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Baerbock und Habeck über PalmerRassismus wartet nicht vor der Tür

Lin Hierse
Kommentar von Lin Hierse

Die Vorsitzenden der Grünen empfehlen Boris Palmer, die „Tür zum rassistischen Weltbild“ schnell wieder zu schließen. Wenn es denn so einfach wäre.

Im Großen und Ganzen ist ihr Haus okay. Aber den Boris treffen Sie nur ungern im Flur Foto: Daniel von Appen / Unsplash

S tellen Sie sich vor, Sie wohnen in einem großen Mietshaus. Es ist ein schönes Gebäude. Vielleicht ein Altbau mit Stuck und hohen Decken, vor dem Krieg gebaut, dann teilweise zerstört und schließlich mit viel Schweiß und Hoffnung auf eine friedliche Zukunft wieder aufgebaut. Sie wohnen dort schon länger, manchmal reden Sie im Flur kurz mit Annalena und Robert von nebenan über das Wetter und machen sich Sorgen um den Klimawandel.

Natürlich ist in Ihrem Haus nicht alles paletti, das wissen Sie. Manchmal schmiert jemand menschenfeindliche Parolen an die Wände im Hausflur, das ärgert Sie. Manchmal sagt Boris aus dem ersten Stock Sätze wie „Wir müssen denen mal erklären, wie Erziehung funktioniert“ nachdem er das Kind einer kopftuchtragenden Nachbarin im Hof hat weinen sehen.

Neulich hat er einen Zettel ans schwarze Brett gepinnt, einen Ausdruck der aktuellen Startseite der Deutschen Bahn. Darauf sind Fahrgäste zu sehen und die meisten von Ihnen sind People of Color. Boris hat mit Filzstift darüber geschrieben „Welche Gesellschaft soll das abbilden?“.

Darüber können Sie nur den Kopf schütteln. Aber Sie mögen Ihr Haus, und die meisten Nachbar*innen sind ja auch okay. Annalena und Robert zum Beispiel.

Wo ist hier die Tür?

Die beiden konnten die Aktion von Boris nämlich nicht einfach so stehen lassen. Sie sagen also: „Er hat Menschen nach äußeren Merkmalen beurteilt und die Frage, wer zu unserer Gesellschaft gehört, daraus abgeleitet. Beides ist nicht richtig“. Und: „Er hat eine Tür zu einem rassistischen Weltbild aufgestoßen – er sollte sie schnell wieder schließen.“

Sie finden das erst einmal gut. Schließlich muss man sich gegen solche menschenfeindlichen Botschaften wehren. Aber Sie haben trotzdem ein komisches Gefühl, wenn der Hausmeister zum fünften Mal in diesem Monat die hasserfüllten Parolen von der Wand im Hausflur schrubbt. Weil die schon da waren, bevor Boris wieder für Aufregung gesorgt hat.

Rassismus lässt sich nicht weglüften

Rassismus wartet nicht vor der Haustür. Und ein Boris Palmer ist nicht derjenige, der diese Tür auf- oder zumachen kann. Für den Rassismus ist die Haustür vollkommen irrelevant. Weil er immer schon hier war, mitten in diesem Haus.

Reißt die Teppiche raus, die Tapeten ab!

Das rassistische Weltbild war schon beim ersten Spatenstich dabei. Und es war auch da, als das Haus nach dem Krieg mit Schweiß und Hoffnung wieder aufgebaut wurde. Rassismus zieht sich durch die Wände und liegt im Fundament. Er füllt die Flure und die Küchen und die Kinderzimmer.

