket wurde von Italiens Premier Giuseppe Conte bejubelt. Können wir wieder nach Italien reisen, ohne dass uns jemand ins Gelato spuckt?

Mercorn bietet 500 Mrd. Geschenke, von der Leyen 250 Mrd. Kredite und 500 Mrd. Geschenke. Mal unter uns: 250 Mrd. Geschenke und 250 Mrd. Kredite und fertig? Oder je 500 Mrd., damit die schicke Zahl „Billion“ prangen kann? Zombiestaaten wie Italien ist mit noch mehr Kredit nicht zu helfen, die „Genügsamen vier“ bewachen ihr Säckerl. Ab durch die Mitte. Detail: Bei den Krediten, die von der Leyen aufnehmen lassen will, ist inzwischen von „Anleihen“ die Rede. Da mögen die Italiener von „Eurobonds“ träumen und die Österreicher „Niemals!“ rufen. Beide. Zum selben Inhalt.

Das Berliner Humboldt Forum soll nun doch ein Kreuz auf die Kuppel bekommen – und eine biblische Inschrift, welche die Unterwerfung aller Menschen unter das Christentum fordert. Halleluja?

Architekt Schinkel wollte weder Kuppel noch Kreuz, sondern Licht. Doch der Monarch, Friedrich Wilhelm IV., frömmelte gern im Dunkeln und ließ den gottgefälligen Deckel auf die Kapelle mörteln. Und schrub ins Gebälk, „dass im Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel, auf Erden und unter der Erde sind“. Gerade wenn’s mal erhaben werden soll, passiert dem König ein schwülstiges Lob der Kniebeuge. Nennen wir den architektonischen Bastard den unfreiwilligen Tumor von Berlin.

Und was machen die Borussen?

Dortmunds Sancho und Gladbachs Hazard bekunden in Geste und Unterhemd-Typo Solidarität mit George Floyd. Bayern-Vorstand Oliver Kahn lobte, „die Spieler sollen ruhig mündig sein und ihre Meinung öffentlich kund tun“. Das wäre neu bei Bayern.

Fragen: Beate Scheder, Peter Weissenburger

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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10 Kommentare

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  • Leider ist die Position von Frau Borchardt in der Partei "Die Linke" nicht nur eine geduldete, sondern immer noch weit verbreitete Position. Da können in den Parteigremien noch so tolle Papiere geschrieben werden und stets behauptet werden, dass man sich wie keine andere Partei so intensiv mit der DDR auseinandergesetzt hat, solange Personen mit solchen Ansichten zur Mauer in hohe Ämter gehoben werden, bleibt es eine Behauptung ohne Konesequenz und macht es anderen Progressiven schwer, Bündnisse einzugehen.

  • Wer meint, die an der Grenze ermordeten Flüchtlinge seien irgendwie auch nicht schlimmer als zwei, drei Grenzsoldaten, die irgendwer erschossen haben soll, ist schon rein menschlich nicht für das Richteramt geeignet. Wie moralisch verkommen und zynisch kann man denn bitte sein? Das ist doch nicht viel anders als der berühmte Witz vom Opa, der im KZ vom Wachturm gestürzt ist. "Irgendwie sind ja alle Opfer, also niemand richtig".

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Verfassungsgerichte sind politisch besetzte Gremien, weshalb ich davon nichts halte.

    • @05838 (Profil gelöscht):

      Zunächst sind Sie da mal in bester Gesellschaft. Wollnich.

      Eine Delegation des Sveriges riksdag wollte sich in Karlsruhe mal schlau machen & reiste relativ zügig wieder ab:



      “Nej tak. Da können 8 Nasen (es reichen 5 manchmal gar nur 4!) aushebeln - was der Sveriges riksdag beschlossen hat?!



      Nej tak.“

      Das Verfassunngsgericht in Karlsruhe - das sich vom Supreme Court durchaus unterscheidet - basiert als “Bruch“ der drei-Gewaltenteilung vorrangig auf den Überlegungen eines Hans Kelsen. Ein Jurist von Gnaden. Der das zuvor in Österreich installiert hatte & mit Old Conny befreundet war.



      de.wikipedia.org/wiki/Hans_Kelsen

      Wg des “Bruchs“ & “wer kontrolliert die Wächter?“ - müssen dessen Richter demokratisch legitimiert sein.



