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Außenministerin in IndienFladenbrot in Neu-Delhi

Annalena Baerbock besucht Indien. Dabei betont die Ministerin nicht nur gemeinsame Werte, sondern ist auch in Sachen Fachkräfte und Energie unterwegs.

Neue „Mobilitätspartner“: Baerbock und ihr indischer Amtskollege Subrahmanyam Jaishankar am Montag Foto: Carsten Koall/dpa

NEU-DELHI taz | Nicht nur indisches Fladenbrot ist zum Auftakt des zweitägigen Besuchs von Außenministerin Annalena Baerbock in Neu-Delhi zubereitet worden. Sie und ihr indischer Amtskollege Subrahmanyam Jaishankar brachten am Montag auch die Zutaten und den Willen mit, eine gemeinsame Migrations- und Mobilitätspartnerschaft zwischen beiden Ländern zu unterzeichnen. Bei ihrem ersten offiziellen Indien-Besuch betonte Baerbock, Deutschland möchte, dass „hochqualifizierte Fachkräfte und Studierende aus Indien“ kommen.

Deutschland wolle Wartezeiten und bürokratischen Aufwand bei entsprechenden Visaanträgen verringern, betonte Baerbock. Bisher sorgten lange Wartezeiten für Verzögerung, auch wenn in Westindien bereits ein neues Visazentrum eingeweiht wurde, das bis zu 250.000 Anträge im Jahr bearbeiten soll.

Doch Studierende müssten derzeit laut dem Deutschen Konsulat in Mumbai mit vier Monaten Bearbeitungszeit rechnen. Das ambitionierte Vorhaben, südindische Kran­ken­pfle­ge­r:in­nen für deutsche Kliniken anzuwerben, lief bisher auch nur mäßig an.

Anders klangen da die wohlwollenden Worte, die Jaishankar von der hindunationalistischen Volkspartei (BJP) und Baerbock von den Bündnisgrünen bei der gemeinsamen Pressekonferenz fallen ließen. Sie nannte ihr Treffen wie „einen guten Freund besuchen“. Die beiden hatten sich kürzlich schon bei verschiedenen Gipfeln getroffen.

Baerbock: Indien ist „kein Ersatzpartner für China“

„Deutschland und Indien teilen das Vertrauen in grundlegende Werte: in Demokratie, Menschenrechte und in eine regelbasierte Ordnung. Indien übernimmt dabei mit dem G20-Vorsitz in einem schwierigen Moment globale Verantwortung“, so Baerbock.

Im Unterschied zu China verbinde man mit Indien eine „Wertepartnerschaft“. Mit Russland habe man die Erfahrung gemacht, wie gefährlich es sein könne, von Partnern abzuhängen, die keine Wertepartner seien, erklärte die Ministerin.

Während Deutschland den G7-Vorsitz innehat, übernahm zu Monatsbeginn Indien den Vorsitz der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20), das „schon immer Partner für Deutschland und die EU“ war, sagte Baerbock. Und kein „Ersatzpartner für China“ sei, aber wohl ein Gegengewicht.

Direkt vor ihrer Reise hatte sie Indien als Beispiel dafür gelobt, dass Pluralität, Freiheit und Demokratie ein Motor für wirtschaftliche Entwicklung, Frieden und Stabilität seien, womit das Land bisher 400 Millionen Menschen aus absoluter Armut befreit habe. Hinter diesen Schmeicheleien stehen handfeste Interessen – auf beiden Seiten.

Kritik am EU-Ölpreisdeckel

„Unsere strategische Partnerschaft, die seit mehr als zwei Jahrzehnten besteht, wurde durch einen verstärkten politischen Austausch, einen immer größeren Handel und mehr Investitionen gestärkt“, sagte Jai­shankar. Deutschland bekundete auch das Interesse, die Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik im Indopazifik zu verstärken.

Auch will Deutschland eine Milliarde Euro für erneuerbare Energien, Stadtentwicklung („Smart Cities“) und einen allmählichen Kohleausstieg bereitstellen. Damit sollen in Indien 20 Entwicklungsprojekte finanziert werden aus einem Mix an Zuschüssen und KfW-Krediten. Indien soll bei einer nachhaltigen Elektrifizierung in Regionen unterstützt werden, die bisher noch keine durchgängige Stromversorgung haben.

Doch Indien reagiert zugleich zurückhaltend auf den von der EU beschlossenen Ölpreisdeckel von 60 Dollar pro Barrel für russisches Öl. Die Europäer hätten seit Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine mehr fossile Energieträger aus Russland eingeführt als die nächsten zehn Staaten weltweit zusammen, sagte Jaishankar.