Ein Haus von Rassismus zu befreien, ist mühsam. Eine ganze Gesellschaft davon zu befreien erscheint oft fast unmöglich. Rassismus lässt sich nicht weglüften. Man muss Teppiche rausreißen und viele alte Schichten Raufasertapete abkratzen. Viele dieser Arbeiten schafft man nicht allein. Besonders dann nicht, wenn manche Nachbar*innen immer wieder rassistische Sprüche an die Wände schmieren oder durch die Flure zischen.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Vielleicht haben Sie das Privileg, an den Schmierereien vorbeigehen zu können. Vielleicht hat Rassismus keine Auswirkungen auf Ihr Leben, abgesehen von kurzen Momenten der Empörung oder des Kopfschüttelns. Für viele Ihrer Nachbar*innen ist das anders. Deswegen ist es gefährlich, wie Annalena und Robert zu behaupten, das rassistische Weltbild würde draußen vor der Tür warten.

Sie müssen keine Energie darauf verschwenden, einem Boris zu sagen, er solle die Türen schließen. Unterstützen Sie lieber diejenigen, die ständig den Dreck wegmachen, nur um am nächsten Tag neuen vorzufinden. Schütteln Sie nicht nur den Kopf, sondern hängen Sie den Ausdruck am schwarzen Brett ab. Laden Sie Ihre neuen Nachbar*innen mal zum Grillen ein. Hören Sie zu.

Es ist schließlich nicht nur ein Haus, es ist ein Zuhause.

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Lin Hierse
taz-Redakteurin
Lin Hierse ist Redakteurin der wochentaz und Schriftstellerin. Nach ihrem Debüt "Wovon wir träumen" (2022) erschien im August ihr zweiter Roman "Das Verschwinden der Welt" im Piper Verlag.
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56 Kommentare

 / 
  • Rassismus sehe ich bei Palmer auch nicht. Eher Aufmerksamkeit. Nur halt nicht im Sinne der üblichen Kritik an den "weißen Männern".

  • wunderbar geschrieben

    Ja, überall gibt es diese Häuser mit "dem Boris" und auch "der Annalena" und "dem Robert" ...

  • Rassismus sehe ich bei Palme nicht. Allenfalls dilettantisches Aufmerksamkeitsgeheische.

    Palmer nimmt die Position ein, dass „linke Identitätspolitk“ de.wikipedia.org/wiki/Identitätspolitik den Rechten in die Arme spielt.

    Als Journalistin, die sich insbesondere mit Fragen der Identität (siehe Kasten) auseinander setzt hätte ich da ein wenig mehr erwartet als Teppichgleichnisse & Grilltips.

    Insbesondere hätte mich interessiert, wie sie zu dem Vorwurf steht ob die von Palmer kritisierte sogenannte “linke Identitätspolitik“ für den Erfolg der Rechten mit verantwortlich ist.

    • @Rudolf Fissner:

      Palmer vertritt eine völkische und identitäre Weltsicht. Diese funktioniert ohne Abstammungs- und Genetikgedöns und den damit verknüpften Urteilen, Feststellungen und der dazugehörigen Abwertung der Beurteilten und der Selbstüberhöhung der eigenen Person und empfundenen Zugehörigkeit nicht. Damit ist er auch ein Rassist. Man muß den Begriff des Rassismus auch nicht ständig auseinander zu frimeln versuchen. Das Objekt des Rassismus, die verschiedenen menschlichen Rassen, sind rechter Bockmist.

      • @Hampelstielz:

        Sie haben die Kritik an Identitätspolitik offensichtlich nicht verstanden.

        • @Rudolf Fissner:

          Ich bin nicht klug genug, mir das Offensichtliche herauszuarbeiten. Eine kurze Erklärung, die dennoch mehr als ein oder zwei Sätze umfasst, könnte mir weiter helfen. Man will ja nicht dumm sterben ;).

          • @Hampelstielz:

            Wollen Sie jetzt wirklich behaupten Sie haben nicht den blassesten Schimmer, was Palmer auf Facebook und in den Stuttgarter nachrichten zur Kritik an (auch zu) rechter Identitätspolitik schrieb und wollten dass Rassengedöns nur mal eben so in die Parteien streuen?