      Daß die (Aus)wahl unserer karlsruher Primadonnen einer verstärkten Kontrolle der Öffentlichkeit unterliegen sollte - z.B. durch Öffentliche Hearings - unterliegt keinem Zweifel.



      Im Gegenteil - wie sich gerade an der Figur des neuen Präsidenten besonders fein festmachen läßt.



      taz.de/Ost-Kandida...sgericht/!5688728/



      Was allerdings nur in der taz-kommune Beachtung fand.



      Während taz-Beiträge das Niveau der Hofberichterstattung - wie gehabt - nicht



      verlassen haben.



      taz.de/Neuer-Verfa...4&s=Rath+Harbarth/

      Bitter - aber wahr.

      • 0G
        05838 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Was bedeutet demokratisch legitimiert?

        • @05838 (Profil gelöscht):

          Sorry - etwas verkürzt formuliert.

          Aber gebräuchlich. Denn:



          “ Wahl der Richterinnen und Richter



          Die 16 Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts werden jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt, die abwechselnd auch den Präsidenten und den Vizepräsidenten bestimmen. Die vom Bundesrat zu berufenden Richter werden mit einer Zweidrittelmehrheit direkt gewählt. Der Bundestag wählt hingegen zunächst einen Wahlausschuss, der aus zwölf Abgeordneten besteht. Der Wahlausschuss unterbreitet dem Plenum des Bundestags einen Kandidatenvorschlag. Gewählt ist, wer eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen des Bundestags erhält. Mindestens drei Mitglieder jedes Senats müssen aus dem Kreis der Richterinnen und Richter der obersten Bundesgerichte (Bundesgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht, Bundesfinanzhof, Bundesarbeitsgericht und Bundessozialgericht) gewählt werden. Diese Vorgabe hat den Sinn, den besonderen Erfahrungsschatz und die damit verbundenen Kenntnisse und Fähigkeiten von Bundesrichterinnen und Bundesrichtern in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einfließen zu lassen. Wählbar ist jede Person, die das 40. Lebensjahr vollendet hat und die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzt (Zweites Juristisches Staatsexamen). Die Richterinnen und Richter werden auf zwölf Jahre gewählt; die Altersgrenze ist das 68. Lebensjahr. Zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit ist eine Wiederwahl ausgeschlossen.“



          www.bundesverfassu...r/Richterwahl.html

          kurz - abgeleitet demokratisch legitimiert. Genauer.

          • @Lowandorder:

            Der aber noch @Sven-Günther - Zitat

            “ Wie sagte es doch der langjährige Korrespondent der SZ, Helmut Kerscher, aus Karlsruhe so treffend.



            "Verglichen mit der Wahl deutscher Verfassungsrichter ist die Papstwahl ein Vorbild an Transparenz und Demokratie."



            taz.de/Ost-Kandida...sgericht/!5688728/

            Traurig - aber doch wahr. - 😱 -

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Zufällig greife ich hier wieder ein für mich Randthema auf!



    Das Gute ist, ich kann" schreiben lassen".



    Der Abschnitt von Herrn Küppersbusch über Frau Borchardt verleitet mich zu meiner Theorie, der Linken(SED-PDS) im Osten ein

    Geburtsdatum

    zu verpassen.

    1975

    Das heißt zur Wende 14 Jahre. Da könnte ich einen Kompromiss schließen.(Trotz Ausrutscher- Jugendliche IM) Eine zu vernachlässigende Größe.(Im Einzelfall für Betroffene aber auch schlimm)



    Aber dieser elegante, geschmeidige Durchmarsch von Frau Barbara Borchardt(SED- MG seit 1976) Ein klares NEIN!

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Natürlich kann man oder frau links sein und für das Grundgesetz. Sofern man keine Verfassungsrichterin ist, muss man sich aber warm anziehen, wenn man dies öffentlich bekundet - und danach lebt.

    Und vor allem: die Konsequenzen tragen.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Tja. Immerhin nicht mehr ganz so warm wie früher. Danke, Klimawandel. Nur das mit den Konsequenzen ist immer noch ziemlicher Mist.