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BSW-Gründungsversammlung in Bayern​Es geht um Selenskyj, nicht um Söder​

Auch Bayern hat nun sein eigenes BSW. Mit an der Spitze der neu gegründeten Partei steht ein bekannter Porschefahrer.

Klaus Ernst und Irmgard Freihoffer sind die beiden Vorsitzenden des bayerischen Landesverbandes des BSW Foto: Daniel Löb/dpa

München taz | So, der Süden wäre dann komplett. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat seinen 13. Landesverband gegründet: Bayern. Damit ist der letzte weiße Fleck in Süddeutschland verschwunden, jetzt stehen nur noch Gründungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern aus.

Rund 80 und damit fast alle der bayerischen Parteimitglieder sind am Samstag zur Gründungsversammlung und Wahl der Vorsitzenden nach Ingolstadt gekommen. Wie erwartet wurden – allerdings hinter verschlossenen Türen – ein prominenter Bundestagsabgeordneter und eine über die Lokalpolitik hinaus weitgehend Unbekannte zur ersten Doppelspitze des bayerischen BSW gewählt: Klaus Ernst und Irmgard Freihoffer.

Ernst, der vor zwei Wochen seinen 70. Geburtstag feierte, ist bereits seit über zwei Jahrzehnten ein schillernder Protagonist in der Bundespolitik. Ernst lebt seit langem im unterfränkischen Schweinfurt, ist allerdings in München geboren und aufgewachsen. Dort war der gelernte Elektromechaniker und studierte Ökonom über Betriebsrats- und Gewerkschaftsarbeit in der Berufspolitik gelandet. Seine erste parteipolitische Heimat fand Ernst in der SPD, über die WASG bog er dann allerdings Richtung Linkspartei ab, deren stellvertretender Chef er schnell wurde, bis er die Partei von 2010 bis 2012 selbst in einer Doppelspitze mit Gesine Lötzsch führte.

Wagenknecht lässt grüßen

Ernst, der seit 2005 im Bundestag sitzt, gilt als Bremser in puncto Klimaschutz, weshalb seine Wahl zum Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie nicht unumstritten war. Noch mehr bringt viele seiner Kritiker allerdings auf die Palme, dass Ernst bekennender Porschefahrer ist. Auch Auftritte wie im vergangenen Jahr die Teilnahme an einem Empfang zum „Tag des Sieges“ in der russischen Botschaft, bringen ihm nicht nur Sympathien ein. Zu der Veranstaltung waren auch die AfD-Politiker Tino Chrupalla und Alexander Gauland sowie Altkanzler Gerhard Schröder gekommen.

Ernst erhielt bei der Wahl zum bayerischen BSW-Chef 84,5 Prozent der Stimmen, weniger als Freihoffer, die mit 88,7 Prozent gewählt wurde. Freihoffer, 1961 in Deggendorf geboren und politisiert in Gewerkschaft und der globalisierungskritischen Organisation Attac, ist seit 2008 Stadträtin in Regensburg. Auch sie kam über die Linkspartei zum BSW. Für die Linke war sie 2017 als Bundestagsdirektkandidatin sowie 2020 als Kandidatin für das Amt der Oberbürgermeisterin angetreten.

In ihrem Stadtratsprofil heißt es: „Sie setzt sich u.a. für eine ökologische Verkehrswende ein.“ Welche Automarke sie bevorzugt, wird dort nicht verraten. Für mediale Aufmerksamkeit hatte Freihoffer mehrfach mit Klagen gegen den Freistaat gesorgt. Die Englisch- und Musiklehrerin wollte vor Gericht durchsetzen, dass sie für ihre Arbeit als Stadträtin freigestellt würde, sprich: Ihre Unterrichtsstunden reduziert würden. Vergeblich.

Um bayerische Themen, um den CSU-Chef Markus Söder etwa, ging es in Ingolstadt freilich weniger. Journalisten, die dem öffentlichen Teil der Gründungsveranstaltung beiwohnten, berichteten, die Anwesenden hätten sich dann doch lieber der Außenpolitik gewidmet. Etwa die BSW-Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali, die nach Bayern gekommen war; Wagenknecht selbst ließ schön grüßen. Deutschland dürfe nicht durch eine verfehlte Ukraine-Politik und die Stationierung von US-Raketen zum Kriegsschauplatz werden, habe Mohamed Ali gewarnt. Ähnlich äußerte sich demnach Ernst: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei einer, der den Krieg vorantreibe und Deutschland in den Krieg hineinziehen wolle. Und: „Jede Mark, die nicht in die Rüstung geht, sondern ins Bildungssystem, ist besser angelegt als in der Ukraine.“

Gefahr für Freie Wähler?

Die Frage nach den Erfolgschancen der neu gegründeten Partei in Bayern ist schwer zu beantworten. In Umfragen kommt das BSW derzeit auf rund fünf Prozent. Bei der Europawahl im Juni erhielt es in Bayern 3,8 Prozent. Beides übertrifft die früheren Werte der Linkspartei, weshalb das Bündnis seine Wähler auch aus anderen Parteien rekrutieren dürfte, eventuell verstärkt durch eine besonders starke Mobilisierung von Nichtwählern.