  • 7G
    79762 (Profil gelöscht)

    Ist ja eine nette Metapher, die Sie da bemühen, aber Sie gehen von der Prämisse aus, dass die Äußerungen von Boris Palmer rassistisch motiviert seien, und das würde ich bestreiten. Ich denke mal, dass er nur genervt von einer dogmatischen Multikulti-Ideologie, die ganze Bevölkerungsteile, die zu einem repräsentativen Gesamtbild ebenso dazugehören, ausklammert, ist.

    Allerdings verstehe ich nicht, warum er wegen eines im Grunde nichtigen Anlasses wieder einen erwartbaren Shitstorm seiner politisch überkorrekten Partei"freunde" gegen sich provoziert hat. Dafür gäbe es doch wichtigere Themen als eine DB-Werbekampagne.

    • @79762 (Profil gelöscht):

      Und wenn Palmer das angeblich nicht so gemeint haben mag - Rassismus ist nicht nur dann welcher, wenn er beabsichtigt ist. Es reicht Rassismus zu reproduzieren.

  • Zuviel Schubladen in den Köpfen? Ich habe Palmers Satz zum Bild anders verstanden.

    Nico Rosberg, Nazan Eckes und Nelson Müller sind positive und repräsentative Identifikationsfiguren. So schrieb die DB auf Twitter. Ich will doch hoffen, dass das niemand glaubt. Immerhin sind das Menschen, die im werbefinanzierten Fernsehen ein Einkommen finden. Das Fernsehen, dass den Konsumwahn immer weiter vorantreibt. Solche Vorbilder können wir in Zeiten von "Fridays for Future" nicht gebrauchen. Das sind Helfer der Zerstörung von Klima- und Umwelt nur um des eigenen Wohlergehens willen. Darüber sollten sich die Grünen im Klaren sein.



    Bekommen die was dafür? Wenn ja, wäre es nicht besser, dass Geld in die Infrastruktur oder niedrigere Bahnpreise fließen zu lassen? Oder machen die das für lau, wohl wissend, dass damit ihr Bekanntheitsgrad/Marktwert steigt und damit wiederum höhere Einnahmen erwartet werden können. So wird sich aber die Schere zwischen Arm und Reich nicht wieder schließen. Im Gegenteil. Und damit dürfte sich die These von Sahra Wagenknecht, dass „Weltoffenheit, Antirassismus und Minderheitenschutz nur das Wohlfühl-Label sind, um rüde Umverteilung von unten nach oben zu kaschieren“ bestätigen. Und der Rassismus wird zunehmen. Und wie die Geschichte schon gezeigt hat, werden sich auch da wieder viele mit den "arischen Herrenmenschen" zu arrangieren wissen. Denn wie sagte Bertolt Brecht: Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Zumindest bei zu vielen.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Im Kleinen fängt es an.

    Wer etwas rausreißen möchte, sollte wenigstens so gründlich sein, das rauszureißen, was geht. Bei Teppichböden ist dies möglich. Bei Teppichen Humbug. Sie liegen frei herum und sind nicht geklebt.

    Damit ist aus meiner Sicht alles zum Kommentar von Frau Hierse gesagt.

  • Sie lassen hier den zweiten Teil des Titels geschickterweise weg.

    Er lautet: "... and the Persistance of Racial Inequality in the United States".

    Es gibt historisch bedingt fundamentale gesellschaftliche Unterschiede zwischen den USA und beispielsweise Deutschland.

    Da lässt sich nicht alles so ohne weiteres übertragen.

  • Manchmal muss man ja nicht viel sagen - aber da schien's noch opportun...

    www.westfalen-blat...age_1024_width.jpg

  • Das haus ist nicht nur die gesamte Gesellschaft, sondern es ist das Haus der grünen Partei. Und in der ist es nicht der Boris alleine, der die Wände beschmiert. Er hat Freunde und vor allem hat er Freunde, die dafür sorgen, dass er weiterhin die Wände beschmieren kann.



    Diese Freunde trnken mit ihm Kaffee, laden ihn zu sich in die Wohnung ein und nehmen ihn mit auf Reisen - so dass er sich sicher sein kann, dass seine Thesen so falsch nicht sein können.