Verständnis für die EU-Position habe man aber. „Wir verstehen, dass die europäischen Länder ihre eigenen Entscheidungen auf der Grundlage nationaler Prioritäten treffen. Aber Europa kann keine Entscheidungen treffen, um seinen Energiebedarf zu priorisieren, während es Indien auffordert, etwas anderes zu tun“, so Jaishankar. Mit dem gestiegenen Interesse der EU an Öl aus dem Mittleren Osten seien auch für Länder wie Indien die Einkaufspreise gestiegen.

Eine Kehrtwende in Delhis freundschaftlichen Beziehungen zu Moskau werde es kaum geben, machten Jaishankars Aussagen erneut deutlich. Letzte Woche wurde bekannt, dass Moskau in Indien über 500 Produkte, darunter Teile für Autos, Flugzeuge und Züge, angefragt hatte. Indien wolle seinen Handel mit Russland ausbauen, gab Jaishankar offen zu, doch das nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine.

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9 Kommentare

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  • Baerbock ist in ihren Hauptthemen in Indien gescheitert. Die Inder denken nicht im Traum daran, sich von den Europäern vorschreiben zu lassen, welches Öl sie kaufen oder nicht.

    Auch hatte Indien nicht so wirklich Lust darauf sich von einem Land, das Kohlemeiler nun länger laufen lässt und LNG-Terminals baut in Sachen Klima reinreden zu lassen. Und in Sachen Kaschmir will Indien auch nichts von einer deutschen Vermittlung wissen, die Baerbock im Oktober in Pakistan ankündete.

    Also hat Baerbock genau das getan, was sie meistens bei Auslandsreisen tut: schöne Bilder produzieren, und ihre Politik hinter bombastisch klingenden Schlagworten verstecken.

  • Es wird nicht ganz deutlich, wie sich hier nun die wertebasierte und feministische Außenpolitik zeigt. Es entsteht der Eindruck, dass diese doch sehr selektiv ist ...

    • 3G
      39538 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Es wird nicht ganz deutlich, inwieweit ihre Geschäfte in Indien und Hinterindien irgendwelchen wertebasierten Grundsätzen folgen. Oder soll es vor allen Dingen günstig sein, Herr Gebauer?

    • 6G
      654782 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Ist doch immer wieder reizend, wenn ein Herr der Schöpfung einer Frau in Regierungsverantwortung mangelnden Feminismus vorwirft.

      Sagen Sie ruhig, Herr Gebauer, welche Außenministerin macht es denn besser als Frau Baerbock? Oder ist ihre Kritik etwa gar nicht feministisch und wertebasiert, sondern einfach pauschal und ein wenig mit Ressentiment gewürzt?

  • Werte Partner?



    "hindunationalistischen Volkspartei (BJP)"

    Hindutva



    Die mit diesem Konzept verbundene politische Bewegung verfügt über ein Netzwerk zahlreicher und miteinander verwobener Organisationen, in deren Kern der Rashtriya Swayamsevak Sangh steht. Mit der Bharatiya Janata Party stellt sie die stärkste indische Partei und mit Narendra Modi seit 2014 auch den Ministerpräsidenten Indiens. Unter seiner Regierung weist Indien eine zunehmend autoritäre und demokratiegefährdende Entwicklung auf. Diskutiert wird, ob und inwieweit sich die Hindutva-Bewegung ganz oder teilweise als faschistisch charakterisieren lässt.

    Empfehle: "Indiens verdrängte Wahrheit: Streitschrift gegen ein unmenschliches System" / von Georg Blume + Christoph HeinEmpfehle: "Indiens verdrängte Wahrheit: Streitschrift gegen ein unmenschliches System" / von Georg Blume + Christoph Hein

  • Was sind das für Werte, die gemeinsam sind?

    • 3G
      39538 (Profil gelöscht)
      @resto:

      Spätestens der Gründungsvater Mahatma Gandhi hat der Welt vor Augen geführt, dass Menschenrechte keine exklusiv westlichen Werte sind.

      Aber auch in neuerer Zeit lassen wir uns beim Gedanken ertappen, dass wir glauben, Menschenrechte und Demokratie seien etablierte westliche Werte, die wir missionarisch zu exportieren hätten, bzw. in einem Anfall postkolonialen Defätismus keinesfalls zu universalisieren hätten.

      Ich finde, einer bunten Bundesaußenministerin steht es also ganz gut, wenn sie ausdrücklich die verbindende Gemeinsamkeit von Menschenrechten beschwört.

    • @resto:

      Das hätte ich auch al gerne gewusst. "Demokratie, Menschenrechte und eine regelbasierte Ordnung"? Was tut man nicht alles für Geld.



      www.amnesty.de/inf...report/indien-2021



      Aber wehe bei einer Fahrt nach China werden die Menschenrechte nicht angesprochen.

    • @resto:

      Ist doch gar nicht wichtig, um was für Werte es geht. Hauptsache es klingt gut!