Wem aber könnte das BSW in Bayern – außer den hier ohnehin kaum wahrnehmbaren Linken – gefährlich werden? Der AfD? Oder vielleicht den Freien Wählern, die bereits bei der letzten Landtagswahl für viele Wähler als Protestventil dienten, denen die AfD dann doch zu rechtsextremistisch war? Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, der sich am Wochenende in Geiselwind zum Spitzenkandidat seiner Partei für die Bundestagswahl küren ließ, jedenfalls betrachtet das BSW dem Vernehmen nach durchaus als gefährlichen Gegner.

Das Ziel, bundesweit die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen, haben die Freien Wähler, so ist zu hören, ohnehin schon abgeschrieben. Stattdessen lotet man nun aus, ob nicht vielleicht in Bayern drei Direktmandate zu holen seien und man sich über die Grundmandatsklausel den Einzug in den Bundestag sichern könnte.

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11 Kommentare

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  • Stück für Stück wird die Ukraine immer mehr zum Täter gemacht! Es widert mich an. Das Putin die Ukraine mit einer hanebüchenen Lüge überfallen hat, um seinen Traum vom "großrussischen Reich" zu verwirklichen, blenden diese selbsternannten "Friedensbewegten" dezent aus. Dass Putin - sollte er gewinnen - nicht bei der Ukraine halt machen wird, ebenfalls. Wagenknecht geht es ja auch gar nicht so sehr um Politik. Ihre Agenda hat ja auch kaum Sunstanz zu bieten. Sie will Schlagzeilen machen, im Medienmittelpunkt stehen. Das hat sie bereits mit Erfolg während der Pandemie getan. Ihre Allianzen mit Querdenkern, transfeindlichen Irrlichtern wie Alice Schwarzer und Kontakte zu Rechstextremisten haben doch deutlich gezeigt wes Geistes Kind sie ist. Links war sie jedenfalls nie.

  • ...vergangenen Jahr die Teilnahme an einem Empfang zum „Tag des Sieges“ in der russischen Botschaft,

    Ein schönes Statement für den Support von Mord, Vergewaltigung und weiterer Kriegsverbrechen. Mit der AfD in bester Gesellschaft.

    Ich frage mich worüber BSW reden will sobald die Ukraine den Krieg gewonnen hat? Vielleicht wie Taiwan China einkreist und deshalb ein Angriffskrieg vollkommen legitim wäre...

  • // Noch mehr bringt viele seiner Kritiker allerdings auf die Palme, dass Ernst bekennender Porschefahrer ist.

    Da ist er in einer Linie mit Lindner. Und bei dem Alter den diese Porsche haben ist das als extrem Nachhaltig zu bewerten. Was ist da schlecht dran?

  • Ob der jetzt mit einem Porsche oder sonst was rumfährt, das ist mir eigentlich Jacke.

    Schlimm wird es regelmäßig nur, wenn er den Mund aufmacht.

  • Ich hab den Ernst mal unernst erlebt, als er als Parteivorsitzender eine Wahlkampfrede hielt - dabei er zeigte einen gewissen Humor.

    IMHO gehört er in DIE PARTEI, die zwar nicht immer Recht hat, aber immer zuletzt lacht! Nun ja, jetzt ist der Witzbold beim BSW in Bayern. Das kann jetzt von Glück sagen, dass es zur CSU bereits eine Populismusergänzungspartei gibt, die FW, und dass Bayern daher das BSW garnicht braucht. Schade nur, dass es Populismusergänzungsparteien überhaupt braucht.

  • Mit der Mark und dem Porsche in die russisch-ökologische Verkehrswende.

    Wie abgedreht muss man sein, um das alles auch noch ERNSThaft zu vertreten?

  • Ehrlich gesagt, sind mir nette Porschefahrer lieber, als jene die am Küchentisch vom Job des Kanzlers träumen. Zumal der zitierte Porschefahrer keine Waffen in Kriegsgebiete liefert, aber die Küchentischfraktion sehr wohl ...

    • @Mouse:

      So bitter, dass Menschen wie Sie immer und immer wieder den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, der schlicht die Auslöschung eines souveränen Staates zum Ziel hat, komplett verharmlosen und die Verteidigung des ukrainischen Volkes zur Kriegstreiberei verschwurbeln. Glauben Sie mir, dass es nahezu allen, die die Selbstverteidigung der Ukraine unterstützen, Bauchschmerzen bereitet, dass das tragischerweise nur mit Waffen geht, auch allen Ihren Feindbildern an Küchentischen - aber wer nicht begreift und anerkennt, dass ein Ende des ukrainischen Widerstands das Ende der freien Ukraine sein wird (das ist nunmal Putins Ziel), leidet entweder unter erschreckend beschränkter Wahrnehmung oder unter unfassbarem Zynismus.

      • @Alohomorus:

        Danke @Alohomorus

        Diese Verdrehungen tun mir auch regelmäßig weh. Die diskursive Verankerung davon ist sicherlich eines der Hauptziele der Existenz von BSW, daher ist es wichtig, das immer wieder offen zu thematisieren - so zermürbend und frustrierend es auch ist. Daher nochmal Danke!

  • Ein wahrhaftiger Volksrepublikaner, der Porsche-Klaus.



    Möge das Russische Imperiale Reich ihn und seine BSW-Fanboys auf ewig unterstützen - Ruhm & Ehre für die morgigen Vasallen von Putin.

  • "Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei einer, der den Krieg vorantreibe und Deutschland in den Krieg hineinziehen wolle." Er meint wohl Putin, aber gut im Alter nimmt Gehör und Sehkraft ab, das führt dann gerne zu wirren Aussagen, kann ihm aber für beides gute Ärzte in München empfehlen....