    Dabei könnten Annalena und Robert vielleicht endlich mal klar machen, dass sie gerne den Mietvertrag kündigen würden - auch wenn das Winfried aus dem Penthouse nicht gefällt.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Jörg Rupp:

      Die freundlich verkleisterte Aufforderung zum Rauswurf von Palmer ändert nichts am Kern Ihrer Aussagen. Für mich hat dies nichts mit gepflegter Debattenkultur zu tun, sondern ist Totalitarismus pur.

      Sind die Kosten für die viele Kreide da noch angemessen?

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Ich finde, es gibt an Rassismus, wie ihn Palmer seit Jahren öffentlich betreibt, nicht, was diskussinswürdig wäre - außer der Frage, warum er das so lange auf diesem Posten machen darf, ohne dass sich die GRÜNEN in der Masse ihrer Mitglieder davon abwenden - und ihn statt dessen weiterhin hofieren.



        Dass es Totalitarismus sei, der es ablehnt, über solche Fragen - z. B. wieviel Rassismus sei erlaubt in der Grünen Partei - zu diskutieren, halte ich für ausgeschlossen

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Jörg Rupp:

          Ihre Haltung erinnert mich an einen 'Sponti'-Slogan aus den 1970ern, in denen ich meine politische Sozialisation genoss: "Wenn Theorie und Wirklichkeit nicht übereinstimmen: umso schlimmer für die Wirklichkeit."

          Nur: das war damals ironisch gemeint.

    • @Jörg Rupp:

      Ja schon klar „nicht nur die ganze Gesellschaft, sondern die grüne Partei“.

      Schauen Sie sich doch bitte die aktuelle Mitte-Studie an, um sich eines Besseren zu belehren. www.fes.de/index.p...f74a3cd4bc84880d4e

      Dort finden Sie eine Tabelle auf Seite 96/97 zur Zustimmung zu den Facetten Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit nach Parteipräferenz. Den geringsten Prozentsatz finden Sie im Haus der Grünen und der Linkspartei.

      Dafür nicht.

      • @Rudolf Fissner:

        Sie unterscheiden nicht zwischen Wähler*innen und Parteimitgliedern. Mir geht es um Parteimitglieder, die es AUCH bei den GRÜNEN gibt und deren Existenz geleugnet wird - oder wie hier im gesamtgesellschaftlichen Haus einfach in der Masse untergeht.



        UNd der Tatsache, dass palmer Rückendeckung hat - innerhalb der Partei.

        • @Jörg Rupp:

          Das wollten Sie sagen, dass es bei den Grünen Parteimitglieder gibt, - Zitat - (-: "deren Existenz geleugnet wird" :-)

          Dann legen se mal los und picken sich mal ihre Lieblingsrosinen aus der unbekannten Mitgliederliste heraus. Bin gespannt auf ihre Expertise und ultimativen Parteienvergleich.

  • Rassismus ist zu fragen ob "people of color" unsere Gesellschaft komplett abbilden?



    Ich würde diese Frage nicht stellen, aber so falsch ist sie nicht.

    Die Zahlen sind regional Unterschiedlich, aber soweit ich weiss haben max ca. 20% Vorfahren ausserhalb Europas. Sind also optisch unterscheidbar. Auf diese Tatsache hinzuweisen mag manche verstören, aber von Unterdrückung und Ausgrenzung zu sprechen, weil jemand es tut ist doch reichlich seltsam.

  • meinte er nicht nur welche prominenten das sind oder warum sie das sind, weil er einer ist? abhandlungen über positiven rassismus der anderen seite hier kann man sich sparen.

  • Robert

  • Solche Leute muss man schnell aus der Partei entfernen. Sie wollen Opfer sein, dann muss man ihnen den Gefallen halt machen.

  • Wodurch unterscheiden sich eigentlich Rassisten von Menschen, die ständig mit Begriffen wie "People of Color" hausieren gehen? Sind das die gleichen Leute, die auch von bildungsfernen Schichten reden und sich ganz sicher sind, dass sie stets die Guten sind? Oder sind das sogar die gleichen Spießer, die immer und überall empörfähig sind und ihre Doppelmoral wie Mehltau verbreiten?

    • 9G
      94797 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      Wer " die Guten " sind, scheinen Sie ja ganz genau zu wissen.



      Jedenfalls nicht die mit einer "Doppelmoral".



      Oder sinds vielleicht doch unsere"Freunde" von der AfD?



      Dann geht's ja. Und ich bin beruhigt.

      • @94797 (Profil gelöscht):

        Ich weiß nicht, wer die wirklich Guten sind, doch ich erlebe nicht selten Menschen, die sich dafür halten, indem sie sich selbst vergötzen nach dem stets gleichen und tumben Muster. Gut, dass es da die AfD gibt, da können sich auch noch die Rechtskonservativen in den anderen Parteien als Linke verstehen.

        • @Rolf B.:

          statt Pseudo-Weisheiten empfehle ich im Zweifel diese Bücher von Bonilla-Silva: "Color-Blind Racism" und "Racism without Racists"

          • @LajosH:

            Wenn Sie (andere Meinungen) als "Pseudo-Weisheiten" diffamieren, sind Sie bestimmt ein ganz Guter.



            Im Gegensatz zu den Leuten, die von "People of Color" schwafeln, unterscheide ich da überhaupt nicht. Wer überall Rassisten entdeckt oder sammelt, wie andere Briefmarken, scheint ja davon überzeugt zu sein, dass es unterschiedliche Rassen gibt.



            Im Zweifel empfehle ich nicht nur Bücher, sondern auch ganz konkret, Vorbild zu sein im Zusammenleben mit Menschen unterschiedlicher Kulturen und Sozialisationen. Sich im Wettbewerb mit anderen Rassismus-Meldern/Sammlern zu befinden, nützt nur den Fremdenfeinden. Und dient doch nur der Selbstvergötzung.

            • @Rolf B.:

              ja, 'Farbenblindheit' als Antwort auf Rassismus ist eben genau das: eine Pseudo-Weisheit. mehr nicht. und es geht nicht darum, ein 'Guter' zu sein, sondern darum, mal einigermaßen in der Gegenwart anzukommen. ja: biologistische Rassen sind nicht real. sie haben aber trotzdem reale Auswirkungen auf rassifizierte Menschen (i.e. People of Color), sodass es schadet, diese Art der Diskriminierung einfach auszublenden, weil man da "gar nicht unterscheidet".* deswegen die Buchempfehlung: einfach mal nachlesen, was denn der Stand ist und auf PoC hören, statt sich sein eigenes 'System' zusammenzuschustern.

              *Rasse (genau wie Gender zB) ist ein soziales Konstrukt: es gibt keine reale Grundlage, aber hat trotzdem soziale Effekte. genau wie Geld.

            • 7G
              74450 (Profil gelöscht)
              @Rolf B.:

              "Im Gegensatz zu den Leuten, die von "People of Color" schwafeln, unterscheide ich da überhaupt nicht. "

              Der Begriff "People of Color" ist ein Begriff, den manche Menschen zur Selbstbezeichnung verwenden. Was ist Ihr Problem damit? Habe ich noch nicht verstanden.

              • @74450 (Profil gelöscht):

                Wenn Menschen sich selber so bezeichnen, ist das kein Grund für mich, dies zu übernehmen, weil ich als weißer Mann nicht weiße Männer oder Frauen zur äußeren Differenzierung so bezeichnen muss. Ergo: Ich habe Probleme mit einer Form des Rassismus, der (gut gemeint?) durch die Hintertür herein kommt.



                Es gibt übrigens auch Menschen, die sich selber als Nigger bezeichnen. Ist das deshalb für Sie ein Grund, diese Bezeichnung zu übernehmen?

                • 7G
                  74450 (Profil gelöscht)
                  @Rolf B.:

                  "Es gibt übrigens auch Menschen, die sich selber als Nigger bezeichnen. Ist das deshalb für Sie ein Grund, diese Bezeichnung zu übernehmen?"

                  Nein, weil dieser Begriff historisch abwertend verwendet wurde. Das ist bei PoC nicht so.

  • 8G
    80772 (Profil gelöscht)

    Hat das Haus keinen Keller?



    (Doch hat es)

    Hier bestehen die Wände aus nacktem Beton.



    Die Teppiche aus Schweiß und Tränen.



    Die Gardinen vor den nicht vorhandenen Fenstern aus Verzweiflung und Depression.



    Unser Stuck dagegen sind die leeren Worthülsen aus dem Flimmerkasten, welche blau blasses Licht spenden.

    Man könnte meinen, die Parolen hier unten im Flur wären das geringste Problem.



    (Sind sie nicht)

    Ach so … der Aufzug funktioniert seit den späten 90ern nicht mehr.



    (nur ganz selten läßt er einen nach oben, womit die Aufzugsfirma dann ständig auch noch wirbt)

    Das mag zwar alles weit weg von den oberen Etagen erscheinen.



    (Welche sich vorbildlich organisiert haben, im Kampf gegen Parolen)



    Aber hier wird der Ofen betrieben, der euer Haus mit Wärme füllt.



    (Wir dagegen wärmen uns mit Hass und Liebe)

    Das schlimmste aber ist: Dieser Keller wird von den Bewohnern da oben ständig verleugnet.

    Aber Gerüche, so hörte ich, ziehen so langsam nach oben.



    (Das wäre dann wohl der (hoffentlich nicht) ewige Kreislauf mit dem wir alle leidlich verbunden wären.)

    Hoffen wir mal, dass es diesmal bei den Gerüchen bleibt und die lodernde Glut, aus der sie entstammen, nicht zu einem Feuer heranwächst.



    (Aber um sich da sicher zu sein, wären wohl Ideen gefragt, keine Parolen, wer auch immer sie schmiert)

    Nichts gegen den Artikel (finde den gut). Aber den Keller hätte man ruhig mal erwähnen können. (Wollen auch nicht zum Grillen vorbeikommen)

    PS: Genug Flimmerkiste für heute. (Hasse den Stuck – macht mich gehässig, sorry dafür, im Reallife bin ich auf jeden Fall umgänglicher)

    • @80772 (Profil gelöscht):

      Schön geschrieben

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Klarer Fall. Das Böse ist immer und überall. Und der Rassismus eben auch.

    Was man tun muss, ist dem entgegentreten. Immer und überall.

    Je weniger Land der Dreck gewinnt, desto besser.

    Und je stabiler er auftritt, desto stabiler muss man ihm entgegentreten.

    Keine Diskussionen, kein Verständnis, nur gesunde Verachtung und Widerstand.

    Und natürlich: Nazis und Palmer raus.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @88181 (Profil gelöscht):

      "Nazis und Palmer raus."

      Ach, wohin denn? Ins Ausland? Ins Straflager? Oder gleich in ein KZ?

      P. s. Was ist an Verachtung gesund?

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @76530 (Profil gelöscht):

        Das mit dem "raus" ist ja nur eine Metapher.

        Das ruft man seit Jahrzehnten und meines Wissens ist noch keiner wohin auch immer gegangen.

        Stop. Holger Apfel ist nach Mallorca gegangen. Also ein Nazi ist raus.

        Verachtung ist für mich im Hinblick auf Rassisten und Nazis das gesündere Gefühl als etwa Verständnis. Was hierzulande ja eher die vorherrschende Emotion ist.

        Nazis und Rassisten sind entweder Täter oder bilden die Staffage für die Täter und geben ihnen dadurch das Gefühl, ihr Handeln sei im Sinne vieler und richtig.

        Also, da halte ich Verachtung für eine natürliche und gesunde Reaktion.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @88181 (Profil gelöscht):

          Das mit der Metapher nehme ich Ihnen - mit Verlaub - nicht ab. Wenn Sie könnten, wie Sie wollten, möchte ich nicht dabeisein. (Stichwort: Handarbeit) Auch wenn ich - nach meinem eigenen Verständnis - weder Nazi noch Rassist bin. Fremdlabels habe ich gelernt mit der gebührenden Skepsis zu prüfen.

          Anders als Sie kenne ich im Übrigen nicht nur zwei Optionen, Verständnis oder Verachtung. Es gibt unendlich viel Andere. Und - Überraschung: bei mir ist es so, dass ich einer bestimmten Person gegenüber (ich kenne NUR Personen) situativ entweder verständnisvoll oder verständnislos, manchmal - ja - selbst mit Verachtung reagieren kann.

          Auch Sie profitieren von dieser Differenziertheit.

          Übrigens: in meiner Marburger Zeit kannte ich einen strammen DKPler, der Mitte der 1980er Jahre in die DDR zog. Er dürfte vom Fall der Mauer not really amused gewesen sein.

          So wenig wie ich über einige Kommentare hier - und auch anderswo.

          • 8G
            88181 (Profil gelöscht)
            @76530 (Profil gelöscht):

            Wie ging der Spruch in den 70ern?

            "Ich schwör, ich bin gewaltlos, sonst bin ich mein Gehalt los."

            Und wer hats erfunden? Nicht die Schweizer, aber in die Richtung.

            Der große Walter Mossmann, Barde, Kämpfer und Künstler. Bezug nahm er damit auf den Heckmeck nach der Ermordung Bubacks und den dies kommentierenden "Mescalero-Artikels".

            Nun ist die Antifa Gott sei Dank nicht die RAF. Und natürlich respektiere ich Gewaltfreiheit. Sie ist für mich aber kein Prinzip, höchstens ein Mittel.

            Und ich bin mit den jungen Kämpferinnen und Kämpfern solidarisch. Sie sind die ersten, die eins auf die Mützekriege , die ersten die verhaftet und verurteilt werden.

            Wir wissen nicht was kommt. Allem Anschein nach nimmt die Repression zu. (Polizeigesetze, G 20 Urteile).

            Jetzt könnte ich noch Niemöller zitieren, passend zum Sonntag. Ab dafür und Ihnen noch einen schönen ebensolchen.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      "Keine Diskussionen, kein Verständnis, nur gesunde Verachtung und Widerstand."

      Sehr schön. Verachtung für einen großen - populistischen - Teil der Bevölkerung.

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @A. Müllermilch:

        Ganz genau. Ich sprach von Nazis und Rassisten. Was wollen Sie denn mit denen bereden?

        Mal ganz davon abgesehen, dass die gar keinen Gesprächsbedarf haben und in der Regel ihr Gegenüber einfach niederbrüllen.

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Seit wann kritisieren Rassisten eine sogenannte linke Identitätspolitik, die für die Erfolge der Rechten mit verantwortlich gemacht wird?

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Arbeiten sie beim Putinchen Geheimdienst oder sind sie ehemaliger DDR Gestapo Angehöriger ? Keine Diskussion = keine Demokratie

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Klartexter:

        Beim Geheimdienst.

      • @Klartexter:

        Wer mit den Feinden der Freiheit über die Demokratie diskutiert, wird erst die Demokratie und dann seine Freiheit verlieren.







        Oder um es mit Karl Popper zu sagen: "Damit möchte ich nicht sagen, dass wir z.B. intolerante Philosophien auf jeden Fall gewaltsam unterdrücken sollten; solange wir ihnen durch rationale Argumente beikommen können und solange wir sie durch die öffentliche Meinung in Schranken halten können, wäre ihre Unterdrückung sicher höchst unvernünftig. Aber wir sollten für uns das Recht in Anspruch nehmen, sie, wenn nötig, mit Gewalt zu unterdrücken, denn es kann sich leicht herausstellen, dass ihre Vertreter nicht bereit sind, mit uns auf der Ebene rationaler Diskussion zusammenzutreffen, und beginnen, das Argumentieren als solches zu verwerfen; sie können ihren Anhängern verbieten, auf rationale Argumente – die sie ein Täuschungsmanöver nennen – zu hören, und sie werden ihnen vielleicht den Rat geben, Argumente mit Fäusten und Pistolen zu beantworten.

        Wir sollten daher im Namen der Toleranz das Recht für uns in Anspruch nehmen, die Unduldsamen nicht zu dulden. Wir sollten geltend machen, dass sich jede Bewegung, die die Intoleranz predigt, außerhalb des Gesetzes stellt, und wir sollten eine Aufforderung zur Intoleranz und Verfolgung als ebenso verbrecherisch behandeln wie eine Aufforderung zum Mord, zum Raub oder zur Wiedereinführung des Sklavenhandels“

        • 8G
          88181 (Profil gelöscht)
          @BakuninsBart:

          Un während sich die Linken noch streiten, ob man mit Rechten reden soll, sagt Götz Kubitscheck das hier:

          "Unser Ziel ist nicht die Beteiligung am Diskurs, sondern sein Ende als Konsensform, nicht ein Mitreden, sondern eine andere Sprache, nicht der Stehplatz im Salon, sondern die Beendigung der Party."

          Und Goebbels sekundiert:

          "Wenn unsere Gegner sagen: Ja, wir haben Euch doch früher die Freiheit der Meinung zugebilligt – –, ja, Ihr uns, das ist doch kein Beweis, daß wir das Euch auch tuen sollen! Daß Ihr das uns gegeben habt, – das ist ja ein Beweis dafür, wie dumm Ihr seid!"

  • Apropo Raufasertapete - wie sieht es denn unter der Bambustapete aus?



    Wie hält es China mit dem Rassismus?

    Australien, Neuseeland Brasilien?



    Die Türkei mit den Kurden, die Israelis mit den Palästinensern, die Hindus mit den Moslems, die Moslems mit den Christen?



    Gäbe es ein Rassismus Ranking - Deutschland läge mit Sicherheit auf einem besseren Plätze als die meisten anderen Länder dieser Welt. Alleine die öffentliche Debatte steht dafür.

    • @Karo:

      kann mich gar nicht erinnern, dass jemand einen perfekten Beispielbeitrag für Whataboutism haben wollte. dennoch: chapeau! volle Punkte im BullshitBingo

      • @LajosH:

        Warum soll das Whataboutism sein? Frau Hierse will Teppiche gelüftet haben. Überall.

    • 9G
      94797 (Profil gelöscht)
      @Karo:

      Deutschland stehe bei einem "Ranking für Rassismus " auf einem der besseren Plätze?



      Kratz mal am Lack oder "reiss die Raufasertapeten raus".Was dann zum Vorschein kommt, ist hier, wie da, wie dort übel.



      Zu denken anderswo wäre es besser, ist schlicht positiver Rassismus. Oder schlechter: Das wäre dann der negative Rassismus, der ja sattsam bekannt is.Hier, wie da, wie dort.

      • @94797 (Profil gelöscht):

        Bin mir nicht sicher, ob diejenigen, die sich bei uns über Rassismus klagen in ihrem Land einen Deut besser wären.

        • @Karo:

          Und wenn das zum Teil so wäre, was dann?

          Rassistisch agieren wäre dann ok? Alberne Reaktion.

          Wenn zu Ihnen jemand sagen würde: „Scheiß-Deutscher!“ ist das ein Glückslos, um endlich selber rassistisch losprollen zu dürfen?

          Wohl nicht.

          • 9G
            94797 (Profil gelöscht)
            @Sven2000:

            Das meint Karo-wenm ich das mal so sagen darf - whs auch garnicht.



            Sue redet bloss von -Fakten.



            Rassismen sind weltumspannend.



            Leider

        • 9G
          94797 (Profil gelöscht)
          @Karo:

          Genau das meine ich.

    • @Karo:

      So what?